Kyle Barnes wird davon geplagt, immer zu merken, wenn seine Mitmenschen von bösen Geistern besessen sind. Dies ist schon seit seiner Jugend so. Seine Mutter wurde Opfer finsterer Mächte und lebt heute in einer psychiatrischen Anstalt. Gemeinsam mit Reverend John Anderson macht Kyle Jagd auf Dämonen und versucht hinter das Geheimnis seiner speziellen Begabung zu kommen, die er als Fluch empfindet.
Bevor im Juni 2014 bei Image Comics das erste Heft erschien, war bereits klar, dass es eine TV-Serie zu Outcast geben würde. Robert Kirkman (Marvel Zombies) hatte das Konzept gemeinsam mit dem Sender Fox entwickelt. Bemerkenswerter war aber vielleicht noch, dass Kirkman im Gegensatz zur Vorgehensweise bei seiner Endlos-Zombie-Serie The Walking Dead wusste, wie die Geschichte enden sollte.
Die TV-Serie Outcast wurde 2017 nach zwei Staffeln mit 20 Episoden eingestellt, während der Comic bis Mitte 2018 lief. Bei uns veröffentlicht Cross Cult die Serie in gebundenen Sammelbänden. Die Fernsehserie ist zwar recht werkgetreu, fasziniert aber sehr viel weniger als der Comic.
Das liegt daran, dass die TV-Bilder recht konventionell wirken, während die Comic-Zeichnungen von Paul Azaceta, sowie die immer wieder zu ungewöhnlichen Farbtönen greifende Kolorierung von Elisabeth Breitweiser, eine Klasse für sich sind. Kirkmans interessant charakterisierten Hauptfiguren und seine überraschenden Schockeffekte werden auf diese Art optimal präsentiert.
Insgesamt gelang so ein faszinierendes Update zum Filmklassiker DerExorzist.
Ashley J. „Ash“ Williams hat schon allerlei schreckliche Dinge überlebt, so z. B. den Tanz der Teufel oder die Armee der Finsternis. Doch zum Glück ist er mit einer Knarre und – als Ersatz für seine abgetrennte rechte Hand – einer Kettensäge bewaffnet. Diese kann er auch gut gebrauchen, denn er befindet sich urplötzlich in einen Universum, das von seltsamen Superhelden bevölkert wird, die sich dann auch noch alle in Zombies verwandeln.
Bruce Campbell verkörperte in der Evil Dead-Filmtrilogie von Spider-Man-Regisseur Sam Raimi den grimmig-trotteligen Ash so unverwechselbar, dass dieser Charakter auch als Comicfigur weiterlebte und für Dynamite Entertainment weiterhin seine Kettensäge schwang. In einem erstaunlich gut funktionierenden und sehr schön schräg erzählten Crossover verschlägt es Ash nun in die Welt der Marvel Zombies. Die untoten Versionen bekannter Superhelden tauchten zunächst in den Heften 21 bis 23 der Serie Ultimate Fantastic Four auf und 2006 schließlich in einer Mini-Serie auf, die sich ungewöhnlich gut verkaufte.
Als Texter fungiert bei Marvel Zombies vs. Army of Darkness nicht mehr Robert Kirkman (The Walking Dead) sondern John Layman (Chew – Bulle mit Biss). Der große Erfolg der Reihe hängt ganz sicher auch mit den knallig-blutigen Covern von Arthur Suydam zusammen. Dieser Sammelband erhält nicht nur alle Variantversionen der Titelbilder, sondern es sind auch die Cover jener klassischen Marvel-Comichefte abgebildet, die Suydam dann durch den Fleischwolf drehte und “zombiefizierte“.
Nicht nur der Auftakt dieser Geschichte ist ein ziemlicher Schlag in die Magengrube von jedem aufrechten Marvel-Superhelden-Fanboy. Einzig der ansonsten höchst schurkische Magneto bietet einer Horde zerlumpter, aber bunt kostümierter Zombies die Stirn.
Es handelt sich dabei um Spider-Man, der seine geliebte Mary Jane verspeisen wird, CaptainAmerica, dem schon recht bald die Schädeldecke fehlen wird. Auch Thor, Hulk & Co grinsen nur irre und verspeisen schließlich den verzweifelt kämpfenden Magneto. Dies macht Iron Man ziemlich wütend, doch nur weil er keinen Bissen abbekommen hat…
Das Konzept der in den USA und auch bei uns irre erfolgreichen Reihe Marvel Zombies basiert auf einer Storyline, die Mark Millar 2005 in den Heften 21 bis 23 der Serie Ultimate Fantastic Four erzählte. Hier konnte das Helden-Quartett den Zombies, die eine Parallelerde komplett erobert hatten, gerade noch entkommen. Marvel-Redakteur Ralph Macchio gefiel diese Idee noch im selben Jahr setzte er den zum Starautor aufgestiegenen Robert Kirkman (Marvel Team-Up) darauf an. Dieser hatte sich hierfür durch seine endlose Zombie-Serie The Walking Deadmehr als qualifiziert.
