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Will Eisner – Graphic Novel Godfather

Erst 1977 kamen die Comics von Will Eisner nach Deutschland. Ein großformatiges Album des Nelson Verlags enthielt eine recht ansprechend zusammengestellte Auswahl von Geschichten mit dem maskierten Privatdetektiv Denny Colt alias The Spirit, weitere Ausgaben blieben mangels Erfolgs jedoch aus.

Will Eisner – Graphic Novel Godfather

Zeitnah zur US-Veröffentlichung und schön aufgemacht als Hardcover-Band brachte Zweitausendundeins 1980 Eisners erste Graphic Novel Ein Vertrag mit Gott heraus. Ein Jahr später startete Carlsen eine gebundene Edition mit ausgewählten Spirit-Geschichten und ab 2001 erschienen beim Salleck Verlag 24 Bände der Reihe The Spirit Archive.

Will Eisner – Graphic Novel Godfather

Auch sehr viele von Eisners Graphic Novels haben deutsche Verleger gefunden und 2005 widmete die Reihe F. A. Z. – Klassiker der Comic-Literatur Will Eisner sogar einen ihrer 20 Bände.

F. A. Z. - Klassiker der Comic-Literatur

Die meisten deutschen Editionen enthalten fundierte Vor- und Nachworte.Hinzu kommen zahlreiche Artikel in der Comic-Fachpresse, inklusive einer Eisner-Ausgabe des Fachmagazins Reddition.

Will Eisner – Graphic Novel Godfather

Es scheint so, als wenn mittlerweile auch hierzulande fast alles von und über den 2005 verstorbenen Comic-Großmeister veröffentlicht wurde.

Will Eisner – Graphic Novel Godfather

Dass dem keineswegs so ist, belegt ein reich bebilderter Band, in dem sich Alexander Braun genauso ausführlich, fundiert und mitreißend mit Will Eisner beschäftigt, wie zuvor in seinen Werken über Winsor McCays Little Nemo und George Herrimans Krazy Cat. Das großformatige gebundene Buch Will Eisner – Graphic Novel Godfather ist zudem noch der Katalog zu einer Ausstellung, die u. a. anlässlich des Comic-Salons 2022 im Kunstmuseum Erlangen zu sehen war.

Will Eisner – Graphic Novel Godfather

Daher sind zahlreiche bestens reproduzierte und ausführlich kommentierte Originale von Eisners Comicseiten enthalten. Diese sind Teil eines spannenden Exkurses durch Leben und Werk des Comickünstlers. Braun vermittelt Einblicke in die auch heute noch erstaunlich innovativen Erzähltechniken und zeigt auf, wo Elemente aus Eisners Biografie in die Geschichten eingeflossen sind.

Will Eisner: PS Magazine

In chronologischer Reihenfolge beschäftigt sich das Buch mit den verschiedenen Schaffensphasen. Braun schildert wie The Spirit entstanden ist, wie Eisner die Arbeit an der Serie 1942 unterbrach, weil er eingezogen wurde. Doch auch als Soldat arbeitete er weiter daran, die Möglichkeiten des Medium Comics zu erforschen. Das Resultat waren gezeichnete Ratgeber, in denen Eisner mit Humor – aber auch sehr eindringlich – dazu aufforderte, sorgfältig mit der militärischen Ausrüstung umzugehen, denn Nachlässigkeit kann tödlich sein.

Will Eisner – Graphic Novel Godfather

Eisner kehrte nach dem Zweiten Weltkrieg zum Spirit zurück, aber auch wieder zu den militärischen Ratgebern. Beflügelt von den Underground-Comix folgten freizügigere Spirit-Geschichten und schließlich die Graphic Novels. In den letzten Kapiteln seines Buchs widmet sich Alexander Braun unter dem Motto “Tenement-Fieber: Leben im Mietshaus“ mit einem Leitmotiv im Werk von Eisner (siehe New York – Großstadtgeschichten) oder und mit den “jüdischen Aspekten“, denn in den Spätwerken Fagin the Jew und Das Komplott: Die wahre Geschichte der Protokolle der Weisen von Zion wurde Antisemitismus besonders stark thematisiert.

Will Eisner: Ich bin Fagin

Großartig ist auch das letzte Kapitel. Braun präsentiert hier aussagekräftige Auszüge aus seinen Gesprächen mit Denis Kitchen, dem “Verleger und Freund“ von Will Eisner. Sehr lebendig kommt hier der Mensch hinter den Comics zum Vorschein.

