Schlagwort-Archive: Palästina

Süddeutsche Zeitung Bibliothek – Graphic Novels I

Sechs Jahre nach dem Erscheinen der 12-bändigen Bild-Comic-Bibliothek und der 20-bändigen Reihe Klassiker der Comic-Literatur – Ausgewählt vom F. A. Z. – Feuilleton versuchte sich 2011 eine weitere Zeitung am Verlegen einer Comic Edition. Die Süddeutsche Zeitung meidet jedoch das vermeintlich infantil belegte Wort “Comic“ und verlegt unter dem Motto “Literatur trifft Illustration“ zehn “Graphic Novels ausgezeichneter Autoren“.

Will Eisner: Ein Vertrag mit Gott - Miethausgeschichten

Die Hardcoverbände haben ein einheitliches Format von 17 x 25 cm und sind mit Lesebändchen und fundierten Vorworten sehr ansprechend aufgemacht. Auch die Auswahl der Titel ist – abgesehen von einem ganz schön peinlichen Ausreißer (siehe unten) – recht gelungen.

Will Eisner: Ein Vertrag mit Gott - MiethausgeschichtenZwar konnte Art Spiegelman nicht davon überzeugt werden, sein mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnetes Meisterwerk Maus für die Reihe zur Verfügung zu stellen. Doch mit Ein Vertrag mit Gott von Will Eisner wurde dennoch der optimale Titel gefunden, um die Reihe zu eröffnen. Dieser Comic gilt als die erste Graphic Novel, doch eigentlich handelt es sich nicht um einen “gezeichneten Roman“, sondern um eine lose durch die Örtlichkeit – ein Mietshaus in New York – zusammenhängende Sammlung von vier Kurzgeschichten.

Will Eisner: Ein Vertrag mit Gott

Die Titelstory handelt von einem frommen Mann, der nach dem Tode seiner Tochter seinen Glauben verliert und zum rücksichtslosen Geschäftsmann wird. Außerdem geht es um einen talentierten Straßensänger, der kurz vor dem großen Durchbruch viel (nicht ganz unverdientes) Pech hat und von einem unangenehmen Hausmeister, dem so übel mitgespielt wird, dass er dem Leser am Ende leid tut. Krönender Abschluss ist die Schilderung der Landpartie einiger New Yorker. Mit großem Ensemble erzählt Eisner äußerst souverän und sehr freizügig vom Streben nach Glück und Liebe.

Persepolis - Eine Kindheit im Iran

Mit Persepolis gelang Marjane Satrapi sowohl ein Comic über die persische Geschichte als auch die nachfühlbare Schilderung einer Kindheit und Jugend in einer instabilen und bedrohlichen Umwelt.  Satrapi schildert sie und ihre Verwandten vor, während und nach der Revolution unter den wechselnden Regimen zu leiden hatten.

Persepolis - Eine Kindheit im Iran

Satrapis Familie und Freundeskreis wirken dabei nicht wie Gestalten aus Tausendundeine Nacht, sondern sehr vertraut. Persepolis ist ein in einfachen und klaren Illustrationen erzählter Comic, der unter der Leitung von Satrapi verfilmt wurde und dazu beiträgt, Vorurteile abzubauen.

Mit Gift startete 2010 die beachtliche Karriere der Zeichnerin und Autorin Barbara Yelin (Irmina). Der Comic entstand nach einem Szenario von Peer Meter (Haarmann) und handelt  von Gesche Gottfried. Diese hat 831 gestanden, fünfzehn Menschen (darunter ihre Eltern, Kinder und Ehemänner) mit “Mäusebutter“ (einem Gemisch aus Schmalz und Arsen) vergiftet zu haben. Gottfried wurde 1831 in Bremen öffentlich hingerichtet.

Süddeutsche Zeitung Bibliothek - Graphic Novels I

In der gesichtslosen chinesischen Metropole Shenzhen überwachte Guy Delisle eine Trickfilmproduktion. Abgesehen von Arbeit und langweiligen Nächten im Hotel hat Delisle eigentlich eher weniger erlebt. Die ihm unterstellten chinesischen Animatoren lernt er kaum näher kennen und die Stadt schildert er als trostlos. Delisles Comic-Reportage Shenzhen ist eine Art Ouvertüre zu seinem deutlich vielschichtigeren und sehr viel souveräner zu Papier gebrachten Comic Pjöngjang, in dem er seine skurrilen Erlebnisse in der nordkoreanischen Hauptstadt schildert.