Kirkman beschloss fast alle Marvel-Superhelden (Ausnahmen sind Black Panther und Silver Surfer) in Zombies zu verwandeln. Dies führte zu allerlei herrlich kranken Ideen, wie etwa einen Zombie-Großangriff auf den gigantischen und dadurch sehr sättigenden Weltenverschlinger Galactus.
Das Salz in dieser blutigen Suppe sind die völlig durchgeknallten Cover. Arthur Suydam hat sich allgemein bekannte klassische Marvel-Titelbilder wie z. B. die Hochzeit von Spider-Man vorgenommen und diese dann “zombiefiziert“.
Robert Kirkman schrieb 2007 noch das Prequel Dead Days sowie das Sequel Marvel Zombies 2. In einer weiteren Fortsetzungen namens Marvel Zombies vs. Army of Darkness kam es zu einem Crossover mit dem aus der Evil Dead-Filmtrilogie von Spider-Man-Regisseur Sam Raimi bekannten Ash Williams, den Bruce Campbell so herrlich grimmig-trottelig verkörpert hat.
Wolverine ist sauer auf Spider-Man, doch zum Glück helfen die Fantastischen Vier und Doctor Strange. Aus irgendeinem Grund befindet sich Iron Man unter der Maske von Dr. Doom, während Nick Fury einen Auftrag für Captain America hat. Nahezu zeitgleich müssen der Punisher und Blade gegen Mafia-Killer und Vampire antreten während Daredevil und Luke Cage ebenfalls zusammenarbeiten.
Diese Inhaltsangabe klingt eher nach einem von jenen alljährlichen höchst dramatischen Mega-Events, die sich durch nahezu alle Superhelden-Serien eines Comic-Verlags ziehen ohne irgendetwas dauerhaft zu verändern. Doch die Marvel Monster Edition 11 enthält eher eine notdürftig durch eine Story verknüpfte Aneinanderreihung von so genannten Team-Ups bei denen sich Superhelden bekämpfen, vertragen und verbünden, ohne dass den Fans verraten wird wer denn nun stärker, schneller oder cleverer ist.
Robert Kirkman (Marvel Zombies) erzählte schon in seiner Erfolgsserie The Walking Deadeinen Zombie-Film, der niemals endet. Ähnlich verfährt er (sich) bei der Reihe Marvel Team-Up und zaubert immer wieder einen weiteren Superhelden aus dem Hut. Der rote Faden ist zwar nur wirr bis dünn, doch Spaß macht die Sache schon. Dies liegt am gelungenen Artwork von Scott Kolins (das auf dem rauen Papier der deutschen Ausgabe nicht seine volle Wirkung entfaltet) und an vielen kleinen netten Marvel-Momenten.
Der Polizist Rick Grimes wird angeschossen und erwacht in einem Krankenhaus. Doch dies ist nur der Auftakt von schrecklichen Erlebnissen, denn er ist von Toten und Untoten umgeben. Mit viel Glück gelingt es ihm zu flüchten. Doch sein Haus ist verlassen und Rick reist durch eine Landschaft voller Leichen und Zombies nach Atlanta um Frau und Kind zu finden. Dort sieht es auch nicht besser aus und nur durch Zufall stößt er schließlich auf seine Familie, die mit einer bunt zusammen gewürfelten Gruppe Überlebender gegen die Zombies ankämpft.
Mit The Walking Dead gelang Robert Kirkman 2003 ein Überraschungserfolg. Der Autor ist ein großer Fan der Zombie-Filme von George A. Romero und immer ganz traurig, wenn diese (meist böse) enden. Daher plante er seine nicht nur aus Gemetzel bestehende Geschichte, die in bester Horror-Tradition keine Erklärung für das Grauen liefert, als einen “Zombiefilm, der niemals endet“.
Stärker noch als Zombie- und andere Horror-Filme beeindruckte Kirkman in seiner Jugend die melodramatische TV-Serie Melrose Place. Im Interview mit dem US-Fachmagazin Comics Journal bezeichnet Kirkman – sicher etwas überspitzt – Comicfans “als Memmen, die sich nicht trauen eine Soap Opera zu schauen und stattdessen Superhelden-Comics lesen“. In der Tat waren speziell Marvel-Comics wie Spider-Man auch deshalb so erfolgreich, weil der Held nicht nur gegen Super-Schurken, sondern auch mit Alltagsprobleme und Liebeskummer kämpfte. Auch The Walking Dead steht in dieser Tradition.
