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Jiro Taniguchi: Die Sicht der Dinge

Nachdem er vom Tode seines Vaters erfuhr, hat es Yoichi nicht allzu eilig damit Tokio zu verlassen und in seinen Heimatort Tottori zu reisen. Zunächst plant er die in Japan übliche Totenwache auszulassen und erst später zur Beerdigung anzureisen. Doch durch sanften Druck seiner Frau überlegt Yoichi es sich anders. Erstmals nach 15 Jahren kehrt er zurück nach Tottori und erfährt bei der Totenwache von Verwandten und Freunden etliche Dinge über seinen Vater, die ihm neue Blickwinkel eröffnen.

Jiro Taniguchi: Die Sicht der DingeDurch eine geschickte Rückblendenstruktur erfährt der Leser langsam aber sicher wie es zur Entfremdung zwischen Yoichi und seinem Vater kam. Nachdem in Tottori ein Großbrand wütete, der das Friseurgeschäft des Vaters zerstörte, kam es zu einem Bruch in Yoichis Familie, den der kleine Junge nicht mitbekam. Während der Vater zu stolz war, sich finanziell unterstützen zu lassen und sich voll in die Arbeit stürzte, begann die sich vernachlässigt fühlende Mutter ein Verhältnis mit Yoichis Lehrer, was schließlich zur Scheidung führte. Yoichi machte hierfür ausschließlich seinen Vater verantwortlich, wurde mit dessen neuer Frau nicht warm und war froh als er den Ort seiner Jugend endlich für immer verlassen konnte.

Jiro Taniguchi: Die Sicht der Dinge
Wie im sehr interessanten Nachwort von Jiro Taniguchi (Vertraute Fremde, Der Gourmet. Die Wächter des Louvre) zu erfahren ist, verarbeitete er in dieser Geschichte auch seine eigene Biografie. Taniguchi stammt ebenfalls aus Tottori, lebt in Tokio und besuchte seine Heimatstadt erst nach 15 Jahren wieder. Er kennt also die Dinge, die er erzählt und zeichnet. Durch die ruhige Erzählweise und die exakte Wiedergabe von scheinbar alltäglichen Dingen bekommt die Geschichte eine Wahrhaftigkeit, die auch dazu einlädt die eigene Sicht der Dinge zu hinterfragen.

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Jiro Taniguchi: Vertraute Fremde

Noch etwas bezecht von den Folgen einer Geschäftsreise steigt der Architekt und Familienvater Hiroshi Nakahara scheinbar zufällig in den falschen Zug und landet in seiner Geburtsstadt Kurayoshi. Dort sucht er erstmals seit Jahren wieder das Grab seiner Mutter auf und fällt in Ohnmacht. Als er wieder erwacht, ist er plötzlich 14 Jahre alt und befindet sich im Jahre 1963. Er trifft auf seine Mutter und seinen Vater, der kurz darauf die Familie verlassen hat. Hiroshi setzt alles daran dies zu verhindern…

Jiro Taniguchi: Vertraute Fremde

Diesen science-fiction-artigen Aufhänger nutzt Jiro Taniguchi auch zu einigen recht amüsanten Situationen. Endlich kann Hiroshi die damals schüchtern angehimmelte Flamme erobern und den Schulrowdy verprügeln. In erster Linie jedoch gelingt Taniguchi eine – nicht nur für Comicverhältnisse – ungewöhnlich sensible und dichte Familiengeschichte vor dem historischen Hintergrund des langsam zu Wohlstand kommenden Nachkriegs-Japans. Eine zusätzliche interessante Ebene erhält die Erzählung noch dadurch, dass Taniguchi immer wieder kurze Szenen mit Hiroshis beiden Töchtern einfügt, die ebenfalls befürchten, dass ihr Vater sie verlassen hat.

Jiro Taniguchi: Vertraute Fremde
Als erster japanischer Comic überhaupt wurde Vertraute Fremde 2003 auf dem Comicfestival in Angoulême mit einem Preis ausgezeichnet, den Jiro Taniguchi für sein Szenario erhielt. Anschließend wurde der Manga in Frankreich verfilmt. Bei Carlsen erscheint die Geschichte nicht unter dem Label Manga, sondern gespiegelt in der Reihe “Graphic Novel“. Weitere Werke von Jiro Taniguchi wie Die Sicht der Dinge, Der Gourmet oder Die Wächter des Louvre folgten und das ist gut so!