Süddeutsche Zeitung Bibliothek - Graphic Novels I

Mit Palästina enthält auch der fünfte Band der SZ-Reihe eine Comic-Reportage. Im Winter 1991 war Joe Sacco für zwei Monate in den besetzten Gebieten Palästinas. Seine Eindrücke brachte er in einem kräftigen an Underground-Comics erinnernden Zeichenstil zu Papier.

Joe Sacco: Palästina

Im Schlusskapitel erzählt Sacco von drei israelischen Soldaten, die einen palästinensischen Jungen verhören und dabei im Regen stehen lassen, während sie trocken unter einem Vordach stehen. Mit dieser Schilderung dieser selbst vor Ort erlebten leider alltäglichen Situation gelingt Sacco ein eindringliches Gleichnis auf die immer noch verfahrene Situation in Palästina. Sacco schlussfolgert, dass der Junge bestimmt nicht denken wird: „Eines Tages werden wir eine bessere Welt haben, und diese Soldaten und ich, wir werden uns als Nachbarn grüßen.“

Alison Bechdel: Fun Home - Eine Familie von Gezeichneten

Wie sehr viele Graphic Novels ist auch Alison Bechdels Fun Home: Eine Familie von Gezeichneten eine autobiographische Erzählung. In ihrem preisgekrönten Comic erzählt Bechdel sehr sensibel von einem doppelten Coming Out mit tragischen Konsequenzen. Kurz nachdem sich sie ihren Eltern gegenüber als lesbisch outete, stahl ihr Vater ihr die Show. Er gestand homosexuell zu sein und starb kurz darauf unter Umständen, die auf Selbstmord schließen lassen…

Vertraute Fremde

Ein Comic von Jiro Taniguchi darf in dieser Edition nicht fehlen. Sein Manga Vertraute Fremde wurde als erster japanischer Comic 2003 auf dem Festival in Angoulême prämiert und auch verfilmt. Der Comic erzählt vom Architekt Hiroshi Nakahara, der nach langer Zeit wieder das Grab seiner Mutter besucht und dort er in Ohnmacht fällt. Als er erwacht, ist er plötzlich 14 Jahre alt und befindet sich im Jahre 1963. Diesen science-fiction-artigen Aufhänger verarbeitet Taniguchi in detailfreudigen Bildern zu einer sensiblen Familiengeschichte vor dem Hintergrund des langsam zu Wohlstand kommenden Nachkriegsjapans.

Jacques Tardi: Blei in den Knochen

Bei Blei in den Knochen handelt es um den dritten von fünf Comics, in denen Jacques Tardi Geschichten mit dem von Léo Mallet erfundenen Privatdetektiv Nestor Burma erzählt. Doch während es sich bei den übrigen Werken –  wie etwa 120, Rue de la Gare – um Adaptionen von Mallets Romanen handelt, stammt bei Blei in den Knochen auch die Geschichte von Tardi. Diese spielt 1957 in Paris und konfrontiert Nestor Burma mit dem Tod einer Frau und einem düsteren Kapitel aus dem besetzten Frankreich des Zweiten Weltkriegs. Die Graphic-Novel-Etikettierung passt  nur bedingt zu diesem Comicalbum , doch Tardis hier sogar farbigen, lässigen und äußerst atmosphärischen Zeichnungen kommen auch in der etwas kleinformatigeren SZ-Ausgabe sehr gut zur Geltung.

Cash – I see a Darkness

Cash – I see a Darkness ist der beeindruckende Auftakt von Reinhart Kleists Reihe mit Comic-Biografien über Musiker, die er mit Werken zu Elvis, Nick Cave und David Bowie fortsetzte. Dabei erzählt Kleist nicht nur markante Situationen aus dem daran nicht eben armen Leben von Johnny Cash, sondern setzt auch einige Songs wie I shot a Man in Reno just to watch him die oder A Boy named Sue sehr stimmungsvoll als Shortstories um. Dieser Band ist übrigens der einzige dieser SZ-Edition, der ein komplett anderes Cover als die reguläre Ausgabe des Comics hat.

