Archiv der Kategorie: COMIC

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Art Spiegelman: MetaMaus

Art Spiegelman erzählt in seinem 1992 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Comic Maus in Form einer Tierfabel wie sein Vater Wladek den Holocaust überlebte. In einem kurzen Comic, der auf auf den ersten Seiten dieses Buches abgedruckt ist, beklagt Spiegelman sich darüber dass Journalisten auch 25 Jahre nach Erscheinen des Werkes immer noch die gleichen Fragen an ihn richten: Warum Comics? Warum Mäuse? Warum der Holocaust? In MetaMaus versucht Spiegelman in Form eines Interviews, das er mit Hillary Chute führte, diese Fragen möglichst ausführlich zu beantworten, um in Zukunft Ruhe zu haben.

Art Spiegelman: MetaMaus

Doch Spiegelman liefert noch sehr viel mehr und erzählt zum Beispiel, dass er Maus in zwei Teilen veröffentlichte, damit das Werk noch vor dem Kinostart von Feivel der Mauswanderer erschien. Spiegelman wirft Steven Spielberg, den Produzenten dieses Zeichentrickfilms vor, seine Idee geklaut und weichgespült zu haben. Spiegelman beschreibt auch, wie unterschiedlich Maus international aufgenommen wurde. Er legt Wert darauf, dass der Comic exakt in der Größe seiner Originalzeichnungen veröffentlicht wird, um wie ein Tagebuch zu wirken. Die einzige Ausnahme ist Japan, hier wurde Maus in einem größeren Format (“fast Magazingröße“) herausgegeben, da die Seiten “verglichen mit Mangas so mit Informationen gefüllt sind, dass Japaner zum Lesen eine Brechstange bräuchten.“

Art Spiegelman: MetaMaus

In Israel hingegen durfte die Comicfigur Wladek Spiegelman nicht “gebrochen hebräisch“ sprechen. Um zu verhindern, dass der Nachfahre eines Holocaust-Überlebenden eine Klage einreicht, musste Spiegelman in der israelischen Ausgabe einer Figur in seinen Zeichnungen einen “weichen Hut“ statt einer Polizeimütze aufsetzen. Durch Wladeks in diesem Detail getrübten Erinnerungsvermögen hätte diese Person ansonsten wie ein Komplize der Nazis gewirkt.

Art Spiegelman: MetaMaus

In Deutschland hingegen wollte bereits Zweitausendeins den Comic herausbringen, lange bevor sich ein amerikanischer Verleger dafür interessierte. Doch ein ansonsten renommierter Übersetzer hatte die “grandiose“ Idee Wladek Spiegelman nicht mit einem jüdisch gefärbten Deutsch sondern “wie ein hipper Berliner“ sprechen zu lassen. Spiegelman kaufte daraufhin die Rechte zurück und wurde sich mit Rowohlt einig. Dem dort in der Verlagsleitung tätigen Michael Naumann gelang es eine Sondererlaubnis zu bekommen, um – wie weltweit überall – auf dem Cover von Maus ein Hakenkreuz abbilden zu dürfen (was ansonsten nur bei Werken der “seriösen Geschichtsschreibung“ gestattet ist). Mittlerweile haben die meisten Werke Spiegelmans wie etwa Breakdowns: Portrait des Künstlers als %@*! bei Fischer ihre verlegerische Heimat gefunden.

Art Spiegelman: MetaMaus
Im Anhang des reich und interessant bebilderten Buchs befinden sich Teile des Interviews, das Art Spiegelman 1972 mit seinem Vater Wladek führte. Eine längere Version des Textes und weitere Interviews befinden in der unübersetzten Originalfassung auf einer DVD, die dem Buch beiliegt. Hier kann auch der vollständige Comic Maus in deutscher Übersetzung mit Direktzugriff zu Tondokumenten und Entwurfszeichnungen gelesen werden. Umfassender kann die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte eines Comicmeilensteins nicht dokumentiert werden.

