In dieser aus fünf Heften bestehenden Geschichte erzählt Mark Millar vom Kleinkriminellen Roscoe, der nicht völlig zu Unrecht im Knast landet. Dort macht er Bekanntschaft mit der Droge MPH und ist plötzlich in der Lage sich unglaublich schnell zu bewegen.
Roscoe nutzt diese Fähigkeit nicht nur um aus dem Gefängnis zu entkommen, sondern beginnt damit sich gemeinsam mit seiner Freundin Rosa und seinem Kumpel Chevy in Windeseile ein Vermögen zusammen zu rauben, solange der Pillen-Vorrat reicht…
Mark Millars Comicgeschichten wie Wanted, Kick-Ass, Kingsman – The Secret Service oder Jupiter’s Legacy nehmen oftmals epische Dimensionen an. Für seine Verhältnisse ist MPH (Abkürzung für „miles per hour“) eher eine kleine Fingerübung in Sachen Supergeschwindigkeit. Doch die 100-seitige Geschichte kommt komplett mit einer solide geerdeten originellen Origin, reichlich rasanter Action und einem wohlüberlegen überraschenden Ende daher. Es ist auch daher kein Wunder, das es nur noch eine Frage ist, bis auch aus diesem Comic von Mark Millar ein Kinofilm wird.
Das sehr solide und – thematisch passend – etwas nervös hingehauen wirkende Artwork stammt diesmal vom britischen Hellboy-Zeichner Duncan Fegredo (Ultimative Abenteuer). Auch dessen, die Hochgeschwindigkeit sehr gut simulierenden, knallbunten Cover zu den fünf MPH-Heften können sich sehen lassen.
Abgerundet wird dieser Panini-Sammelband noch durch die Beigabe von fünf Variant-Covern, wobei einmal mehr das von Jock am gelungensten ist.
Der gebürtige Kanadier Todd McFarlane (Savior) war etliche Jahre erfolgreich bei DC und Marvel tätig. Das 1990 von ihm gezeichnete und getextete Heft Spider-Man # 1 wurde 2,5 Millionen Mal verkauft. Doch McFarlane genügte dies nicht, denn er wollte sein eigenes Ding durchziehen. 1992 gelang ihm das Kunststück eine eigene Serie beim von ihm mit gegründeten Label Image zu starten und diese auch in den nächsten Jahren erfolgreich auf dem Comicmarkt halten zu können. Sein aus der Hölle wiedergekehrter Spawn stand auch im Zentrum eines leider nicht allzu guten Hollywood-Filmes, einer recht werkgetreuen Zeichentrickserie und etlicher von McFarlane produzierter Editionen von Action-Figuren.
Es ist sehr erfreulich, dass Panini die ersten 12 Spawn-Hefte gebündelt in einer schönen Hardcover-Edition herausbringt, denn diese sind teilweise wirklich äußerst bemerkenswert. McFarlane erzählt und zeichnet hier wie Al Simmons, der einst im Auftrag der USA allerlei dreckige Jobs erledigte, fünf Jahre nach seinem Tode in seine Heimatstadt New York zurückkehrt. Doch dies ist kein Grund zur Freude. Sein Gesicht ist entsetzlich entstellt, seine heiß geliebte Frau Wanda hat seinen besten Freund geheiratet und beide haben eine gemeinsame Tochter. Obwohl Simmons alias Spawn über allerlei bemerkenswerte Kräfte verfügt, fühlt er sich bei den Pennern auf der Straße am wohlsten und versucht diese zu schützen.
McFarlane erhielt seinerzeit viel Lob für sein immer noch atemberaubendes Artwork, seine Geschichten fanden jedoch nicht überall Anklang, obwohl SPAWN genau genommen eine sehr viel interessantere Background-Story hat als die meisten Figuren aus dem Hause DC oder Marvel. Doch McFarlane war für Kritik durchaus aufgeschlossen und heuerte für die SPAWN-Hefte 8 bis 11 mit Alan Moore. Neil Gaiman, Dave Sim und Frank Miller, der 1994 auch noch ein bemerkenswertes Crossover zwischen Batman und Spawn schreiben sollte) vier der angesagtesten Autoren an.
Vor allen das von Dave Sim (CEREBUS) geschriebene SPAWN-Heft 10 ist sehr interessant und das nicht nur, weil es seit seinem Erscheinen im Jahre 1993 nicht mehr nachgedruckt wurde (in einem amüsanten Vorwort erklärt Sim warum dies so war). In Heft 10 wird SPAWN mit einigen ziemlich machtlosen Superhelden konfrontiert, deren Rechte nicht mehr bei ihren Schöpfern sind. Das hat zwar relativ wenig mit den Geschichten aus den übrigen SPAWN-Heften zu tun, ist aber eine sehr amüsante Satire. Womit abschließend noch festgestellt werden soll, dass SPAWN generell nicht humorfrei ist und zumindest diese ersten 12 Hefte immer noch äußerst lesenswert und moderne Comic-Klassiker sind.