Vertraute Fremde

Vertraute Fremde erschien 2011 auch in der Reihe Süddeutsche Zeitung Bibliothek – Graphic Novels.

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André Franquin: Der ganze Gaston

Volker Hamann (Reddition) hatte es in seinem in dieser Ausgabe enthaltenen Artikel bereits erahnt, denn er zweifelt an, dass in der “nun vorliegenden Gaston-Edition (…) wirklich alles aus der Feder des genialen André Franquin enthalten ist, was er jemals rund um seinen schusseligen Verlagsmitarbeiter Gaston zu Papier gebracht hat.“ Hamann vermutete prophetisch: “es werden wohl nur 98,9 % sein, denn bei Gaston weiß man nie!“

André Franquin: Der ganze Gaston

Tatsächlich ist in Band 2 dieser fünfbändigen Hardcover-Ausgabe der Gaston-Onepager mit der Nummer 422 doppelt enthalten und stattdessen fehlt Gag # 432. Der Carlsen Verlag hat mittlerweile vermeldet, dass noch weitere Comics mit Gaston nicht enthalten sind und ein ergänzendes Beiheft nachgeliefert wird. Daher stellt sich die Fragen, ob es dennoch sinnvoll ist, diese Edition anstelle der zuvor veröffentlichten Hard- und Softcover-Ausgaben zu erwerben.

André Franquin: Der ganze Gaston
Der „abgewickelte“ Schuber © comicguide.de

Ich besaß zuvor die 19-bändige Hardcover-Ausgabe, konnte diese verkaufen, habe mir vom Erlös die neue Gaston-Edition zu Weihnachten geschenkt und dies nicht bereut. Im Buchregal nimmt der Ganze Gaston nur halb so viel Platz ein und über die Comics hinaus enthalten die Bücher zusätzliche Illustrationen sowie Texte, die teilweise eigens für die deutsche Ausgabe erstellt wurde und die Lektüre noch vertiefen.

André Franquin: Der ganze Gaston

Doch der Hauptreiz der Edition ist natürlich der Spaß, den die Geschichten mit Gaston immer noch machen. Band 1 startet quasi mit dem Urknall der Figur. Zunächst kommen jene Gaston-Illustrationen zum Abdruck mit denen Franquin die Leser des Magazins Spirou ab Februar 1957 durch “eine Figur ohne eigentliche Funktion“ verwirrte, lange bevor Endes des Jahres schließlich die (zunächst halbseitige) Comic-Serie startete.

Andre Franquin: Der ganze Gaston

Umfasst von blauen Fußabdrücken gibt es hier alle jene einzelnen Illustrationen zu bewundern, die zeigen wie Gaston nutzlos in der Spirou-Redaktion herumhängt und langsam das Misstrauen von Fantasio erweckt, der danach auch in den Comics zum immer etwas verkrampften Gegenspieler des nicht wirklich arbeitenden Gastons wurde.

André Franquin: Der ganze Gaston

Ende der 60er Jahre beendete Franquin seine Arbeit an der Serie Spirou und Fantasio, innerhalb der Gaston in der (nicht in dieser Ausgabe enthaltenen) Geschichte Die Bravo Brothers einen großen Auftritt hatte.

André Franquin: Der ganze Gaston

Daher ließ Franquin Fantasio sowie den gelegentlich gastierenden Spirou aus dem Gaston-Universum verschwinden. Damit begann die Hochzeit der Serie, denn Franquin ließ anstelle des nicht von ihm (sondern 1939 von Jean Doisy) kreierten Fantasio sehr eigene Figuren, wie den Redaktionsassistenten Demel oder das immer attraktiver werdende Fräulein Trudel (alias Mademoiselle Jeanne) , ins Zentrum des turbulenten Geschehens rücken.

André Franquin: Der ganze Gaston

Doch diese chronologisch geordnete Ausgabe zeigt auch, wie schnell André Franquin bei Gaston seinen ganz eigenen Stil fand und wie schreiend komisch bereits die ersten Comics mit dem sympathischen Chaoten sind.

André Franquin: Der ganze Gaston

Da ich die Gesamtausgabe direkt bei Carlsen bestellt habe, wurde mir ein 16-seitiges Heftchen mit den “fehlenden Strips, die wir im Nest der Möwe fanden“ zugeschickt, das noch allerlei lustige Comics und Illustrationen enthält.

Gaston Lagaffe

2018 kam übrigens mit Gaston Lagaffe eine Verfilmung des Comics in die belgischen und französischen Kinos.