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Art Spiegelman: Maus

In Form einer Tierfabel (Juden = Mäuse, Deutsche = Katzen, Polen = Schweine) schilderte Art Spiegelman (Küsse aus New York, Breakdowns, Im Schatten keiner Türme) die Leidensgeschichte seines Vaters Wladek, der als polnischer Jude nach Auschwitz verschleppt wurde und das Grauen überlebte. Maus erschien zunächst 1980 bis 1991 als Fortsetzungsgeschichte im Avantgardemagazin Raw und dokumentiert in jedem Kapitel zugleich auch eine äußerst komplizierte Vater-Sohn-Beziehung.

Art Spiegelman: MausSpiegelman besuchte seinem Vater regelmäßig, um mit diesem über seine Vergangenheit zu sprechen. Dabei wurde er beständig mit Vorwürfen und seltsamen Marotten konfrontiert (recht passend betitelte er den ersten Teil auch mit Mein Vater kotzt Geschichte aus). Doch gerade diese detaillierte Schilderung seines nicht eben sehr umgänglichen und äußerst komplizierten Charakters machen Wladek – auch als sehr schlicht gezeichnete Comicmaus – zu einem äußerst komplexen Wesen, dessen Leidensweg anrührt.

Art Spiegelman: Maus

Spiegelman gelang es durch seine klaren schwarzweißen Bilder und die jederzeit spürbare Wahrhaftigkeit der geschilderten Ereignisse den Leser zumindest ahnen zu lassen wie der Holocaust stattgefunden hat. Maus erhielt 1992 den Pulitzerpreis. Nachdem die zweibändige deutsche Ausgabe von Rowohlt schon lange vergriffen ist, brachte der Fischer Verlag eine Gesamtausgabe heraus und sorgt dafür, dass diese grandiose Comicerzählung endlich wieder lieferbar ist.

Art Spiegelman: Maus

Im sehr empfehlenswerten Buch MetaMaus dokumentiert Spiegelman umfassend die Entstehungsgeschichte von Maus.

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Jiro Taniguchi: Der geheime Garten vom Nakano Broadway

Obwohl Jiro Taniguchi (Vertraute Fremde, Die Sicht der Dinge) diesem Comic nicht getextet hat, sind die kurzen Geschichten maßgeschneidert für den akribischen Chronisten des japanischen Alltags. Auf der Basis eigener Beobachtungen erzählt der Autor Masayuki Kusumi, der mit Taniguchi auch bei Der Gourmet: Von der Kunst allein zu genießen zusammenarbeitete, vom leitenden Angestellten Uenohara, der immer wieder vom rechten (Spazier-)Weg abkommt und dabei kuriose Entdeckungen macht.

Jiro Taniguchi: Der geheime Garten vom Nakano Broadway

Die Geschichte des “geheimen Garten vom Nakano Broadway“ ist seltsamerweise in diesem Band nicht in Comicform vorzufinden, sondern wird von Masayuki Kusumi im umfangreichen Nachwort erzählt. Hier erklärt dieser auch die Hintergründe zu seinen acht Short Storys, die für ein Magazin konzipiert wurden, das hauptsächlich von Hausfrauen gelesen wird. Doch die Geschichten haben einen universellen Charme und laden dazu ein, ausgetretene Pfade zu verlassen und sich auf Entdeckungsreise zu begeben. Vielleicht findet der Leser ja auch etwas ähnlich Kurioses wie den Nachbau einer Edison-Glühbirne, in deren schwachen Licht manches (wie etwa die eigene Ehefrau) neu zu erstrahlen beginnt.

Jiro Taniguchi: Der geheime Garten vom Nakano Broadway

Ein wenig erinnert dies Konzept an Taniguchis Comic Der spazierende Mann, den Carlsen in einer um Farbseiten ergänzten Ausgabe neu herausgebracht hat. Auf den ersten Innenseiten von Der geheime Garten vom Nakano Broadway ist ein wunderschönes Aquarellgemälde von Taniguchi abgebildet, das zeigt wie gut aber auch wie lässig dieser mit Farben umgehen kann und es ist ein bisschen schade, dass seine Comics fast nur aus schwarzweißen Seiten bestehen.