Es war nicht wirklich ein Zufall, dass die Spielzeug-Firma Mattel die ersten Actionfiguren der Reihe Masters of the Universe im selben Jahr herausbrachte, in dem auch der erste Film über den Barbaren Conan mit Arnold Schwarzenegger in die Kinos kam. Mattel hatte 1982 auch erwogen eine Conan-Variante ihrer seinerzeit populären Big-Jim-Figur zu produzieren, doch entschied sich dann für etwas Eigenes.
Die Spielfiguren mit der Gruppe rund um den Barbaren He-Man namens Masters of the Universe wurden ein großer Erfolg. Den Figuren lagen auch kleine Comic-Hefte bei. Ab 1983 folgte dann eine 130-teilige TV-Zeichentrickserie, durch die der Verkauf der Spielfiguren zu einem gewaltigen Geschäft wurde. Hauptfigur der Trickfilme war der schmächtige Prinz Adam, der sich durch ein Zauberschwert in den mächtigen He-Man verwandelt. DC half zunächst Mattel bei der Produktion weiterer Beilage-Comic-Heftchen. Doch es erschienen auch eigene Masters of the Universe-Comics und hier kam es sogar zu Begegnungen zwischen Superman und He-Man.
1985 übernahm Marvels Label Star Comics das Veröffentlichen der namens Masters of the Universe-Comics. Im selben Jahr wurde das Fantasy-Universum um weitere Figuren und 92 Trickfilmfolgen mit He-Mans Zwillingsschwester She-Ra – Princess of Power erweitert. In Deutschland brachte Europa insgesamt 37 Hörspielplatten zu He-Man und She-Ra heraus und ein Zusammenschnitt der recht schlicht animiertem TV-Zeichentrickserien wurde unter dem Titel Das Geheimnis des Zauberschwertes zu einem Kinoerfolg.
Auch daher entstand 1987 ein Masters of the Universe-Realfilm mit Dolph Lundgren, Dieser entfernte sich recht weit von der Vorlage und spielte zu einem Großteil in den USA des Jahres 1987. Sicherlich auch daher floppte der Kinofilm und auch für die zugehörigen Action-Figuren liefen nicht gut. In Italien erschienen danach ein paar letzte Actionfiguren. Bei uns gab es noch bis 1992 He-Man-Comics, die teilweise deutsche Eigenproduktionen waren und von Michael Goetze gezeichnet wurden.
Doch 2001 wurde in den USA eine limitierte Neuauflage der klassischen Masters-Actionfiguren zu einem gewaltigen Erfolg. Ein Jahr später erschien eine neu gestaltete Spielzeugserie und eine deutlich aufwändiger animierte Trickfilmserie. Kurz darauf folgten neue Comics zu Masters of the Universe, diesmal bei Image (Spawn). Mittlerweile ist jedoch wieder DC der Comic-Verleger und einen neuen Kinofilm wird es in absehbarer Zeit auch geben.
In Zusammenarbeit mit Mattel hat der amerikanische Verlag Dark Horse eine umfassende Chronik der Masters geschaffen, die alle künstlerischen Aspekte der Saga beleuchtet.
Panini präsentiert die deutsche Ausgabe dieses voluminösen, reich und farbig bebilderen Buch über jene Serie, die „die Popkultur für immer verändert hat“.
Sheldon Sampson hat während der Weltwirtschaftskrise sein Vermögen verloren und bricht 1932 zu einer mysteriösen Insel auf. Mit dabei sind sein Bruder Walter und seine spätere Ehefrau Grace. AchtzigJahre später steht das Trio an der Spitze einer mächtigen Gruppe von Superhelden. Walter versucht seine Kräfte dazu einsetzen, um die sich in einer Krise befindenden USA politisch und wirtschaftlich zu reformieren. Doch der patriotische Sheldon will sich nicht in die inneren Angelegenheiten seines Landes einmischen und verrichtet stur seinen Job als Superheld Utopian. Der Konflikt eskaliert und hat gewaltige Auswirkungen auf das Leben von Sheldons sehr unterschiedlich veranlagten Kindern Cloe und Brandon.
Mit Jupiter’s Legacy gelang dem Schotten Mark Millar nach den erfolgreich verfilmten Comic-Reihen Wanted, Kick-Ass und Kingsman – The Secret Service einmal mehr eine sehr ungewöhnliche Geschichte über speziell begabte Menschen. Die Mischung aus Familientragödie, Superhelden-Epos und Polit-Thriller funktioniert bestens.