Will Eisner – Graphic Novel Godfather

Braun gelang ein großartiges Buch, dessen Lektüre ich immer wieder unterbrechen musste, um zum Bücherregal zu eilen, um die von Braun hervorgehobenem Spirit-Geschichten oder besonders gelungene Passagen aus den Graphic Novels zu lesen. Im Rahmen des Comicfestival München 2021 hat Alexander Braun die PENG!-Preise in den Rubriken BESTE EDITION EINES KLASSIKERS und BESTE SEKUNDÄRLITERATUR erhalten.

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Will Eisner: Ich bin Fagin

In seinem letzten Comic Das Komplott – Die wahre Geschichte der Protokolle der Weisen von Zion beschäftigte sich Will Eisner (Ein Vertrag mit Gott) kurz vor seinem Tod 2005 sehr ausführlich mit Antisemitismus und einem gefälschten Dokument, das die angebliche jüdische Weltverschwörung belegen soll. Bereits zwei Jahre zuvor hat Eisner ein ähnliches Thema behandelt.

Will Eisner: Ich bin Fagin

In Charles Dickens Roman Oliver Twist gibt es einen nicht eben sympathisch gezeichnete jüdischen Straßenganoven namens Fagin, der eine ganze Kinderschar zu Straftaten anstachelt. Einige von Dickens‘ Zeitgenossen empfanden diese Figur als eine unangenehme rassistische Karikatur. Dies wurde noch durch George Cruikshanks Illustrationen zum Roman unterstrichen, in denen Fagin hässlich mit Zottelbart und Hakennase dargestellt wurde.

Oliver Twist George CruikshanksIllustration zu Oliver Twist von George Cruikshanks

Der Autor eliminierte in späteren Auflagen etliche Stellen in denen er Fagin einfach nur als “Der Jude“ bezeichnet hatte. Doch das Klischee vom diebischen und hinterhältigen Juden überlebte. So legte sich z. B. Alec Guinness 1948 bei einer Oliver Twist-Verfilmung von David Lean bei seiner Darstellung des Fagin dermaßen stark in die (rassistische) Kurve, dass viele seiner Szenen in den USA und bei uns herausgeschnitten wurden.

Will Eisner: Ich bin Fagin

Ungefähr zur selben Zeit ließ Eisner neben seinem maskierten Comic-Detektiv The Spirit einen kleinen dunkelhäutigen Helfer namens Ebony agieren, den Brian Michael Bendis nicht grundlos im Vorwort zu diesem Buch als “offen gesagt ziemlich rassistische Karikatur“ bezeichnet. In späteren Jahren, als sich Eisner in seinen Comics wie in Zum Herzen des Sturms (enthalten im Sammelband Lebensbilder) mit seiner jüdischen Herkunft beschäftigte, war ihm dieser Ebony etwas peinlich.

Will Eisner: Ich bin Fagin

Dies könnte einer der Gründe sein warum Eisner sich mit Dickens‘ markanter Nebenfigur Fagin beschäftigte. In seinem 2003 entstandenen Comic Fagin the Jew (der deutsche Titel des Buch ist mit “Ich bin Fagin“ alle andere als werkgetreu) erhält der Schurke eine tragische Vorgeschichte an. Nah orientiert an historischen Tatsachen erzählt Eisner, was es bedeutete im London des 19. Jahrhunderts als jüdisches Kind aufzuwachsen.

Will Eisner: Ich bin Fagin

Der schon früh seinen Vater verlierende Fagin wird am Anfang des Comics gar zu einer Art jüdischen Oliver Twist. Eisners Bestreben historische Zusammenhänge zu vermitteln, lassen diesen Teil der Geschichte manchmal etwas arg konstruiert wirken. In der zweiten Hälfte seines Comics erzählt Eisner, der auch Moby Dick und Don Quichotte als Comic adaptierte, die aus Dickens‘ Oliver Twist bekannte Geschichte noch einmal neu. Dabei lässt er Fagin allerdings deutlich sympathischer erscheinen.

Will Eisner: Ich bin Fagin
Cover der Originalausgabe

Abgerundet wird dieses sehr schön editierte Buch durch hochinteressante Vor- und Nachworte von Eisner und dem Journalisten Jeet Heer. Der Comicautor Brian Michael Bendis (Ultimate Spider-Man) schreibt in seinem Vorwort recht treffend zu Fagin the Jew: “Ich finde, einen wahren Meister erkennt man daran, dass auch eins seiner kleinen Werke ein wichtiges Werk ist.“

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