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Jiro Taniguchi: Sky Hawk

Wer Jiro Taniguchi nach Meisterwerken wie Von der Natur des Menschen, Die Sicht der Dinge oder dem auch verfilmten Manga Vertraute Fremde für einen Erzähler hält, der sich hauptsächlich für die inhaltlich und zeichnerisch akribische Wiedergabe von japanischen Alltagswelten interessiert, sollte sich nicht nur dessen Veröffentlichungen bei Carlsen anschauen. Schreiber & Leser brachte einige Werke von Taniguchi wie Die Stadt und das Mädchen, Der Wanderer im Eis oder Der Gipfel der Götter heraus, die eher dem Abenteurer-Genre zuzurechnen sind.

Jiro Taniguchi: Sky Hawk

In diese Richtung geht auch Sky Hawk, denn hierbei handelt es sich um einen klassischen Western. Passend hierzu stammt auch das Vorwort des Buches von Jean “Moebius“ Giraud (Blueberry). Dieser attestiert Taniguchi, dass er der einzige Mangaka ist, “der in der Lage ist, die speziellen Voraussetzungen eines Western zu verstehen“ und das so gut, dass “Hollywood gar nicht mehr gebraucht wird“. Taniguchi gibt in seinem Nachwort zu, dass er “wichtige Anregungen“ von Western-Serien wie Mac Coy, Blueberry, Comanche, Jonathan Cartland oder Buddy Longway empfangen hat, ohne die er “mit Sicherheit diesen Western nicht gezeichnet hätte.“

Jiro Taniguchi: Sky Hawk

Doch auf eine seltsame Weise wirkt Taniguchis Western-Ansatz auch ganz schön “deutsch“. Während in “Frankobelgien“ fast immer US-Amerikaner die Comichelden sind, schickt Taniguchi zwei Samurais in den Wilden Westen. Diese sind genau wie Karl Mays sächsischer Old Shatterhand die besseren Westmänner, da sie sich mit den Indianern anfreunden und diese nicht wie die bösen Weißen ausrotten wollen. Ähnlich wie in einem ostdeutschen DEFA-Indianerfilm sind nahezu alle innerhalb der Geschichte auftretenden US-Amerikaner abgrundtief böse und hinterhältig.

Jiro Taniguchi: Sky Hawk

Doch Klischees gehören schließlich zum Western und auch daher ist Sky Hawk eine sehr spannende und interessante Variation altbekannter Motive.

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Jiro Taniguchi: Ein Zoo im Winter

Fast erscheint es schon gar keine neue Nachricht mehr zu sein, doch trotzdem sollte es wieder gesagt werden: Auch mit diesem Band erweist sich Jiro Taniguchi (Vertraute Fremde, Die Sicht der Dinge) als meisterlicher Beschreiber von (nur scheinbar unscheinbaren) alltäglichen Situationen. Obwohl Carlsen auf dem Cover von “Ein Zoo im Winter“ das (Güte-?) Siegel “Graphic Novel“ platzierte und den Band in westlicher Leserichtung veröffentlich, dürfte gerade dieser Band auch für Manga-Fans besonders interessant sein.

Jiro Taniguchi: Ein Zoo im Winter

Basierend auf eigenen Erfahrungen erzählt Taniguchi in sieben in sich abgeschlossenen Kapiteln wie der Manga im Japan der Sechziger Jahre immer populärer wurde. Hauptfigur ist der 18-jährige Hamaguchi, der – nachdem er in einem Zeichenstudio aushelfen konnte – seinen ungeliebten Job in einem Textilunternehmen kündigt, dort musste er sich die Unterkunft im Firmengebäude auch noch mit drei Kollegen teilen. Wohnungstechnisch sieht es in Tokio auch nicht unbedingt besser aus, denn wenn Hamaguchi inmitten der chaotischen Manga-Produktion überhaupt Zeit zum Schlafen findet, übernachtet er häufig im Atelier.