Die in diesem Panini-Sammelband enthaltenen ersten fünf Hefte erzeugen in vielerlei Hinsicht Spannung auf den weiteren Verlauf der Serie. Der Sammelband endet mit einem gewaltigen Cliffhanger, hüllt sich aber auch bezüglich der Ereignisse, die Anno 1932 auf der geheimnisvollen Insel geschehen sind, in ziemliches Schweigen.
Qualität hat nicht nur ihren Preis, sondern braucht auch ihre Zeit. Zwischen der Veröffentlichung, der ersten fünf Hefte von Jupiter’s Legacy verging ein Zeitraum von fast zwei Jahren. Die Akribie mit der, der genau wie Mark Millar in Glasgow lebende, Frank Quitely (All Star Superman) gearbeitet hat, ist jedem der meist sehr breiten Panels deutlich anzusehen. Die auch von Quitely getuschten Zeichnungen sehen einmal mehr eher “europäisch“ als “amerikanisch“ aus.
Mark Millar ist nicht nur Texter, sondern auch Herausgeber der unter seinem Label Millarworld bei Image erscheinenden Serie. Er hat sich dazu entschlossen mit der Fortsetzung erst an den Start zu gehen, wenn die nächsten fünf Hefte fertiggestellt sind. Stattdessen brachte er im Monatstakt die 12-teilige Ableger-Serie Jupiter’s Circleheraus, die von mehreren Zeichnern wie Wilfredo Torres oder Davide Gianfelice. gezeichnet wurde und im Jahre 1959 spielt.
Abschließend sollte Panini noch dafür gelobt werden, dass der Jupiter’s Legacy Band nicht nur die ersten fünf Hefte enthält, sondern auch noch die – wie immer in der Millarworld – graphisch sehr interessanten Variant-Cover enthält, die von hochklassigen Comic-Künstlern wie Bryan Hitch, Dave Johnson, Phil Noto, John Cassaday, Duncan Fegredo oder Jock stammen.
Ernest Hemingway schrieb den Kurzroman Der alte Mann und das Meer 1952 auf Kuba. Es sollte nicht nur sein bekanntestes Werk werden, sondern auch das letzte, dass zu seinen Lebzeiten erschienen ist. Das Werk wurde mit Spencer Tracy und später mit Anthony Quinn verfilmt, mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet und trug maßgeblich dazu bei, dass Hemingway 1954 den Nobelpreis für Literatur erhielt.
Die Hauptfigur ist der Fischer Santiago, der schon sehr lange keinen Fang mehr hatte. Sein junger ehemaliger Gehilfe Manolin arbeitete mittlerweile bei erfolgreichen Fischern, hält jedoch den Kontakt zum alten Mann. Dieser fährt schließlich mit kleinem Boot sehr weit heraus um seine Pechsträhne zu beenden. Tatsächlich gelingt es Santiago auch einen großen Schwertfisch an seinen Haken zu bekommen. Doch mit diesen an Land zurückzukehren erweist sich als äußerst problematisch…
Der 1966 in Périgueux geborene Grafiker und Illustrator Thierry Murat (Lauras Lied, Der Mörder weinte) setzte Hemingways schlichte aber ergreifende Prosa in ebensolche Bilder um. Murats Bilder sind großformatig und enthalten jeweils nur wenige Details und Farben. Doch gemeinsam mit Hemingways gekürztem Originaltext setzt sich bei der Lektüre eine spannende Geschichte zusammen, die als Aufforderung niemals aufzugeben verstanden werden kann.
Murat liefert auch eine mögliche Erklärung zum Zustandekommen der Geschichte. Er lässt in seinem Comic Ernest Hemingway persönlich auftreten und zeigt, wie sich dieser vom kleinen Manolin die Geschichte von Santiagos Kampf gegen den Schwertfisch erzählen lässt. Der Comic zeigt am Ende, wie sich Hemingway an die Schreibmaschine setzt und Der alte Mann und das Meer zu Papier bringt.
Speziell der erste Star Wars-Film, der seinerzeit bei uns im Februar 1978 neun Monate nach dem US-Start als Krieg der Sterne in die Kinos kam und heute den Untertitel Episode IV – Eine neue Hoffnung trägt, wurde immer wieder neu als Comic adaptiert.
Aktuell liegt bei Panini eine recht eigenwillig aber sehr ansprechend visualisierte brasilianische Comic-Version vor.
Der erste Comic zu Star Wars entstand bei Marvel und wurde gezeichnet und veröffentlicht, noch bevor der zugehörige Film in die Kinos kam. Dem Autor Roy Thomas (75 Years of Marvel Comics) diente das Drehbuch als Vorlage und daher ließ er den Zeichner Howard Chaykin Situationen in Szene setzen, die im Kino gar nicht zu sehen waren (obwohl sie teilweise gedreht wurden).