In seinem Schulkameraden Tony Moore, mit dem er zuvor schon bei der Serie Battle Popezusammenarbeitete, fand Kirkman den richtigen Zeichner, der seine Geschichte in schwarzweiße Bilder voller Grautöne umsetzte und bei Image schließlich auch einen US-Verlag.
Seit Heft 7 zeichnet der Brite Charlie Adlard die Serie. Ganz das Niveau von Robert Kirkmans Jugendfreund Tony Moore, dessen ausdrucksstarke schwarzweiße Bilder, sehr viel zum Erfolg von The Walking Dead beitrugen, hat Adlard nicht erreicht. 2012 gab es ein unschönes Nachspiel. Robert Kirkman wurde von Tony Moore verklagt, weil ihn dieser angeblich dazu gedrängt hatte, als Zeichner bei The Walking Dead aufzuhören und seine Rechte an ihn abzutreten. Ferner habe Kirkman ihm Ausgleichszahlungen versprochen, aber laut Moores Aussage nicht geleistet. Robert Kirkman reichte eine Gegenklage ein und schließlich einigte man sich “freundschaftlich“.
Mit seinem deutschen Verlag Cross Cult hat Kirkman Glück. Dort erschienen zuvor schon liebevoll aufgemachte Editionen von Mike Mignolas Hellboy und Frank Millers Sin City. Band 1 von The Walking Dead enthält nicht nur die ersten sechs Hefte der Serie, die tatsächlich in allerbester Zombie-Tradition stehen, sondern auch sehr aufschlussreiche Interviews mit Tony Moore, der mittlerweile durch den Briten Charlie Adlard ersetzt wurde, und Kirkman, der sich durch den Erfolg von The Walking Dead auch als Superhelden-Autor (Marvel Team Up, Marvel Zombies) qualifizierte.
Auch die von Charlie Adlard gezeichnete Fortführung der Serie belegt die Tragfähigkeit von Kirkmans Konzept. Die Gruppe um Rick Grimes trifft weitere Überlebende, findet scheinbar sichere Unterschlüpfe (einmal sogar in einem Gefängnis), wird immer wieder von lebenden Toten angegriffen und dezimiert.
Doch überraschenderweise sind es im Gegensatz zu den meisten Zombie-Filmen weniger die Horror-Szenen, die den Reiz der Serie ausmachen, sondern eher die reflektierenden Dialogszenen. Dank seiner epischen Erzählstruktur, kann sich Kirkman auch Trauerarbeit leisten und den Toten gedenken, ein Luxus, den ein von Action-Höhepunkt zu Schockszene hechelnder Hollywood-Regisseur eher selten hat. Der Comic erwies sich auch als Steilvorlage für eine erfolgreiche TV-Serie.
Mit Im Eismeer gelang Kristina Gehrmann eine große Comic-Überraschung. Nachdem große Comic-Verlage kein Interesse an ihrer auf Tatsachen beruhenden und fast schon epischen Erzählung über eine sehr tragisch gescheiterte Arktis-Expedition, fand sie in Rostock beim nautisch orientierten Hinstorff Verlag eine Veröffentlichungsmöglichkeit.
Dort erschien 2015 der erste Band Die Franklin-Expedition und liegt mittlerweile bereits in der vierten Auflage vor. Recht rasch folgten die beiden Fortsetzungsbände Gefangen und Verschollen, die eine 700-seitige beeindruckend erzählte und in Szene gesetzte Trilogie bilden.
Kristina Gehrmanns spannender Erzählung ist anzumerken, dass sie sich große Mühe gegeben hat, sich so nah wie möglich an den tatsächlichen Ereignissen zu orientieren. Dies ist jedoch nicht einfach, denn von den Besatzungsmitgliedern der beiden Schiffen Erebus und Terror, mit denen Sir John Franklin 1845 die Westpassage durchsegeln wollte, überlebte niemand die Expedition.
Das Storytelling von Kristina Gehrmann erinnert an Manga-Geschichten, wobei es wenige die hier gar nicht großäugigen Figuren, sondern der flotte Erzählstil ist, der auf große Worte verzichtet und stattdessen auf eine ebenso spannende wie detailreiche Bildsprache setzt.
