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Werk ohne Autor

Florian Henckel von Donnersmarck hat sich acht Jahre Zeit gelassen, bis er – nach seinem trotz Star-Besetzung (Johnny Depp und Angelina Jolie) weit hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Hollywood-Debüt The Tourist – einen weiteren Spielfilm in die Kinos brachte. Auch durch eine recht geschickte Werbekampagne des Verleihs von Disney waren die Erwartungen sehr groß.

Werk ohne Autor

Für seine sich in vier Jahrzehnten angesiedelte Geschichte hat er sich von der Biografie von Gerhard Richter inspirieren lassen. Der Regisseur unterhielt sich ausführlich mit dem Maler. Nach eigenen Angaben bekam er einen sehr intimeren Einblick in dessen (Innen-) Leben. Richter durfte vorab das Drehbuch zu Werk ohne Autor lesen und einigte sich mit von Donnersmarck darauf, dass nicht öffentlich gemacht werden soll, welche Szenen auf tatsächlichen Ereignissen basieren und welche hinzuerfunden wurden.

Werk ohne Autor

Unstrittig ist, dass eine Tante von Richter noch kurz vor Kriegsende (im Film parallel zur Bombadierung von Dresden) von Nazi-Ärzten im Rahmen des Euthanasie-Programms ermordet wurde. Daran beteiligt war Richters späterer Schwiegervater, der Gynäkologe und SS-Arzt Heinrich Eufinger. Nach dem Krieg wurde er inhaftiert, doch gegen ihn wurde nicht weiter ermittelt, nachdem Eufinger durch einen ärztlichen Eingriff das Leben der Frau des russischen Lagerkommandanten rettete.

Werk ohne Autor

Im Stile eines ganz großen Epos erzählt Florian Henckel von Donnersmarck mit sehr langen Atem (der Film dauert mehr als 3 Stunden) vom Konflikt zwischen dem aufstrebenden Künstler Ludwig Richter und seinem arroganten Schwiegervater, der erwartet, dass ihn alle mit “Herr Professor“ anreden. Gerhard Richter trägt im Kino den Namen Kurt Barnet und wird sehr facettenreich von Tom Schilling verkörpert.

Werk ohne Autor

Den Gegenpart, der jetzt Prof. Carl Seeband heißt, spielt Sebastian Koch, der bereits in von Donnersmarcks Erfolgsfilm Das Leben der Anderen dabei war, allerdingst als durchweg positiv gezeichneter Charakter. Koch wirkt diesmal sehr bedrohlich als skrupelloser Karrierist, der für seine Tochter Ellie (Paula Beer) “nur das Beste“ will. Er ist ein sehr fähiger Arzt und als ihm der russische Kommandant fragt, warum er das Leben seiner Frau gerettet hat, antwortet Seeband: “Weil ich es kann.“

Werk ohne Autor

Die selbe Antwort gibt der junge Kurt Barnet einem Kollegen, der ihn fragt, warum er, im Gegensatz zu ihm, beim Schreiben von Politparolen keine Schablonen benutzt, sondern die Buchstaben freihändig und perfekt auf die Transparente pinselt. Das Hauptthema des Films ist die Suche des Künstlers Barnet nach einem eigenen Stil. Dies ist auf keinen Fall der in seiner ostdeutschen Heimat vorherrschende sozialistische Realismus. Doch auch nach seiner Flucht aus der DDR fällt es Barnet schwer, seinen Platz in der Künstler-Szene von Düsseldorf zu finden.

Werk ohne Autor

Wie er schließlich durch Werke, die nur scheinbar ohne Autor entstanden sind, seinen eigenen Stil und Weg findet, dass ist eine der spannendsten Geschichten, die in letzter Zeit im Kino erzählt wurden. Die Erwartungen an das neue Werk von Florian Henckel von Donnersmarck waren hoch, wurden jedoch übererfüllt.

Werk ohne Autor

Die Blu-ray von Walt Disney enthält neben dem 189-minütigen Film noch zwei kurze jeweils knapp 2-minütige Berichte zu Drehbuch und Soundtrack, sowie den Trailer.