Als George Lucas 1997 eine überarbeitete und um zusätzliche Szenen ergänzte “Special Edition“ von Episode IV in die Kinos brachte, kam bei Dark Horse auch eine neue Comic-Version zum Film heraus.
Hierbei mitgearbeitet hat auch Al Williamson, der wohl beste Star Wars-Zeichner, der den Comic zu Dino de Laurentiis´ Flash Gordon, sowie die definitiven Adaptionen zu Episode V und Episode VI zeichnete.
Zur selben Zeit zeichnete Hisao Tamaki eine Manga-Version, die sehr eigenwillig geraten ist,
Der Manga enthält jedoch nicht die zusätzlichen Szenen der “Special Edition“.
Dies gilt auch für die 2015 in Brasilien erschienene Comic-Version. Hier erzählen Alessandro Ferrari, Alessandro Pastrovicchio und Matteo Piana auf wenig mehr als 60 Seiten die Filmgeschichte recht kompakt erzählt.
Dank der stimmungsvollen Farbgebung und des ungewöhnlichen Figuren-Designs handelt es sich vielleicht sogar um die bisher schönste Comic-Nacherzählung des Filmklassikers.
Doch auch Howard Chaykins erste Comic-Adaption von Star Wars bekam einen neuen Anstrich..
Im zweiten Band der Star Wars Comic-Kollektion von Panini ist eine von Chris Sotomayo neu kolorierte Version von Howard Chaykins klassischem Comic enthalten.
Bereits 1947 entstand Le Crabe aux pinces d’or, der erste Film mit Tim und Struppi, doch dieser wurde lediglich zweimal in einem Kino in Brüssel gezeigt.
Mit Die Krabbe mit den goldenen Scheren wurde jene Comic-Geschichte von Hergé adaptiert, die Steven Spielberg knapp 65 Jahre später auch zur Grundlage eines sehr viel aufwändigeren Animationsfilms machen sollte.
Le Crabe aux pinces d’or ist ein schwarzweißer knapp einstündiger Film, der großteils mit kleinen Puppen im Stop-Motion-Verfahren gedreht wurde. Gelegentlich gab es aber auch “richtige“ menschliche Hände oder Dokumentaraufnahmen von Schiffen zu sehen. Obwohl der Film gut ankam, wurde er kein Erfolg, da der Produzent Wilfried Bouchery Geldprobleme hatte und nach Argentinien floh.
Mittlerweile liegt der Animations-Film in Belgien und Frankreich auf DVD vor.
Zwölf Jahre später ging es dann weiter mit dem bewegten Tim. Von 1959 bis 1964 produzierte die belgische Firma Belvision mit „Les Aventures de Tintin, d’après Hergé“ eine Zeichentrickserie, die zunächst noch in schwarzweiß gedreht wurde.
Insgesamt entstanden 103 eher schlicht animierte 5-minütige Episoden, die auch in den USA und in Großbritannien gezeigt wurden, aber nicht bei uns.
Eine Ausnahme ist die Belvision-Adaption des Comics “Der Fall Bienlein“, die auf DVD gemeinsam mit den Kino-Zeichentrickfilmen “Tim und Struppi im Sonnentempel“ und “Tim und der Haifischsee“ veröffentlicht wurde.
1961 und 1964 wurden mit “Das Geheimnis um das Goldene Vlies“ und “Tim und die blauen Orangen“ zwei Realverfilmungen gedreht, für die allerdings nicht auf Hergés Comicalben zurückgegriffen wurde, sondern Remo Forlani und Andre Barret dachten sich neue Geschichten aus.
Die Idealbesetzung für Hergés etwas naiven Helden wurde mit Jean-Pierre Talbot gefunden. Dieser drehte danach jedoch keine weiteren Filme mehr, sondern arbeitete als Lehrer .
Der erste der beiden Realfilme erzählt davon, wie Kapitän Haddock (Georges Wilson) ein Schiff namens Das Goldene Vlies von einem alten Freund erbt. Gemeinsam mit Tim und Struppi reist er deswegen nach Istanbul. Bei der Erbschaft handelt es sich jedoch um ein Wrack, an dem trotzdem einige düstere Gestalten großes Interesse zeigen. Dies hängt mit einem Schatz zusammen. Das Geheimnis um das Goldene Vlies entstand vor Ort in der Türkei und Griechenland, zeigt aber auch das Schloss Mühlenhof, in dem Kapitän Haddock residiert.
