Schlagwort-Archive: Schreiber & Leser

Osamu Tezuka: Barbara

Der erfolgreiche Autor Yosuke Mikura trifft in Tokyo am Bahnhof Shinjuku die Stadtstreicherin Barbara. Aus einem nicht wirklich erklärbaren Reflex heraus lässt er die verdreckte, versoffene aber nicht unattraktive junge Dame bei sich einziehen. Die Beziehung, die sich zwischen diesen scheinbar grundverschiedenen Menschen entwickelt, ist nicht eben unkompliziert, zumal es oftmals die Herumtreiberin ist, die den Bestseller-Autor aus dem Sumpf seiner Wahnvorstellungen zieht…

Osamu Tezuka: Barbara

Der Comiczeichner und Trickfilmer Osamu Tezuka, der gerne auch als „japanischer Walt Disney“ bezeichnet wird, schuf mit Astro Boy und Kimba, der weiße Löwe zwei Ikonen der internationalen Popkultur. Dass er aber auch anders bzw. untrivialer kann, bewies er mit Serien wie Adolf oder Barbara. Letztere entstand zwischen 1973 und 1974. Als Inspiration diente Jacques Offenbachs Oper Hoffmanns Erzählungen, in der erzählt wird wie sich der Autor E. T. A. Hoffmann mit seinen Phantasien, Liebschaften und einer Muse auseinandersetzen muss.

Osamu Tezuka: Barbara

Genau wie die aus fünf Akten bestehende Oper erzählt auch Tezuka in Barbara seine Manga-Serie in Form von in sich abgeschlossenen Kurzgeschichten. Diese insgesamt 15 Kapitel bilden eine fortlaufende Erzählung mit großem Finale. Ebenso faszinierend wie anregend mischt Tezuka in Barbara Momente aus dem japanischen Alltag mit sexuell freizügigen und surrealen Elementen.

Osamu Tezuka: Barbara

Schreiber & Leser – Chefin Rossi Schreiber erhielt 2012 auf dem Comic Salon in Erlangen einen Sonderpreis für ihre verlegerischen Leistungen vor allem im Bereich der Comics für Erwachsene – veröffentlicht diese hochinteressante Serie in westlicher Leserichtung in zwei schön aufgemachten Büchern.


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Frank Miller & Simon Bisley: Bad Boy

Die Bad Boys der Comicbranche Frank Miller und Simon Bisley taten sich im Jahre 1997 zusammen und schufen die Geschichte von Jason. Er ist ein kleiner Junge und lebt mit seinen Eltern in einer Welt, von der er weiß, dass er nicht dahin gehört. Auch seine Eltern sind nicht seine Eltern – das ahnt er in solchen Maßen, dass er es weiß. Er will fliehen, aber das wird ihm in dieser Scheinwelt verwehrt. Er will nur fliehen, immer nur fliehen und er will eine Kippe und ein Bier. Jedes Risiko geht er dafür ein – und am Ende gelingt ihm das schier unmögliche. Er ist entflohen, weiß zwar nicht, wo er ist – ist aber auch egal: Ihm wird Nikotin gegeben!

Frank Miller & Simon Bisley: Bad Boy

In Deutschland erschien das Album schon einmal – bei Schreiber & Leser im Jahr 2000 – für 24,80 DM. In dieser neu übersetzten Neuauflage von Panini sind noch ein paar zusätzliche Seiten Artwork von Bisley. Die vorliegende Ausgabe orientiert sich an der im Juli 2008 veröffentlichten Hardcoverausgabe von Dynamite Entertainment. Editor vor zwölf Jahren bei Oni-Press war damals Bob Schreck. Bob Schreck war vorher bei Dark Horse und gründete 1997 Oni-Press, bevor er schließlich zu DC wechselte und dort lange Batman-Titel betreute, u.a. auch „All-Star Batman & Robin, the Boy Wonder“. Im Januar 2009 wurde er von DC vor die Tür gesetzt.

Frank Miller & Simon Bisley: Bad Boy

Der Comic st also mittlerweile fast 12 jahre alt – liest sich aber immer noch wie ein guter Underground-Comic. Zeitlos eben. Von Frank Miller eben, der der Welt so wunderbare Sachen wie „Sin City“ und „300“ beschert hat. Wer dieses Werk von ihm noch nicht kennt, der sollte jetzt die Gelegenheit dazu nutzen.

Norbert Elbers


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Francois Schuiten: Atlantic 12

In zahlreichen Comics, wie seiner Serie um “Die geheimnisvollen Städte“, hat Francois Schuiten (Blake und Mortimer: Der letzte Pharao) seine Faszination an der Architektur vergangener Zeitepochen durch detailverliebte zumeist schwarzweiße Zeichnungen zum Ausdruck gebracht. Nachdem er den Wettbewerb für die Gestaltung des Eisenbahn-Museums Train World in Schaarbek bei Brüssel gewann, entdeckte er eine weitere Leidenschaft, denn das Prunkstück der Ausstellung ist die letzte Lokomotive der Bauart Atlantic mit der Seriennummer 12.004.