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Auf den Spuren von Tim & Struppi

Auf dem Cover des Buches überlappt sich eine Zeichnung aus Tim in Amerika mit dem von Hergé dafür als Vorlage verwendeten Foto. Der englische Journalist Michael Farr hatte Zugang zum Archiv des Schöpfers von Tim und Struppi und belegt in Wort und Bild wie sorgfältig dessen Comics mit Fakten unterlegt wurden. Chronologisch widmet sich Farr jedem einzelnen Album von Tim im Lande der Sowjets bis hin zum unvollendet gebliebenen Tim und die Alpha-Kunst.

Auf den Spuren von Tim & Struppi

Wir sehen nicht nur die realen Vorbilder für Professor Bienleins Haifisch-U-Boot oder für die extravaganten Kostüme der Opern-Diva Bianca Castafiore, sondern erfahren auch dass Hergé seinen Kapitän Haddock einmal versehentlich “Klysopumpe“ (Anal-Dusche) fluchen ließ und sich an unzuverlässigen Handwerkern oder aufdringlichen Musikorchestern (die ihm unangemeldet daheim auflauerten und auf “seinen Helden Spirou“ anstießen) rächte indem er sie ganz einfach in seine Geschichten einbaute.

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Für das Buch spricht auch, dass Farr dabei nicht unkritisch mit Hergés (Spät-)Werk umgeht. Der Autor findet jedoch auch sehr gute Argumente um den immer auf der Seite der Unterdrückten stehenden Comic-Schöpfer, der jedoch ohne Zweifel während der Zeit der deutschen Besetzung von Belgien am produktivsten war, vom Verdacht der Kollaboration mit den Nationalsozialisten freizusprechen.

Auf den Spuren von Tim & Struppi

Unter dem Titel Auf den Spuren von Tim und Struppi ist auch eine TV-Dokumentation entstanden. Der deutsch-französische TV-Sender Arte hat sich schon einige Male mit den Werken von Hergé auseinandergesetzt, so gab es z. B. in den Neunziger Jahren einen sehr gehaltvollen fünfstündigen Themenabend zu “Tim und Struppi“. Doch erstaunlicherweise konnte für die fünfteilige Serie “Auf den Spuren von Tim und Struppi“ ein besonders neuer origineller Ansatz gefunden werden, der es ermöglicht die Comicgeschichten “vor Ort“ nachzuerzählen und zugleich Hintergrundinformationen zu vermitteln.

Auf den Spuren von Tim & Struppi

Die Serie beschäftigt sich mit Comicbänden in denen Tim durch die Weltgeschichte reist. In „Die Zigarren des Pharaos“ ist er in Ägypten und Indien unterwegs, in „Der blaue Lotos“ erlebt er Abenteuer in China, in „Die Krabbe mit den goldenen Scheren“ geht es nach Marokko, in „Der Sonnentempel“ nach Peru und im möglicherweise besten Band der Serie „Tim in Tibet“ nach Nepal.

Auf den Spuren von Tim & Struppi

Im Gegensatz zu Hergé haben die Macher der Serie die in den Comics dargestellten Örtlichkeiten tatsächlich aufgesucht. Vor Ort wurden die Zeichnungen aus den Comicgeschichten den Bildern der realen Landschaften gegenübergestellt. Dabei fällt auf wie gut es Hergé am Zeichentisch in Belgien gelungen ist  die Atmosphäre von fremden Ländern und Kulturen einzufangen. Abgerundet wird diese faszinierende Dokumentationsreihe durch historische Filmaufnahmen und Informationen über die Entstehung der Comicgeschichten.

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Isabel Kreitz: Rohrkrepierer – Eine Jugend auf St. Pauli

In seinem autobiographischen – mittlerweile bereits in der vierten Auflage vorliegenden – Roman Rohrkrepierer – Eine Jugend auf St. Pauli erzählt Konrad Lorenz (nicht der Zoologe mit den Graugänsen) davon, wie es war in der Nachkriegszeit mitten auf dem Kiez aufzuwachsen. Isabel Kreiz, deren Atelier sich ebenfalls in dieser Gegend befindet, hat in Comics wie Die Entdeckung der Currywurst immer wieder gerne Geschichten aus der Hansestadt erzählt und ihr gelang eine sehr lebendige Adaption von Lorenz‘ Roman.