Jiro Taniguchi: Ein Zoo im Winter

Taniguchi vermittelt in Ein Zoo im Winter sehr gut die chaotischen Produktionsmethoden im Manga-Bereich und die Sehnsucht der im Schatten des Meisters stehenden Assistenzzeichnern nach eigenen Serien. Die Liebesgeschichte zwischen Hamaguchi und einem kranken Mädchen mag (zumindest für “Taniguchi-Verhältnisse“) etwas arg kitschig geraten sein. Meisterlich ist hingegen geschildert wie Hamaguchis scheinbar spießiger älterer Bruder nach einem Besuch im Manga-Studio merklich auftaut und leicht neidisch zugibt selbst einmal künstlerische Ambitionen gehabt zu haben.

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Jiro Taniguchi: Bis in den Himmel

Auf den nächtlichen Straßen Tokios kommt es zu einem schweren Verkehrunfall. Der 17-jährige Motorradfahrer Takuya stößt mit dem PKW des überarbeiteten 42-jährigen Familienvaters Kazuhiro zusammen. Drei Wochen später erwacht Kazuhiro aus dem Koma und stellt fest, dass er sich im Körper des jungen Mannes befindet, während er bzw. (sein Körper) an den Folgen des Unfalls gestorben ist. Zwei Seelen wohnen nun in Kazuhiros Kopf…

Jiro Taniguchi: Bis in den Himmel

Im Gegensatz zum sich daheim immer muffelig gebenden Takuya ist Kazuhiro völlig begeistert von dessen Vater, Mutter und Schwester. Zugleich wird ihm bewusst wie stark er seine eigene kleine Familie zugunsten des Arbeitgebers vernachlässigt hat. Hier schimmert etwas sanfte Kritik an der japanischen Leistungsgesellschaft durch. Doch sehr viel stärker interessiert ist Taniguchi an der sensiblen und in detailreichen Bildern dargebotenen Schilderung von Alltäglichkeiten, die aus einem neuen Blickwinkel plötzlich ganz anders wirken.

Jiro Taniguchi: Bis in den Himmel

Wie schon in Vertraute Fremde setzt Jiro Taniguchi auch in Bis in den Himmel einen Fantasy-Aufhänger ein. Doch ansonsten zeigt er sich sehr viel stärker an der Realität als an Phantastik oder dem Reflektieren über die Möglichkeit eines Lebens nach dem Tode interessiert. Sehr viel wichtiger ist für Taniguchi das Leben vor dem Tode.

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Jiro Taniguchi: Von der Natur des Menschen

Diesen Band realisierte Jiro Taniguchis nicht im Alleingang, sondern er adaptierte acht Kurzgeschichten des japanischen Autors Ryuichiro Utsumi. Dennoch fügt sich “Von der Natur des Menschen“ nahtlos ein in das Werk des Schöpfers von sensibel erzählten Mangas über scheinbar unscheinbare Dinge wie Vertraute Fremde, Die Sicht der Dinge und Träume vom Glück.

Jiro Taniguchi: Von der Natur des Menschen
Die Erzählungen handeln von einem älteren Paar, das damit hadert einen Baum fällen zu müssen, von einem weiteren älteren Ehepaar, das sich über die verschlossene Enkelin wundert, von einem Vater, der nach langer Zeit seine Tochter wiedertrifft, von zwei sehr unterschiedlichen Brüdern, vom Wiedersehen zweier sich fremd gewordener Geschwister, von einer älteren Dame, die sich erstmals verliebt, von zwei Kindern, die nach einem Umzug ihren Hund vermissen und von einer Französin, die in Japan eine neue Heimat findet.

Jiro Taniguchi: Von der Natur des Menschen
Allen Geschichten ist gemein, dass hier sowohl eine sich über einen relativ kurzen Zeitraum hinziehende Begebenheit erzählt wird, zugleich aber durch Rückblenden auf lange zurückliegende Ereignisse noch zusätzliche biografische Daten zu den handelnden Personen vermittelt werden. Dadurch lernt der Leser sehr viel stärker als in vielen epischen Geschichten die Protagonisten langsam aber sicher regelrecht kennen und sorgt sich nach dem Ende jeder Kurzgeschichte unweigerlich noch weiter um die Figuren.