Drei Jahre später wurde Tim und die blauen Orangen als französisch-belgisch-spanische Koproduktion 1964 rund um Valencia gedreht. Den Kapitän Haddock spielte jetzt Jean Bouise. Diesmal ging es um eine mysteriöse blaue Orange, die angeblich auch in der Wüste wachsen kann und dadurch das Hungerproblem lösen könnte. Doch eine internationale Verbrecherbande will sich die Erfindung unter den Nagel reißen.
Beide Realfilme gerieten recht farbenfroh und sind voller typischer Tim und Struppi-Situationen. So treten natürlich auch Professor Bienlein, Schultze und Schultze sowie die Operndiva Bianca Castafiore auf. Doch obwohl alle Zutaten der Comics enthalten sind, gerieten die Filme sehr viel alberner als Hergés Vorlagen. Wahrscheinlich fehlt dessen ausgefeilter Ligne-Claire-Zeichenstil , der unerlässlich ist, zum Vermitteln seiner ebenso komischen wie spannenden Geschichten.
Doch auf alle Fälle ist es sehr erfreulich, dass diese beiden filmischen Kuriositäten, die es seinerzeit nicht bis in die deutschen Kinos schafften, endlich bei uns auf DVD und Blu-ray erschienen sind.
Hergé war sehr unzufrieden mit den beiden Realverfilmungen und bedauerte es sehr, dass er sich nicht mit Philippe de Broca einigen konnte, der Anfang der 60er Jahre eine Verfilmung von Tim und Struppi plante. Stattdessen drehte de Broca 1964 mit Jean-Paul Belmondo die Action-Komödie Abenteuer in Rio, die Hergé für die beste Verfilmung seines Comics hält.
1969 schließlich folgte der ebenso wie die TV-Serie von Belvision produzierte aufwändige Zeichentrickfilm Tim und Struppi im Sonnentempel. Als Grundlage für die Geschichte dienten die Comicalben “Die sieben Kristallkugeln“ (das ziemlich zusammengekürzt wurde) und “Der Sonnentempel“ (das recht werkgetreu umgesetzt wurde).
Neben Hergé, der auch kurz als Zeichentrick-Figur zu sehen ist, arbeiteten am Drehbuch und am Design des Films die Comickünstler Bob de Moor, Jacques Martin und Michael Regnier alias Greg mit. Der bekannte französische Chansonsänger Jacques Brel schrieb einige Songs für den Film.
Zudem wurden noch einige Tanz-Einlagen, sowie ein nicht im Comic vorkommendes Inka-Mädchen eingebaut. Dadurch, aber auch wegen der plastisch kolorierten Hintergrundgemälde, die so gar nichts von Hergés Ligne Claire haben, erinnert Tim und Struppi im Sonnentempel sehr stark an eine Produktion aus dem Hause Disney und weniger an die dem Film zugrunde liegenden Comics.
Doch insgesamt bietet der sorgfältig gestaltete Zeichentrickfilm spannende Unterhaltung, die durch allerlei Gags aufgelockert wird.
Drei Jahre später kam ein weiterer aufwändig animierter Trickfilm von Belvision namens Tim und Struppi und der Haifischsee in die Kinos, der genau wie die beiden Realfilme wieder eine neue Geschichte erzählte. Nicht ganz ohne Grund wird Tim auf dem deutschen Kinoplakat als “der James Bond des Zeichentricks“ bezeichnet.
Die ebenso spannende wie lustige Story erinnert gelegentlich durchaus an einen groß angelegten Kinofilm mit 007. Es wird erzählt, wie Tims Erzfeind Rastapopoulos plant, die größten Kunstwerke der Welt gegen Fälschungen auszutauschen, die er durch einen 3D-Kopierer anfertigen will. Die Originale hortet der Monokel tragende Schurken in seinem Geheimversteck auf dem Grunde des Haifischsees.
Die Geschichte nutzt zwar bekannte Figuren und auch das haifisch-förmige U-Boot aus den Comics, stammt jedoch nicht von Hergé, sondern von Greg.
1973 entstand auf der Basis des Drehbuchs ein 44-seitiger Comic zum Film, der als Band 23 in die reguläre Reihe eingegliedert wurde. Doch das Cover, auf dem Filmstreifen zu sehen sind, signalisiert recht deutlich den Unterschied zu den übrigen Comic-Alben.
Der Comic enthält eine Zusammenstellung von Standbildern aus dem Film, die mit Sprechblasen versehen sind.
Eine nachgezeichnete Version des Film-Comics erschien 1973 im Comic-Magazin ZACK.
Sehr werkgetreu geriet die zwischen 1991 und 1993 produzierte 39-teilige französisch-kanadische Zeichentrickserie Les Aventures de Tintin, die fast alle Comicalben sorgfältig für das Fernsehen adaptierte.