Francois Schuiten: Atlantic 12

Diese sehr stromlinienförmig gestaltete belgische Dampflokomotive erreichte bei einem Zug mit fünf Wagen eine Spitzengeschwindigkeit von 165 km/h und gewann 1939 dafür das “Blaue Band“. Als das Modell Atlantic Type 12 nach 1962 ausgemustert wurde, entging eine Lokomotive der Verschrottung, angeblich weil einige sentimentale Eisenbahner sie in der hintersten Ecke eines Lokschuppens versteckten.

Francois Schuiten: Atlantic 12

Dies inspirierte Francois Schuiten zu einer Comic-Geschichte für die er in schwarzweißen Bildern die Atlantic Type 12 ebenso authentisch wie wunderschön zu Papier brachte. Bei der Welt in der sein Comic angesiedelt ist, handelt es sich jedoch nicht um unsere Vergangenheit, sondern um ein Paralleluniversum in der Seilbahnen die Dampflokomotiven verdrängt haben. Hauptfigur ist der Lokführer Leon Van Bel, der seiner Atlantic 12 hoffnungslos verfallen ist und sie gar als sein “Mädchen“ bezeichnet. Als die Lokomotive verschrottet werden soll, bricht Leon mit der schönen Diebin Elya zu einer Odyssee auf um dies zu verhindern…

Francois Schuiten: Atlantic 12

Menschlich diesmal vielleicht sogar ein weniger anrührender als sonst erzählt Francois Schuiten einmal mehr eine phantasievolle Geschichte, die in eine ebenso fremde wie vertraute Welt entführt. Als Bonus beinhaltet das sehr schön aufgemachte Comicalbum neben einem informativen Anhang auch noch den Schlüssel zu einer 3D Animation, die als “Augmented Reality“ über www.atlantic12.de aufgerufen werden kann.

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Frank Miller: 300

Im Jahre 480 v. Chr. zitterte ganz Griechenland vor dem gewaltigen einmarschierenden Heer des persischen König Xerxes und will sich ergeben. Ganz Griechenland? Nein, ein kleiner 300-köpfiger Haufen Spartaner unter dem König Leonidas leistete den 40.000-fach überlegenden Persern im engen Thermophylen-Gebirgspass so erbittert Widerstand, dass sich schließlich auch das restliche Griechenland erhob und die Eindringlinge vertrieb.

Frank Miller: 300

Diese von Herodot überlieferte Geschichte spornte Frank Miller (Sin City) 1998 zu einer fünfteiligen Miniserie an. Er bemühte sich hierbei um eine möglichst exakte Darstellung des historischen Spartas, doch seine gewählte Optik ist ganz eindeutig Hollywood. Bei historischen Epen kommt unweigerlich der Gedanke an das Breitwand-Format auf und Miller erzählt seine Geschichte daher auch fast ausschließlich in Bildkompositionen, die sich über eine komplette Doppelseite hinziehen.

Frank Miller: 300

Während solche Splash-Pages ansonsten im US-Comic eher pointiert eingesetzt werden, macht Miller (unterstützt von der erdigen Kolorierung seiner damaligen Ehefrau Lynn Varley) auch ohne detailverliebte Wimmelbilder sein wuchtiges Historien-Epos zu einem optischen Dauerfeuerwerk und vermittelt ganz nebenbei auch noch die historischen Hintergründe.

Frank Miller: 300

1999 erschien bei Schreiber & Leser eine sehr schöne und längst vergriffene Ausgabe von 300 im Querformat. Hier konnten Frank Millers kühn konstruierte Doppelseiten ohne den störenden Knick in der Mitte der Heftausgaben bewundert werden. Als  2007 eine Verfilmung des Stoffes von Zack Snyder (Batman V Superman), in die Kinos kam, legte Cross Cult (dort erscheint auch eine sehr schöne Neuausgabe von Frank Millers Sin City) eine geringfügig kleinformatigere neu übersetzte Ausgabe dieses Comic-Meilensteins vor. 2018 erschien mit Xerxes eine Art Fortsetzung.


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Wonderball

1983 ermordet ein Scharfschütze in San Francisco in 9 Sekunden 9 Menschen. Inspektor Spadaccini fühlt sich bei der Präzision, mit der hier gearbeitete wurde, an die Ermordung John F. Kennedys erinnert. Tatsächlich gibt es Verbindungen hierzu, doch die Spur führt auch in die Vergangenheit des Polizisten, der gleich zwei Spitznamen hat: “Crazy Cop“ und “Wonderball“, weil er eine Leidenschaft für mit Figuren gefüllte Überraschungs-Eier hat.

Wonderball

Spadaccini könnte aber auch “Dirty Harry“ heißen, denn so wie Colin Wilson (Blueberry, Tex) ihn zeichnet erinnert er an den jungen Clint Eastwood, der 1971 als Inspector Harry Calahan ebenfalls in San Francisco einen wild um sich ballernden Sniper jagte. Auch weitere Klassikern des San-Francisco-Films wie Alfred Hitchcocks Vertigo oder Peter Yates‘ Bullitt werden mehr oder weniger deutlich zitiert.