Waltz with Bashir

Der zehnte Band der SZ-Reihe ist ein Ausrutscher, denn es handelt sich nicht um eine von engagierten Künstlern geschaffene Graphic Novel, sondern lediglich um einen aus Filmbildern montierten Fotocomic zu Ari Folmans eher formal als inhaltlich überzeugenden Trickfilm Waltz with Bashir.

Süddeutsche Zeitung Bibliothek – Graphic Novels II

Ganz im Gegensatz zu den Comic-Editionen von BILD und FAZ verkaufte sich die SZ-Comic-Bibliothek so gut, dass sie bereits ein Jahr fortgeführt wurde. Als 2012 die Süddeutsche Zeitung Bibliothek – Graphic Novels II  erschien, wurden nicht alle zehn Bände gleichzeitig angeboten. Zunächst wurden fünf Titel veröffentlicht, die mit 17 x 25 cm das selbe Format wie die Comics der ersten Edition hatten und die restlichen Graphic Novel wurden einen Monat später im größeren Format von 22 x 30 cm veröffentlicht.

Süddeutsche Zeitung Bibliothek – Graphic Novels 3

Auch die Verkaufszahlungen der zweite Comic-Edition der SZ  waren wieder so erfreulich, dass ein Jahr später die Süddeutsche Zeitung Bibliothek – Graphic Novels III folgte, diesmal aber nur aus acht Bänden bestand. Die Auswahl war durchwachsener als bei den vorherigen Editionen. Es waren mit From Hell, Stadt aus Glas und Die Sache mit Sorge lediglich drei wirklich gute Graphic Novels und mit  Vallat und Scarface zwei sehr schwache Comics enthalten. Dass mit „Verbrechen“ also „Crime“ ein gemeinsames Thema gewählt wurde, war keine gute Idee, denn gute Graphic Novels lassen sich nur selten einem Genre zuordnen. Wie dem auch sein, bis heute wurde die Süddeutsche Zeitung Bibliothek – Graphic Novels leider nicht fortgeführt.

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Die Libelle

1983 schrieb John le Carré, der britischen Experten für Spionage-Geschichten wie Der Spion, der aus der Kälte kam oder Dame, König, As, Spion, seinen Roman Die Libelle (Originaltitel The Little Drummer Girl) über die junge britische Schauspielerin Charlie, die vom israelischen Geheimdienst angeworben wird, um eine palästinensische Terror-Organisation zu unterwandern. Charlie entwickelt dabei Verständnis für die Motive der Palästinenser, fühlt sich aber zugleich zu ihrem israelischen Kontaktmann hingezogen.

Die Libelle

John le Carré erzählt in seiner teilweise in Deutschland spielenden Geschichte von einer Spirale der Gewalt, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint. Bereits 1984 wurde der Roman von George Roy Hill (Der Clou) verfilmt, wurde aber kein Erfolg. Dies lag möglicherweise an der eher originellen als passenden Besetzung. Klaus Kinski überzeugt nur bedingt als durchtriebener israelischer Geheimdienst-Chef, während die damals 38-jährige Diane Keaton etwas zu alt für die Rolle der Charlie ist.

Die Libelle

Daher war es eine gute Idee Die Libelle 2018 neu zu verfilmen. Bereits die zwei Jahre zuvor entstandene Miniserie The Night Manager mit Tom Hiddleston und Hugh Laurie adaptierte erfolgreich ein schon etwas betagtes Buch von le Carré. Die selbe Produktionsfirma konnte den Koreaner Park Chan-wook (Sympathy for Mr. Vengeance, Oldboy, Lady Vengeance) als Regisseur verpflichten. Dieser sorgt für sechs Stunden Hochspannung und setzt die knallbunten Klamotten der 70er-Jahre Zeit sehr stilsicher ein.