Abgesehen von Im Lande der Sowjets und Tim im Kongo (wurde wegen seiner rassistischen Tendenzen weggelassen) wurden hier alle Tim und Struppi-Comics sehr nahe am Original, aber oft auch etwas uninspiriert adaptiert, wobei Kapitän Haddock in den Episoden eher abstinent rüberkommt.
Aus den meisten Comic-Alben entstanden hierbei zweiteilige Trickfilme. Der 1983 verstorbene Hergé konnte dies leider nicht mehr miterleben. Als Trickfilmcharakter hat er jedoch in jeder Episode einen kleinen Gastauftritt á la Hitchcock.
Mit modernster Tricktechnik wäre es wohl denkbar eine “werkgetreue“ Verfilmung von Hergés Comic-Reihe auf die Leinwand zu zaubern. Doch dies durfte nicht erwartet werden, als Steven Spielberg 2011 Die Abenteuer von Tim und Struppi: Das Geheimnis der Einhorn inszenierte.
Der Film erweist im schönen flächig animierten Vorspann und gleich danach mit einem Gastauftritt – ein computeranimierter Hergé porträtiert als Flohmarkt-Karikaturist den computeranimierten Tim in seinem typischen Ligne-Claire-Stil – dem belgischen Comicmeister seinen Respekt. Danach jedoch zieht der Erfolgsregisseur auch in seinem ersten selbst in Szene gesetzten Trickfilm voll sein Ding durch.
Das ist zunächst etwas anstrengend, denn die Figuren sehen weder wie ihre Ebenbilder aus dem Comic aus, aber auch nicht – trotz zahlloser Details – wie richtige Menschen. Zudem ist auch noch die Kamera ständig in Bewegung, damit das Ganze als 3D-Film auch ja schön plastisch wirkt.
Die zunächst aus Hergés Album Das Geheimnis der Einhorn übernommene Geschichte beginnt – durchaus werkgetreu – etwas lahmarschig und erzählt von Schiffsmodellen die Schatzkarten enthalten. Doch wenn dann zusätzlich noch Elemente aus dem Comic Die Krabbe mit den goldenen Scheren – jenem Album in der Tim den beliebten Polter- und Trunkenbold Haddock kennenlernt – gewinnt der Film ganz schön an Fahrt.
Im Laufe der munter neu remixten Geschichte gibt es reichlich aus den Comics übernommene Situationen, aber auch eine wild turbulente Verfolgungsjagd durch einen afrikanischen Küstenort, die alle Indiana-Jones-Actionszenen blass aussehen lassen. Jene Sequenz, in der Kapitän Haddock sich in seinen gegen Piraten ankämpfenden Vorfahren hineinversetzt, hingegen, kann locker mit den besten Momenten aus Fluch der Karibikmithalten. Wenn es um das in Szene setzten von lustigen Turbulenzen geht, ist Spielberg immer noch unerreicht und zeigt ganz nebenbei den Pixar-Leuten, die sich gerade mit Cars 2 lächerlich machten, dass es doch möglich ist mit computeranimierter Action zu unterhalten.
Aus Hergés Einhorn-Fortsetzung Der Schatz Rackham des Roten übernimmt der Film nur Fragmente und spart sich den Ausgang der Geschichte (sowie den ersten Auftritt von Professor Bienlein) für eine dann wohl von Peter Jackson in Szene gesetzte Fortsetzung auf. Insgesamt richtet sich der Film eher an das große Publikum als an die Fans der Tim und Struppi-Comics. Doch unterhaltsamer als die werkgetreue aber sehr brave TV-Trickfilmserie oder die sonstigen Kino-Auftritte von Hergés Helden ist das Ganze allemal.
Derzeitig ist Peter Jackson dabei die Fortsetzung The Adventures of Tintin: Prisoners of the Sun zu produzieren.
Der für seine opulenten Bildbände bekannte britische Verlag Dorling Kindersley (Star Trek – Die visuelle Enzyklopädie) hat sich bereits in einem ähnlich aufgebauten Buch des Marvel-Universums angenommen. Im Marvel Avengers Lexikon der Superhelden waren über 225 Helden und Schurken enthalten. Da nach dem Kinofilm Batman v Superman: Dawn of Justice geplant wurde, bis 2020 mindestens zehn Kinofilme mit DC-Heroen in die Kinos zu bringen, war es an der Zeit einen lexikalischen Überblick zu den entsprechenden Supeherhelden, Schurken und Teams zu bieten.
