Barbara Yelin: Tagebuch eines Zwangsarbeiters

Erst nach dem Tode des Niederländers Jan Bazuin entdeckte sein Sohn Leon ein aus drei Heften bestehendes Tagebuch. Sein Vater hatte mit ihm nie über jene Zeit gesprochen, als er Ende des Zweiten Weltkriegs zur Zwangsarbeit nach München deportiert wurde. Das dortige NS Dokumentationszentrum fertigte nicht nur eine deutsche Übersetzung an, sondern erarbeitete auch eine Veröffentlichung des Tagebuchs, die von der Comiczeichnerin Barbara Yelin (Gift, Irmina) illustriert wurde.

Der 19-jährige Jan Bazuin begann sein Tagebuch am 20. November 1944 mit dem Satz: “Heute kaum etwas Besonders“ Er beschreibt sein Leben im besetzten Rotterdam. Die Bewohner leiden unter Bombenangriffen, sowie der Knappheit von Nahrungsmittel und Heizmaterial. Bazuin kommt zudem kaum noch mit seinem Vater klar. Ein Lichtblick ist das Verhältnis zu einer Frau, die er zunächst als “Bekannte“ bezeichnet und die schließlich zu Bazuins Freundin Annie wird.

Seine Tagebucheinträge sind sehr sachlich gehalten und scheinbar frei von Sentimentalitäten. Gelegentlich blitzt ein sarkastischer Humor aber auch Optimismus auf. Bazuins Schreibstil erweckt rasch Sympathien für den jungen Mann, der versucht das Beste aus seiner Lage zu machen. Doch diese wird keineswegs besser. Auch weil sein Vater ihn nicht mehr in der Wohnung haben will, wird Bazuin im Januar 1945 zusammen mit 50 Landsleuten in einen Güterwagen gesperrt.

Nach einer 75-stündigen Bahnfahrt, die er fast ohne Nahrungsmittel und Wasser ertragen muss, kommt er schließlich in Dachau an. Er musste Zwangsarbeit im Reichsbahnausbesserungswerk Neuaubing verrichten (das sich direkt vor meiner Haustür befand). Jan Bazuins letzter Tagebucheintrag stammt vom 27. April 1945, und danach versuchte er die Deportation zu vergessen, auch weil manche Niederländern Zwangsarbeiter verdächtigten, freiwillig für die Deutschen gearbeitet zu haben.

Jan Bazuins Tagebuch ist ein wichtiges Zeitdokument, dass die Auswirkungen von Krieg und Diktatur auf Zivilisten hautnah miterleben lässt. Für diese Edition, die keinen Leser kalt lassen wird, sprechen auch die einfühlsamen Bilder von Barbara Yelin, die das Tagebuch nicht nur illustrierte, sondern teilweise auch durch Sprechblasentexte ergänzte.  

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