Die Libelle

Doch, genau wie zuvor schon in The Night Manager, war das ganz große Plus die gut ausgewählte Besetzung. Michael Shannon (Shape of Water) überzeugt als besessener israelischer Geheimdienst-Chef Martin Kurtz, während Alexander Skarsgård (Legend of Tarzan) als sein Mitarbeiter Gadi Becker ebenso attraktiv wie undurchsichtig ist. Das ganz große Plus ist jedoch Florence Pugh (Black Widow), die als Charlie sowohl die eitle Freude am (Schau-) Spiel mit dem Feuer, wie auch die zunehmenden Bedenken am Sinn ihres Tun glaubhaft an den Zuschauer bringt.

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Rutu Modan: Blutspuren

Kobi ist Taxifahrer in Tel Aviv und hat schon seit einiger Zeit keinen Kontakt mehr zu seinem Vater Gabriel. Doch eines Tages wird er von einer etwas seltsamen jungen Frau namens Numi angesprochen, die behauptet, dass Gabriel bei einem Terroranschlag ums Leben gekommen sei. Kobi findet heraus, dass sein Vater ein Verhältnis mit Numi hatte. Er beginnt Nachforschungen anzustellen. Dabei erfährt er seltsame Dinge über Gabriel, kommt aber auch nach einigen Anfangsschwierigkeiten Numi langsam immer näher…

Rutu Modan: Blutspuren

In ihrem mit dem Eisner Award für die beste Graphic Novel ausgezeichneten Album Blutspuren erzählt Rutu Modan (Das Erbe) in klaren Bildern eine scheinbar alltägliche Geschichte. Die Autorin und Zeichnerin zeigt jedoch auch – scheinbar ganz nebenbei -, wie stark das Leben in Israel geprägt ist von den fast schon als selbstverständlich hingenommenen Terroranschlägen. Rutu Modan wurde durch eine eigene Erfahrung zur Geschichte inspiriert. Sie verabredete sich mit einem Jungen, der danach nie wieder bei ihr anrief. Für sie war nun völlig klar, dass er tot sein müsse, doch dem war nicht so. Das brachte sie auf die Idee, dass Numi “lieber glaubt, ihr Geliebter sei getötet worden, als dass er sie verlassen hätte.“

Rutu Modan: Blutspuren

Rutu Modan bezieht keine politische Position zum Konflikt in Israel, beschreibt jedoch am Rande des Geschehens, dass auf einem Friedhof die schöneren Plätze ganz selbstverständlich für die jüdischen Toten reserviert sind. Dem Comicautor Joe Sacco (Palästina) fiel auf, dass in der Geschichte niemals Palästinenser erwähnt werden “als ob die Angriffe so sehr zu einem Teil des Lebens geworden sind, das ihr Kontext nicht länger von Interesse ist.“

Rutu Modan: Blutspuren

Modan meint dazu: “Israelis bevorzugen es, nicht an den Kontext des Terrors zu denken. (…) Dann würden wir merken, dass wir – Gott bewahre – etwas dagegen tun müssten! Nein, wir trinken lieber mit Freunden Kaffee oder zeichnen Comics.“ Wenn dabei jedoch eine so subtile Zustandsbeschreibung wie Blutspuren herauskommt, ist das ein Schritt in die richtige Richtung, denn um Zustände ändern zu können, müssen diese erst einmal erkannt werden.

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Joe Sacco: Bosnien

Noch bevor er seine auch bei uns vielbeachtete Comicreportage Palästina (erschien zunächst bei Zweitausendeins und dann bei der Edition Moderne) herausbrachte, beschäftigte sich Joe Sacco mit dem Krieg in Bosnien.

Joe Sacco: Bosnien

Mit einigen Unterbrechungen verbrachte er von 1994 bis 1995 insgesamt vier Monate in der heftig umkämpften – und nur gelegentlich durch UN-Transporte versorgten – Stadt Gorazde. Er freundete sich mit einigen der eingeschlossenen Einwohner an. Hieraus resultierte das 2001 mit dem Eisner Award als „beste Graphic Novel“ ausgezeichnete Buch herausgebrachte Safe Area Goražde, das bei uns mit dem weniger zynischen Titel Bosnien erschienen ist.