Wonderball

In erster Linie ist es das klare realistische Artwork des in Neuseeland geborenen Wilson, das für diesen Comic spricht. Die Story kommt aus der Feder der Franzosen Jean-Pierre Pécau und Fred Duval,  mit denen Wilson bereits bei Tag X zusammenarbeitete. Auch bei Wonderball versuchen die Autoren reale Ereignisse, wie die Ermordung von JFK, aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.

Wonderball

Das Szenario ist durchaus spannend, allerlei interessante Charaktere tauchen auf, werden ermordet und auf Seite 56 heißt es dann “wird fortgesetzt“. Mittlerweile liegt Wonderball in Frankreich bei Delcourt komplett vor. Auch bei uns hat Schreiber & Leser alle 5 Alben der Serie als Hardcover-Editionen herausgebracht.

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Jiro Taniguchi: Sky Hawk

Wer Jiro Taniguchi nach Meisterwerken wie Von der Natur des Menschen, Die Sicht der Dinge oder dem auch verfilmten Manga Vertraute Fremde für einen Erzähler hält, der sich hauptsächlich für die inhaltlich und zeichnerisch akribische Wiedergabe von japanischen Alltagswelten interessiert, sollte sich nicht nur dessen Veröffentlichungen bei Carlsen anschauen. Schreiber & Leser brachte einige Werke von Taniguchi wie Die Stadt und das Mädchen, Der Wanderer im Eis oder Der Gipfel der Götter heraus, die eher dem Abenteurer-Genre zuzurechnen sind.

Jiro Taniguchi: Sky Hawk

In diese Richtung geht auch Sky Hawk, denn hierbei handelt es sich um einen klassischen Western. Passend hierzu stammt auch das Vorwort des Buches von Jean “Moebius“ Giraud (Blueberry). Dieser attestiert Taniguchi, dass er der einzige Mangaka ist, “der in der Lage ist, die speziellen Voraussetzungen eines Western zu verstehen“ und das so gut, dass “Hollywood gar nicht mehr gebraucht wird“. Taniguchi gibt in seinem Nachwort zu, dass er “wichtige Anregungen“ von Western-Serien wie Mac Coy, Blueberry, Comanche, Jonathan Cartland oder Buddy Longway empfangen hat, ohne die er “mit Sicherheit diesen Western nicht gezeichnet hätte.“

Jiro Taniguchi: Sky Hawk

Doch auf eine seltsame Weise wirkt Taniguchis Western-Ansatz auch ganz schön “deutsch“. Während in “Frankobelgien“ fast immer US-Amerikaner die Comichelden sind, schickt Taniguchi zwei Samurais in den Wilden Westen. Diese sind genau wie Karl Mays sächsischer Old Shatterhand die besseren Westmänner, da sie sich mit den Indianern anfreunden und diese nicht wie die bösen Weißen ausrotten wollen. Ähnlich wie in einem ostdeutschen DEFA-Indianerfilm sind nahezu alle innerhalb der Geschichte auftretenden US-Amerikaner abgrundtief böse und hinterhältig.

Jiro Taniguchi: Sky Hawk

Doch Klischees gehören schließlich zum Western und auch daher ist Sky Hawk eine sehr spannende und interessante Variation altbekannter Motive.

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Jiro Taniguchi: Bis in den Himmel

Auf den nächtlichen Straßen Tokios kommt es zu einem schweren Verkehrunfall. Der 17-jährige Motorradfahrer Takuya stößt mit dem PKW des überarbeiteten 42-jährigen Familienvaters Kazuhiro zusammen. Drei Wochen später erwacht Kazuhiro aus dem Koma und stellt fest, dass er sich im Körper des jungen Mannes befindet, während er bzw. (sein Körper) an den Folgen des Unfalls gestorben ist. Zwei Seelen wohnen nun in Kazuhiros Kopf…

Jiro Taniguchi: Bis in den Himmel

Im Gegensatz zum sich daheim immer muffelig gebenden Takuya ist Kazuhiro völlig begeistert von dessen Vater, Mutter und Schwester. Zugleich wird ihm bewusst wie stark er seine eigene kleine Familie zugunsten des Arbeitgebers vernachlässigt hat. Hier schimmert etwas sanfte Kritik an der japanischen Leistungsgesellschaft durch. Doch sehr viel stärker interessiert ist Taniguchi an der sensiblen und in detailreichen Bildern dargebotenen Schilderung von Alltäglichkeiten, die aus einem neuen Blickwinkel plötzlich ganz anders wirken.

Jiro Taniguchi: Bis in den Himmel

Wie schon in Vertraute Fremde setzt Jiro Taniguchi auch in Bis in den Himmel einen Fantasy-Aufhänger ein. Doch ansonsten zeigt er sich sehr viel stärker an der Realität als an Phantastik oder dem Reflektieren über die Möglichkeit eines Lebens nach dem Tode interessiert. Sehr viel wichtiger ist für Taniguchi das Leben vor dem Tode.

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