DC Comics – Das große Superhelden-Lexikon erschien bereits in mehreren Auflagen und wurde 2019 noch einmal „erweitert und aktualisiert“. Doch die Neuausgabe ist mit 216 Seiten kaum umfangreicher als die vorherigen Editionen. Wieder sind mehr als 200 Einträge enthalten. Auf jeweils einer Seite wird sich nicht nur mit den bekannten DC-Helden wie Batman oder Wonder Woman beschäftigt, sondern es ist auch Raum für abstruse Charaktere wie Supermans Hund Krypto, den affigen Detective Chimp oder den riesigen außerirdischen Seestern Starro. Doch auch Menschen wie Du, ich oder Lois Lane, Jimmy Olsen und James Gordon finden Aufnahme ins Lexikon.
Im Vergleich zu Dorling KindersleysMarvel-Lexikon sind die Angaben zu den einzelnen Figuren etwas spärlich. So ist zwar die jeweilige Größe, das Gewicht sowie der Beruf zu erfahren. Doch zu Haar- und Augenfarbe schweigt sich das Lexikon aus und statt einer zahlenmäßigen Erfassung werden die jeweiligen Superkräfte und Fähigkeiten beschrieben.
Aufgelistet wird, genau wie in der zeitgleich erschienen englischen Originalausgabe dieses „Ultimate Character Guide“ der Status Quo von 2019. Batgirl ist wieder Barbara Gordon und Stephanie Brown, Spoiler. Dass in den Kostümen von Flash und Green Lantern nicht immer Barry Allen und Hal Jordan stecken, sondern auch Wally West oder Guy Gardener, findet in der Neuausgabe Berücksichtigung.
So mancher kühne DC-Recke, wie etwa Blue Devil, Hush, Gentleman Ghost oder gar Creeper blieb in der Neuauflage unbesungen, bzw. musste seinen Platz räumen für neue Platzhirsche wie Batwing, Guardian oder den zuvor sträflich ignorierten Hellblazer John Constantine. Die Bebilderung wurde komplett neu erstellt und ist insgesamt noch beeindruckender und ikonischer als in den vorherigen Ausgaben.
Auch der dritte Band der in chronologischer Reihenfolge geordneten und einfühlsam kolorierten Ausgabe der italienischen Kult-Comic-Reihe „Dylan Dog“ enthält wieder drei in sich abgeschlossene Geschichten.
Die Stories wurden erstmals 1987 in Italien veröffentlicht und sind zuvor nicht bei erschienen. Die Geschichten stammen aus der Feder von Tiziano Sclavi und wurden von drei verschiedenen Zeichnern kunstvoll in Szene gesetzt.
“Stille Dämmerung“ spielt im kleinen schottischen Örtchen Inverary. Das Leben der jungen attraktiven Mabel Carpenter geht Tag für Tag seinen geregelten Gang. Manchmal wundert sie sich ein wenig, dass einige ihrer Mitbürger etwas derangiert aussehen, weil die Haut abplatzt und die Adern hervorschauen. Doch innerhalb kürzester Zeit sehen die Dörfler wieder wie neu aus. Mabel ruft Dylan Dog zur Hilfe und dieser taucht schon recht bald mit seinem Assistenten Groucho in Inverary auf. Er stellt fest, dass in Mabels Heimatsort niemand stirbt oder altert. Eine mögliche Erklärung liefert Edgar Allan Poes Kurzgeschichte “Die Tatsachen im Falle Waldemar“. Diese Short Story haben die Zeichner Giuseppe Montanari und Ernesto Grassaniam Ende von “Stille Dämmerung“ recht stilvoll und werkgetreu adaptiert. Die Geschichte bietet eine eher sanfte gruselige Atmosphäre und erinnert von ihrer Stimmung an Episoden aus der englische TV-Serie “Mit Schirm, Charme und Melone“.
“Die Rückkehr des Monsters“ geht hingegen eher in die Splatter-Richtung und die auf den ersten Blick etwas groben Zeichnungen von Luigi Picatto passen sehr gut zur Geschichte, die ebenso blutig beginnt wie endet. Es geht um die 16-jährige Leonora Steele, deren komplette Familie brutal ermordet wurde. 16 Jahre später entflieht der irre Mörder aus der psychischen Klinik, in die er seinerzeit eingewiesen wurde. Die blinde Leonora bittet Dylan Dog um Hilfe und dieser stellt fest, dass vieles nicht so ist, wie es anfangs erschien. “Die Rückkehr des Monsters“ ist nicht nur spannend und blutig erzählt, sondern bietet auch ein überraschendes doch durchaus logisch konstruiertes Ende. Für mich ist die Geschichte der Höhepunkt dieses Bands.