Nach dem Erfolg von Im Eisland meldete sich der Carlsen Verlag bei Kristina Gehrmann. Ihre dort veröffentlichte, teilweise ziemlich freie Adaption von Sinclairs Der Dschungelhat mit 380 Seiten fast schon epische Dimensionen angenommen, wobei ihre Seiten in Carlsens Hardcoverband fast doppelt so groß wie bei ihren Hinstorff-Taschenbüchern zum Abdruck kommen. Die Zeichnungen wirken jedoch manchmal etwas skizzenhaft und weniger ausgereift, als dies bei ihrem Meisterwerk Im Eisland der Fall ist.
1973 kam mit Schlacht um den Planet der Affen das fünfte und (vorerst) “letzte Kapitel“ der Film-Reihe in die Kinos. Doch damit war noch lange nicht Schluss, denn parallel zu einer kurzlebigen TV-Serie startete Marvel (bzw. das zum Verlag gehörene Label Curtis Magazines) eine Comic-Reihe. Diese beschränkte sich nicht darauf, die Inhalte der Filme in Comic-Form nachzuerzählen, sondern führte die aus dem Kino bekannte Geschichte ebenso werkgetreu wie phantasievoll weiter.
Im ersten Comicheft zu Planet der Affen, das in den USA im August 1974 erschien, wurde eine Adaption des ersten Kinofilms von 1968 gestartet. Doch eröffnet wurde das Heft mit dem Prolog der Saga Terror on the Planet of the Apes. Der einflussreiche Batman-Autor Doug Moench erzählt von den Abenteuern des Menschen Jason und seines Schimpansen-Freundes Alexander, die versuchen in einer Welt voller Rassenhass zusammenzuhalten.
Terror on the Planet of the Apes wurde in den insgesamt 29 Planet der Affen-Comic-Heften in unregelmäßigen Abständen fortgesetzt. Der erste Band der Archiv-Ausgabe zu Planet der Affen enthält auf 350 Seiten den Prolog und alle 15 Kapitel der Saga, so dass Terror on the Planet of the Apes in einem Stück gelesen werden kann. Die sehr lebendigen Bilder stammen meist von den für seine Marvel-Horror-Comics bekannten Zeichner Mike Ploog (Die Welt in 10 Millionen Jahren).
Es ist sehr erfreulich, dass Cross Cult sich der in den USA nicht etwa bei Marvel, sondern bei BOOM! Studios erscheinenden Gesamtausgabe der klassischen Planet der Affen-Comics angenommen hat.
Der erste Band ist in den USA bereits vergriffen und die nächsten drei Bücher enthalten die Adaptionen der Kinofilme, sowie weitere eigens für die Comic-Reihe konzipierte Storys.
Nicht immer will die Neubearbeitung der schwarzweißen Comic-Seiten überzeugen, die jetzt über weniger Grauflächen verfügen, als dies in den Heft-Ausgaben der Fall war.
Doch insgesamt übererfüllt diese mit interessanten Infos und farbigen Cover-Abbildungen versehene Gesamtausgabe alle Erwartungen und enthält sehr viel Material, das seinerzeit in den 13 deutschen Planet der Affen-Heften des Williams Verlags nicht zum Abdruck kam.
In seinem ersten Comic-Album Trabanten erzählt Frank Schmolke von Franz Huber, der aus dem Gefängnis entlassen wird und versucht mit seiner kriminellen Vergangenheit abzuschließen. Zwar findet er einen Job als Anstreicher und mit Gina eine nette Frau, die sich zu ihm hingezogen fühlt. Doch die alten Bekannten lassen ihn nicht in Ruhe, was nicht besser wird, nachdem ein alter Kumpel von Franz zu Tode kommt…
Geschichten unter dem Motto “Du bekommst den Mann aus dem Gefängnis heraus, aber nicht das Gefängnis aus dem Mann“ werden immer wieder in Kriminal-Romanen und im Film noir erzählt. Doch Schmolke hat seine Geschichte in das München der Achtziger Jahre verlegt und ließ zudem auch eigene Erlebnisse in die Handlung mit einfließen.
In Szene gesetzt hat er Trabanten in grau kolorierten schwarzweißen Bildern, von denen er maximal vier Stück auf einer Seite platziert hat. Dadurch ist Trabanten schnell verschlungen – auch weil die spannende Erzählung zum raschen Umblättern animiert – , doch die Geschichte wirkt noch lange nach.
Dies liegt auch daran, dass Schmolke die Story immer wieder durch surreale Einschübe aufbricht. So verpasst er den unbeteiligten Zuschauern einer Schlägerei schwarze Balken vor die Augen oder lässt Franz auf die halbe Körpergröße zusammenschrumpfen, wenn dieser Minderwertigkeitskomplexe hat. Hinzu kommen noch Anspielungen auf das Werk von Jackson Pollock.