350Sacco, der sich als Cartoon-Journalist nennt, setzte seine Eindrücke und die ihm geschilderten Erlebnisse in einem an Robert Crumbs Underground-Comics erinnernden leicht karikierenden Stil um. Dies funktioniert erstaunlich gut, obwohl inmitten der erschreckenden Berichte von einstigen oftmals befreundeten Nachbarn, die urplötzlich zu erbitterten Feinden wurden, humoristische Momente eher Mangelware sind (aber durchaus vorkommen). Sacco vermeidet es die Konflikte noch zu schüren. Weder glorifiziert er die Bosnier, noch verteufelt er die Serben, deren aggressive Vertreter er als “Tschetniks“ bezeichnet, was laut Christopher Hitchens Vorwort eher eine “politische und historische als eine ethnische“ Gruppe ist.

Joe Sacco: Bosnien Bei der Lektüre (und auch daran, dass Saccos Bosnien bei uns lange nach seinem Palästina erschien) fällt auf, dass wir über die Konflikte in Israel deutlich besser informiert sind (bzw. werden), als über die Probleme und Kämpfe im geografisch sehr viel näher gelegenen ehemaligen Jugoslawien. Eine große Stärke von Saccos Buch ist, dass er nicht nur seine selbst erlebten Ereignisse aus dem 90er- Jahren zu Papier bringt, sondern in klaren Zeichnungen gut nachvollziehbar darlegt, wie es zum Bosnien-Krieg kam.

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Joe Sacco: Palästina

Im Winter 1991/92 verbrachte der in Malta geborene US-Amerikaner Joe Sacco zwei Monate in den besetzten Gebieten Palästinas. Seine Eindrücke hat er in einem kräftigen an Underground-Meister Robert Crumb erinnernden Zeichenstil zu Papier gebracht. Erzähltechnisch betrat Sacco mit Palästina und dem Vorgänger Bosnien jedoch absolutes Comic-Neuland und er selbst bezeichnet sich als Cartoon-Journalist. Die zahlreichen Gespräche, die Sacco mit sehr vielen Palästinensern und einigen Israelis führte, setzte er ohne den erhobenen Zeigefinger und so direkt in Szene, dass der Leser den Eindruck hat dabei zu sein.

Joe Sacco: Palästina

Im hochinteressanten Vorwort des Buches schreibt der aus einem „arabisch-protestantischen“ Umfeld stammende Schriftsteller und Literaturdozent Edward W. Said, dass die „Flut von Saccos Comicbildern und -texten in ihrer kompromisslosen Schärfe und – wo es die extreme Situation, die darin zum Ausdruck kommen soll, erfordert – ihrer manchmal grotesken Überzeichnung“ einen Gegenpol bildet zu „salbungsvollen Berichten über israelische Siege und demokratische Errungenschaften.“

Joe Sacco: Palästina

Saccos zunächst in Form von neun Comicheften erschienenen Berichte streifen scheinbar ziellos umher, vermitteln aber gerade dadurch den Eindruck, dass der Autor hier nicht belehren sondern seine selbst vor Ort gewonnenen Erkenntnisse über die Leiden der Palästinenser unter der brutalen Willkür der israelischen Siedler und Soldaten möglichst ungefiltert mitteilen möchte.

Joe Sacco: Palästina

Im Schlusskapitel erzählt Sacco von drei israelischen Soldaten, die einen palästinensischen Jungen verhören und dabei dem starken Regenguss aussetzen, während sie selbst trocken unter einem Vordach stehen. Mit dieser selbst vor Ort erlebten leider alltäglichen Geschichte gelingt Sacco ein eindringliches Gleichnis zur verfahrenen Situation in Palästina. Sacco schlussfolgert, dass der Junge bestimmt nicht denken wird: „Eines Tages werden wir eine bessere Welt haben, und diese Soldaten und ich, wir werden uns als Nachbarn grüßen.“

Süddeutsche Zeitung Bibliothek - Graphic Novels I

Palästina erschien 2011 auch in der Reihe Süddeutsche Zeitung Bibliothek – Graphic Novels.

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