Doch auch die letzte Story “Alpha und Omega“ ist nicht ohne. In eine völlig andere Richtung geht nicht nur der nervöse doch dabei sehr realistische Zeichenstil von Corrado Roi, der etwas an den Batman-Künstler Kelley Jones denken lässt. Diesmal kommt das Grauen aus dem Weltraum und hängt mit einem geheimen Raumfahrt-Programm der USA zusammen, das noch vor dem Start des russischen Satelliten Sputnik erfolgreich begonnen wurde. Da die Rakete einen nuklearen Sprengkopf transportierte, wurde der Start 1953 geheim gehalten. Dies rächt sich 34 Jahre später und Großbritannien wird von einer Bedrohung aus dem All heimgesucht. Innerhalb dieser spannenden Geschichte sind zahlreiche Anspielungen auf Stanley Kubricks Klassiker “2001: Odyssee im Weltraum“ und weitere Science-Fiction-Filme zu finden.
Über die Qualität der einzelnen Zeichenstile kann sich zwar gestritten werden, doch die drei Geschichten von Tiziano Sclavi sind jede für sich gelungen und spannend. Die Stories decken insgesamt ein breites Spektrum des Fantasy-, Horror und Science-Fiction-Genres ab. Lediglich Zombies kommen nicht vor. Daher verwundert es etwas, dass sich das Vorwort des Buchs ausführlich mit den Untoten beschäftigt und dabei auch einige italienische Zombie-Romane ausführlich würdigt, die es gar nicht in deutscher Übersetzung gibt. Hier wären mehr Hintergrundinfos zu Dylan Dog und seinen Schöpfern sicher interessanter gewesen.
Nachdem Hugo Pratt 1995 verstarb, war zu vermuten, dass seine bekannteste Schöpfung ihm ins Grab folgen würde. Doch mehr als 20 Jahre später erscheint tatsächlich wieder ein neuer Comic mit dem melancholischen Matrosen Corto Maltese.
Bei uns ist es der Verlag Schreiber & Leser, der als Band 13 seiner schönen Corto Maltese Edition den Neustart der Serie veröffentlichen. Genau wie bei den von Hugo Pratt gezeichneten Comics gibt es auch diesmal wahlweise eine Farbausgabe oder eine in limitierter Auflage veröffentliche schwarzweiße Edition mit Variant-Cover, sowie einige interessant aus Illustrationen, Skizzen und Texten zusammengestellte einleitende Seiten. Hier findet sich auch dieses Zitat von Hugo Pratt: “Der Gedanke, dass jemand Corto Maltese eines Tages nimmt und einfach weiterschreibt, schockiert mich überhaupt nicht.“
Eine große Überraschung war die Nachricht, dass die italienische Traditionsserie von zwei Spaniern fortgeführt wird. Die Geschichte Unter der Mitternachtssonne wurde von Juan Diaz Canales (Blacksad) getextet und die Zeichnungen stammen von Rubén Pellejero (Dieter Lumpen). Beide erweisen sich als gute Wahl. Genau wie Pratt konfrontiert Canales seine Fabulierfreude mit tatsächliche Ereignissen, real existierenden Personen und einer Hauptfigur, die – ohne es sonderlich darauf angelegt zu haben – immer dort landet, wo gerade das größte Abenteuer abgeht.
Unter der Mitternachtsonne erzählt auf 77 Seiten ein durchgehendes Abenteuer, das im Jahre 1915 angesiedelt ist. Nachdem Corto anfangs in Eiseskälte und in Bullenhitze wieder mit seinem Erzfreund Rasputin unterwegs ist, wollte er eigentlich seinen Kumpel den Schriftsteller Jack London auf der Weltausstellung in San Francisco treffen. Doch dieser hält sich in gerade in Mexiko auf, bittet Corto aber seiner Freundin, der japanischen Frauenrechtlerin Waka Yamada, einen Brief zu überbringen.
Auf dem Weg nach Norden hat Corto Maltese zahlreiche merkwürdige aber auch gefährliche Begegnungen. Am skurrilsten ist sicherlich der “Eskimo-Tyrann“ Ulkurib. Dieser überlebte als einziger einen Trip seiner Familie, die in einem französischen Zoo ausgestellt wurde. Er nutzte seinen Aufenthalt um die Schriften von Robespierre zu studieren. Nach der Rückkehr in seine Heimat zettelte er einen Inuit-Aufstand an und führte die Guillotine ein.
Die episodenhafte Geschichte von Canales inszeniert Pellejero in Bildern, die stark an die Zeichnungen von Hugo Pratt erinnern, aber trotzdem nicht wie abgekupfert wirken. Hier und da setzt Pellejero auch eigene Akzente, etwa bei der auf schwarzem grund in Szene gesetzten Rückblende, die erklärt warum UlkuribUnter der Mitternachtssonne auf Abwege geriet.
Das spanische Duo ist eine gute Wahl und es ist erfreulich, dass weitere Abenteuer mit Corto Maltese auf diesem Niveau möglich sind.