Isabel Kreitz: Rohrkrepierer – Eine Jugend auf St. Pauli

Zentrale Figur von Rohrkrepierer ist Kalle, der mit seinen Freunden die Nachkriegszeit zwischen Reeperbahn, Großer Freiheit und Herbertstraße als oft nicht ganz ungefährliches Abenteuer erlebt. Der erste Teil der Erzählung beschäftigt sich damit, wie der zunächst von der Mutter und vor allem von seiner Oma großgezogene Kalle plötzlich mit seinem körperlich zwar unversehrten aber durch den Krieg traumatisierten heimkehrenden Vater klar kommen muss.

Isabel Kreitz: Rohrkrepierer – Eine Jugend auf St. Pauli
© Isabel Kreitz / Carlsen

Dies gelingt Kalle besser als seiner Mutter, die erfolgreich auf dem Schwarzmarkt handelt und große Schwierigkeiten hat, in ihre Rolle als treusorgende Ehefrau zurückzukehren. Im Anfang der Sechziger Jahre angesiedelten zweiten Teil erzählt “Rohrkrepierer“ u. a. davon, wie es Kalle gelingt seine Unschuld zu verlieren, ohne dafür die Dienste der ihm oftmals gut bekannten Damen aus dem horizontalen Gewerbe in Anspruch nehmen zu müssen.

Isabel Kreitz: Rohrkrepierer – Eine Jugend auf St. Pauli

Isabel Kreiz machte aus Lorenz‘ Roman eine fast 300-seitige  Comicerzählung, deren nur sehr spärlich kolorierten Bilder wirken, als wenn sie Standbilder eines Schwarzweißfilms aus den Fünfziger Jahren wären.

Isabel Kreitz: Rohrkrepierer – Eine Jugend auf St. Pauli
Isabel Kreitz

Einmal mehr beweist die auch hier wieder sehr detailreich arbeitende Zeichnerin ihre Meisterschaft im ohne viele Worte auskommenden Comic-Erzählen, in der Rekonstruktion vergangener Zeitepochen und natürlich auch wieder bei der Wahl einer sehr gut zur Adaption geeigneten Vorlage.

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Isabel Kreitz: Die Entdeckung der Currywurst

Jeder glaubt, die Currywurst wäre eine Erfindung aus Berlin, Köln oder Bochum (man denke nur an Grönemeyers Evergreen). Doch auf dem Hamburger Großneumarkt stand einst die Imbissbude von Frau Brücker und diese behauptete immer sie hätte 1945 kurz nach Kriegsende die Currywurst erfunden.

Der Erzähler dieser Geschichte lebt mittlerweile in der Weißwurststadt München und hat bei einem Besuch in seiner Heimatstadt Hamburg – wohl auch bedingt durch das kalte windige Wetter – Appetit auf eine scharfe Wurst. Doch Frau Brückers Bude gibt es nicht mehr. Die alte Dame wohnt jetzt im Altersheim und hat so einiges über Würste, Trümmer, Schieber und Mitläufer zu erzählen.

Isabel Kreitz: Die Entdeckung der Currywurst

Nach einem auch bereits verfilmten Roman von Uwe Timm gelang Isabel Kreitz (Rohrkrepierer, Der 35. Mai, Die Sache mit Sorge, Schlechte Laune!) 1996 eine sehr plastische und menschlich anrührende Schilderung vom letzten Kriegsjahr in Hamburg.

Isabel Kreitz: Die Entdeckung der Currywurst
Das Cover der Erstausgabe

Die gebundene Neuauflage wird durch ihr deutlich kleineres Format den sehr detailreichen schwarzweißen Zeichnungen zwar nur bedingt gerecht, besticht aber dafür durch ein sehr informatives und gut bebildertes Nachwort von Frank Giese über das Kriegsende in Hamburg.

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Naoki Urasawa: Pluto: Urasawa X Tezuka

Als jugendlicher Manga-Leser war Naoki Urasawa völlig begeistert von Osamu Tezukas Astro Boy-Geschichte “Der größte Roboter auf Erden“ (bei uns im Band 3 der Astro Boy-Serie von Carlsen veröffentlicht). Nachdem er sich als Schöpfer von anspruchsvollen (aber meist etwas überlangen) Serien wie “Monster“ oder “20th Century Boys“ etablieren konnte, erfüllte sich Urasawa einen Herzenswunsch und erzählt mit “Pluto“ eine ebenso eigenständige wie werkgetreue Version seiner Lieblingsgeschichte.