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Suite française

60 Jahre hat es  gedauert bis die zwei Romane “Sturm im Juni“ und “Dolce“ der französischen Bestsellerautorin Autorin Irène Némirovsky nach ihrer Niederschrift endlich erschienen sind. Die jüdische Schriftstellerin wurde 1942 von der Polizei im von Deutschen besetzten Frankreich verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Einen Monat später starb sie dort an Typhus. Denise und Elisabeth Némirovsky bewahrten 50 Jahre lang einen Koffer ihrer Mutter auf, in dem sich ein in Leder gebundenes Buch befand. Sie trauten sich lange Zeit nicht das vermeintliche Tagebuch zu lesen und waren erstaunt, als sie in der Kladde stattdessen die Niederschrift von zwei Romanen vorfanden.

Suite française

2004 schließlich erschienen die beiden Bücher – Némirovsky plante einen aus fünf Romanen bestehenden Zyklus – gemeinsam unter dem Titel “Suite française“ und wurden zum Weltbestseller. Mittlerweile ist bei btb eine schöne, preiswerte, kleinformatige, in Leinen gebundene Edition mit Leseband erschienen, die als Anhang eine umfangreiche Dokumentation mit Hintergrundinformationen enthält.

Némirovsky beschrieb in “Suite française“ detailreich und fast schon dokumentarisch den Zusammenbruch der französischen Gesellschaft während und nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht. Dabei ist es angesichts des großen Ensembles nicht immer leicht den Überblick zu behalten, doch wer sich auf die Lektüre einlässt, wird als Leser reich belohnt und zum Zeitzeugen eines düsteren Stücks europäischer Geschichte.

Suite française

Ein guter Einstieg in das Werk sind zwei gelungene Adaptionen. Beim Verlagshaus Jacoby & Steward ist eine Comic-Version von Némirovskys ersten “Suite française“-Roman “Sturm im Juni“ erschienen. Diese stammt von Emmanuel Moynot, dessen Zeichenstil an den großen Jaques Tardi (“Elender Krieg 1914 – 1919“, “Ich, René Tardi, Kriegsgefangener im Stalag IIB“) erinnert, weswegen dieser ihn auch zu seinem Nachfolger bei den Comic-Adaptionen von Léo Malets Kriminalromanen um den Detektiv Nestor Burma (“120, Rue de la Gare“) kürte.

Suite française

Bei seinem Comic “Sturm im Juni“ arbeitet Emmanuel Moynot mit klaren oft sehr lässig hingehauenen Zeichnungen, die durch die Grautöne von Chantal Quillec wie Standbilder aus einem Schwarzweiß-Film der vierziger Jahre wirken. Das schafft die richtige Atmosphäre für die breitangelegte Darstellung des Schicksals von drei französischen Familien, die 1940 versuchen der heranrückenden Wehrmacht zu entkommen. Am Anfang des Comic-Buchs befindet sich eine Übersicht über die Hauptfiguren, was den Einstieg in die vielschichtige Geschichte erleichtert.

Suite française

Irène Némirovskys zweiter “Suite française“-Roman “Dolce“ diente als Vorlage für den großteils in Belgien gedrehten britisch-französisch-kanadischen Kinofilm “Suite française – Melodie der Liebe“. Diese Schilderung der deutschen Besetzung eines französischen Dorfs ist u. a. mit Kristin Scott Thomas, Tom Schilling, Sam Riley und Heino Ferch großartig besetzt. Der Film konzentriert sich hauptsächlich auf die problematische Liebesgeschichte zwischen der jungen unglücklich verheirateten Lucile Angellier (Michelle Williams) und dem musisch veranlagten Wehrmachts-Offizier Bruno von Falk (Matthias Schoenaerts), der im Zivilleben Komponist war.

Suite française
Michelle Williams und Matthias Schoenaerts

Vor dem Hintergrund dieser Love Story vernachlässigt der britische Regisseur Saul Dibb (“Die Herzogin“) keineswegs den zeitgeschichtlichen Hintergrund. Sein Film erzählt auch vom fragilen alles andere als sozial gerechten Machtgefüge im Dorfe, das durch die deutschen Besatzer erheblich ins Schwanken gerät. Film und Comic sind eine gute Grundlage um danach zu Irène Némirovskys großartiger Prosa zu greifen und noch tiefer in die Materie einzudringen.

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