Trabanten macht gespannt auf das nächste Werk von Frank Schmolke, der 2017 den Finalisten-Comicbuchpreis der Berthold Leibinger Stiftung für seine Graphic Novel Nachts im Paradies gewann.
Aktuell hat Frank Schmolke den Psychothriller Der Augensammler von Sebastian Fitzek bravourös in Farbe adaptiert.
Die schwarzweiße Grafik von Marc-Antoine Mathieu (3 Sekunden) lässt meist jede Lebendigkeit vermissen. Seine Bilder wirken unterkühlt und wie am Reißbrett konstruiert. Mathieus Comics begeistern eher durch ungewöhnliche Ideen und die hat er – vor allem in den vier Geschichten um seinen Antihelden, den kleinen Angestellten Julius Corentin Acquefacques – nicht zu knapp.
So konfrontierte er diesen in Der Ursprung mit Comicseiten, die seine eigene Zukunft und Vergangenheit darstellen. In Die vier F… wurde eine schwarzweiße Geschichte plötzlich farbig. Das Album Der Anfang vom Ende ließ sich tatsächlich von vorne und von hinten lesen. Der Wirbel springt dem Leser aus dem gleichnamigen Comic tatsächlich entgegen und für Die 2,333. Dimension wird eine 3-D-Brille benötigt.
Bei Gott höchstselbst hingegen sind die Geschichte und die geistreichen Dialoge der Gimmick. In episodenhafter Struktur erzählt Mathieu davon, was passieren würde, wenn Gott plötzlich auf die Erde käme. Mathieus Gott ist nur nahezu perfekt, er trägt sogar einen Ohrhörer und jemand gibt ihm möglicherweise Anweisungen. Daher glaubt die Menschheit Gott für das Elend der Welt verantwortlich und den Prozess machen zu dürfen.
Konsequent wie er ist, vermeidet es Mathieu das Antlitz Gottes darzustellen, was weniger mit religiöser Pietät, sondern damit zusammenhängt, dass dessen Verteidiger Anklage gegen die Welt wegen “visueller Belästigung“ erhoben haben und Gottes Gesicht gesetzlich schützten.
Marc-Antoine Mathieu (Gott höchstselbst, 3 Sekunden) ist ganz sicher nicht der begnadetste Comiczeichner der Welt, doch seine Ideen sind einzigartig. Alles begann 1990 mit Der Ursprung. Hier erlebte Julius Corentin Acquefacques sein erstes surreales Abenteuer als kleiner Angestellter im Ministerium für Humor. Mathieu spielte schon hier gekonnt mit dem Medium Comic und konfrontierte seinen eher unscheinbaren Helden mit seiner eigenen Zukunft und Vergangenheit, die dieser in Form von Comicseiten zugeschickt bekam.
Noch extravaganter waren die nächsten Erlebnisse von J. C. Acquefacques. In Die vier F… (1991) setzte Mathieu am Ende des schwarzweißen Albums plötzlich Farbe ein. Der Anfang vom Ende hingegen lässt sich tatsächlich von vorne und von hinten lesen und Der Wirbel (1993) setzt Fotos und Stanzungen kunstvoll ein. 2003 schließlich setzte Mathieu seine Reihe endlich fort und die neue Geschichte mit Julius Corentin wimmelt nur so voller origineller Ideen.
In einem Traum kommt Acquefacques ein Fluchtpunkt abhanden und nach dem Aufwachen ist seine ganze Welt nahezu flach, denn er befindet sich in der 2,333. Dimension. Mittels einer Kanone wird Acquefacques in eine Zwischenwelt geschossen um den fehlenden Fluchtpunkt zu suchen. Er entdeckt Parallelwelten zu seinem Comic (die entsprechenden Zeichnungen stammen von Francois Schuiten und Lewis Trondheim). Nach einer kurzen Visite in der Welt der Entwürfe landet Acquefacques schließlich beim Direktor der Distribution diverser Dekors.
Hier wird das ganze Gerümpel gelagert, das übrigbleibt, wenn die Comicfiguren zum nächsten Panel gewechselt haben. Der Leser muss jetzt die beiliegende 3-D-Brille aufsetzen und der Wahnsinn geht plastisch und bunt flimmernd weiter. Wenn das Album dann ausgelesen und die Brille wieder abgesetzt ist, entsteht ein ähnliches Gefühl wie es Julius Corentin Acquefacques wohl auch hat, wenn er aus einem seiner abgefahrenen Träume erwacht.