Naoki Urasawa: Pluto: Urasawa X Tezuka

Tezuka ließ 1964 in “Der größte Roboter auf Erden“ den schlagkräftigen Roboter Pluto im Auftrag dunkler Mächte antreten um die sieben mächtigsten Roboter der Erde – zu denen natürlich auch Astro Boy gehört – in Zweikämpfen zu zerstören. Die Geschichte ist in erster Linie eine Aneinanderreihung von immer turbulenter verlaufenden Action-Szenen. Doch im Vorwort zur Geschichte merkt Osamu Tezuka an, dass es ihm nicht gelungen war aus Pluto “einen durch und durch bösen Charakter zu machen“, was ganz sicher dazu beitrug, dass “Der größte Roboter auf Erden“ zur beliebtesten Astro Boy-Geschichte wurde.

Naoki Urasawa: Pluto: Urasawa X TezukaWährend Osamu Tezuka seine Geschichte auf nicht einmal 200 Seiten erzählte, räumt Naoki Urasawa seiner Version der Story achtmal soviel Raum ein. Während bei Tezuka die gegnerischen Roboter von Pluto in Windeseile zerstört werden, macht Urasawa sie zu ganz eigenen Charakteren und lässt die Nachwelt ausgiebig um sie trauern. Während Urasawa sich an Tezukas Handlungssträngen entlang hangelt, schmückt er zugleich die Erzählung mit zahlreichen interessanten Details aus, die oftmals an die legendären Roboter-Krimis von SF-Altmeister Isaac Asimov erinnern, aber auch die internationalen Schauplätze der Geschichte sehr viel stärker ins Licht rücken. Mit “Pluto“ gelang Urasawa eine respektvolle aber auch sehr souveräne Hommage an den Manga-Großmeister.

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Jiro Taniguchi: Der Gourmet – Von der Kunst allein zu genießen

Mit dem Autor Masayuki Kusumi hatte Jiro Taniguchi (Vertraute Fremde, Die Sicht der Dinge, Die Wächter des Louvre) bereits bei Der geheime Garten vom Nakano Broadway zusammen gearbeitet. Wie in Lars von Tönes interessantem Vorwort zu diesem Buch zu erfahren ist, hat es Taniguchi, der die meisten seiner Comics selbst schreibt, genossen nach den Vorgaben eines Szenaristen zu arbeiten. Dadurch  besteht für ihn nicht die Gefahr komplett in seiner eigenen Welt gefangen zu sein.

Jiro Taniguchi: Der Gourmet

Der Ansatz zu Der Gourmet: Von der Kunst allein zu genießen klingt eher unspektakulär. In 18 Kapiteln wird geschildert wie der unscheinbar anmutende Handlungsreisende Goro Inokashira diverse Restaurant, Kneipen und Örtlichkeiten besucht, an denen er sich Speisen bestellt und diese zu sich nimmt. Dabei meidet Giro so weit wie möglich den Kontakt zu seiner Umwelt und gibt sich ganz dem Genuss hin. Speisen und Gaststätten werden von Taniguchi akribisch abgebildet und daher ist Der Gourmet eher eine Comic-Reportage als eine Comic-Erzählung.

Jiro Taniguchi: Der Gourmet

Doch Taniguchi und Kusumi spielen mit ihren eigenen Vorgaben. So lassen sie Giro etwa im Hochgeschwindigkeits-Zug Shinkansen eine etwas streng riechende Lunchbox öffnen und auch die in einem Baseball-Stadion angebotenen Gerichte sind nicht ohne. Zudem ist in kurzen Rückblenden gelegentlich auch etwas mehr über die Hauptfigur zu erfahren, so zum Beispiel, dass er einst in Paris gemeinsam mit einer Schauspielerin ein neues Leben beginnen wollte. Völlig überraschend ist es schließlich, als sich der ansonsten absolut passive Giro in einer der Geschichten plötzlich sehr energisch mit einem rabiaten Restaurant-Besitzer anlegt, der seine chinesische Küchenhilfe permanent lautstark demütigt.

Jiro Taniguchi: Der Gourmet

Über die Speisen hinaus wird sehr viel über verschiedene Alltagswelten vermittelt und wohl noch in keinem anderen Comic von Jiro Taniguchi war so viel über die japanische Gesellschaft zu erfahren.

Jiro Taniguchi: Der Gourmet - Von der Kunst allein zu genießen

Unter dem Titel Der Gourmet: Auf den Spuren feiner Kochkunst ist ein zweiter Band der Reihe erschienen.

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