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Jiro Taniguchi: Träume vom Glück

Ein kinderloses Ehepaar hängt sehr stark seinem Hund Tamu. Als dieser altersbedingt schwach und krank wird, setzen sie alles dran um das Tier am Leben zu erhalten. Doch schließlich kommt es wie es kommen muss. Kurz darauf erhält das Pärchen eher zufällig über eine Freundin, die für den Tierschutzverein arbeitet, eine Perserkatze, die wie sie kurz danach erfahren auch noch schwanger ist. Das Ehepaar beschließt den dreiköpfigen Nachwuchs ebenfalls bei sich aufzunehmen und richtig turbulent wird es als auch noch die Nichte Aki von zu Hause ausbüxt und sich bei unserem Pärchen einquartiert.

Jiro Taniguchi: Träume vom Glück

Das klingt ja nun nicht gerade sonderlich spektakulär und wenn mir nicht Jiro Taniguchis Mangas Vertraute Fremde und Die Sicht der Dinge so angenehm in Erinnerung geblieben wären, hätte man mich mit Geschichten über Haustiere als Kindersatz jagen können. Doch es ist erstaunlich was Taniguchi durch seine detailreichen Zeichnungen und seine sensiblen Betrachtungen aus den nur scheinbar unspektakulären Themen herausholt. So ist es rührend aber auch absolut verständlich, dass die Hauptfiguren sich aufopfernd um den dahin siechenden Hund kümmern und die nächtliche Geburt der drei Kätzchen ist eine richtig spannende Angelegenheit.

Jiro Taniguchi: Träume vom Glück

Diese zusammenhängenden Geschehnisse bilden die ersten vier Kapitel von „Träume von Glück“ und zum Abschluss gibt es dann plötzlich – quasi als Zugabe – noch eine völlig andere Geschichte mit dem dramatischen Titel „Ort des Schicksal“. Hier schildert Taniguchi eine Himalaya-Expedition und spart nicht mit Abenteuerversatzstücken wie einem abstürzenden Bergsteiger, einem geheimnisvollen Schneeleoparden und einer Rettung in allerletzter Minute. Zwar wird nebenbei – durchaus sensibel – erzählt, wie stark der Berg auch im Alltag ruft. Doch diese eher konventionell auf Spannung getrimmte und geriet sehr viel langweiliger als die zuvor geschilderten Erlebnisse mit Hunden, Katzen und Kindern, was zeigt, dass die Stärken von Taniguchi ganz eindeutig darin liegen scheinbar alltägliche Begebenheiten in spannende Geschichten zu verwandeln.

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Alexis Nesme: Die Kinder des Kapitän Grant

Das 1867 erstmal erschienene Buch Die Kinder des Kapitän Grant ist eins der bekanntesten Werke von Jules Verne. Ein Walt Disney Film aus dem Jahre 1962 mit Maurice Chevalier und Hayley Mills war bisher die bekannteste Adaption der literarischen Vorlage, doch das könnte sich mit dem Erscheinen einer wunderbarer Comic-Version der klassischen Abenteuergeschichte von Alexis Nesmes (Horrifikland: Schauriger Spuk mit Micky Maus) ändern.

Alexis Nesme: Die Kinder des Kapitän Grant

Jules Vernes Buch erzählt von Mary und Robert, den Kindern des nach einem Schiffsbruch verschollenen Kapitän Grant, die wieder Hoffnung schöpfen, nachdem die Besatzung des schottischen Raddampfers Duncan im Bauche eines Hammerhais eine Flaschenpost gefunden hat. Enthalten sind in Deutsch, Englisch und Französisch verfasste Nachrichten, die teilweise vom Salzwasser zerfressen wurden. Den Texten ist zu entnehmen, dass sich Kapitän Grant irgendwo auf dem 37ten Breitengrad befindet. Da kein Längengrad bekannt ist, brechen die Kinder gemeinsam mit der Besatzung der Duncan zu einer Reise rund um die Welt auf…

Alexis Nesme: Die Kinder des Kapitän Grant
Alexis Nesme, der auch schon kindgerechte Briefmarken für die französische Post gestaltet hat, adaptierte Jules Vernes Geschichte in zwei Comic-Büchern werkgetreu. Statt menschlicher Figuren hat er jedoch Tiere eingesetzt. So ist der Schiffsbesitzer Lord Glenarvan jetzt ein Tiger, die Kinder des Kapitän Grants sind Kätzchen und der kauzige französische Gelehrte Jacques Paganel ist – wie passend! – ein Frosch. Nesmes detailreiche Bilder wirken so als wenn Walt Disney 1962 keinen Real- sondern einen Zeichentrickfilm gedreht hätte und erinnern auch durch ihre strahlenden Farben an Juanjo Guarnidos Blacksad.

Alexis Nesme: Die Kinder des Kapitän Grant
Einziges Manko ist, dass Alexis Nesmes oftmals aus vielen kleinen gut gefüllten Panels bestehenden Comic-Seiten etwas überladen wirken, obwohl Splitter schon ein größeres Format spendiert hat!

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Jiro Taniguchi: Die Wächter des Louvre

Aus der alljährlichen Zusammenarbeit zwischen dem Pariser Verlag Futuropolis und dem Museum Louvre sind schon etliche Comic-Perlen hervorgegangen. Einige davon, wie David Prudhommes Einmal durch den Louvre, Marc-Antoine Mathieus Die Zeichnung oder Der schielende Hund von Étienne Davodeau (Die Ignoranten), wurden auch bei uns veröffentlicht.

Jiro Taniguchi: Die Wächter des Louvre

2014 fand der Japaner Jiro Taniguchi (Vertraute Fremde, Die Sicht der Dinge) Aufnahme in die Collection Le Louvre et la bande dessinée. Hierfür sprengte er ein wenig sein ansonsten übliches Veröffentlichungs-Schema. Die Wächter des Louvre erscheint zwar in japanischer Leserichtung, ist jedoch ein großformatiges gebundenes und farbiges Album. Dass Taniguchi nicht nur ein Meister der schwarzweißen Comic-Erzählung sondern auch ein begnadeter Maler ist, hat er immer wieder durch seine stimmungsvollen Titelbilder oder den viel zu wenigen farbigen Eröffnungsseiten von einigen seiner Mangas bewiesen.

Jiro Taniguchi: Die Wächter des Louvre

Der Protagonist von Die Wächter des Louvre ist, wie bereits häufiger bei Taniguchi, eine eher passive Figur. Die namenlose Hauptfigur bekommt erst am Ende des Comics durch ein persönliches Erlebnis etwas Kontur. Ansonsten lässt sich der vom Comicfestival in Barcelona kommende Manga-Zeichner einfach einige Tage in Paris treiben. Er wird von Fiber und Grippe geplagt und hat einige seltsame Begegnungen, als er durch den Louvre flaniert.

Jiro Taniguchi: Die Wächter des Louvre

Als erstes trifft er auf eine Dame in historischen Gewändern, die sich als Nike von Samothrake entpuppt, also als jene griechische Siegesgöttin, deren kopf- und armlose Statue eins der bemerkenswertesten Ausstellungsstücke des Louvres ist. Bei einem Ausflug in das kleine Örtchen Auvers-sur-Oise erscheint dem Zeichner Vincent Van Gogh und natürlich spielt auch die Mona Lisa eine gewisse Rolle innerhalb des Comics.

Jiro Taniguchi: Die Wächter des Louvre

Doch die Episoden handeln auch von der Wechselwirkung zwischen japanischer und europäischer Malerei. Ein längeres Kapitel des Comics widmet sich der Evakuierung der Kunstwerke des Louvres im Jahre 1939. Anscheinend war damals die französische Kunstwelt hellsichtiger als Politik und Militär. Angesichts einer deutschen Besetzung von Paris, wurde ein Großteil der Bilder, aber auch die Nike von Samothrake, unter großem Aufwand außerhalb der Stadt in Sicherheit gebracht.

Jiro Taniguchi: Die Wächter des Louvre

Jiro Taniguchi gelang mit Die Wächter des Louvre ein Werk, das in der Tradition seiner sensiblen Comic-Reportagen wie Der spazierende Mann oder Der Gourmet steht, doch durch die französischen Schauplätze und das zentrale Thema „Kunst im Wandel der Zeit“ auch neue Akzente setzt.

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