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Paco Roca: Der Mann im Pyjama

Bei uns ist Paco Roca bisher vor allem durch seine bei Reprodukt veröffentlichten Graphic Novels Der Winter des Zeichners, Die Heimatlosen, La Casa, Rückkehr nach Eden und Der Schatz der Black Swan bekannt. Dass er auch mit kürzeren Comics überzeugen kann, bewies hierzulande bisher lediglich sein äußerst gut gelungener Beitrag zur Anthologie Batman: The World, in dem Roca sich darüber Gedanken macht, wie lange es Bruce Wayne unkostümiert in angenehmer mediterraner Umgebung aushalten kann.

In seiner spanischen Heimat ist Roca einem großen Publikum auch als Der Mann im Pyjama bekannt. Ab 2010 erschienen unter diesem Titel in der valencianischen Zeitung Las Provincias wöchentlich Onepager, in deren Zentrum Roca selber stand. Seine Berufswahl als Comiczeichner machte es Roca möglich, seinen Kindheitstraum zu verwirklichen und den ganzen Tag einen Schlafanzug herumzulaufen: “Am Abend startete ich einen Rundruf bei meinen Homeoffice-Freunden. Wir wetteiferten, wer die meisten Tage im Pyjama verbringt.“

Durch seinen Hang zur Häuslichkeit hat Roca ein etwas distanziertes Verhältnis zu seinen sich hyperaktiv ins Nachtleben stürzenden Freunden und in seinen Comics amüsiert er sich über deren Versuche, auch außerhalb der eigenen vier Wände etwas aus ihrem Leben zu machen. Doch allzu große Arroganz kommt in den Comics nicht auf, dafür sorgt schon Rocas Freundin, die er “meine Nachtigall“ nennt, und die die selbstzufriedene Weltsicht des Zeichners immer wieder mit guten Argumenten und Ironie in Frage stellt.   

Ab 2014 wechselte Paco Roca mit seiner Serie zur wichtigsten spanischen Zeitung El Pais und zeichnete etwas umfangreichere Short Stories für die Sonntagsbeilage. Der Titel blieb gleich, doch Roca zeichnete sich nur noch sehr selten als Mann im Pyjama. Mittlerweile war er fest liiert und hatte mit seiner Nachtigall einen Sohn. Dadurch war er häufiger gezwungen die Wohnung zu verlassen und seine Comics kreisten nicht mehr ausschließlich um private zwischenmenschliche Beobachtungen.

2018 entstand eine Verfilmung

Die Comics tragen jetzt Titel wie “Das Rätsel der politischen Klasse“ oder “Die Schöpfungspflicht“ und sind nicht minder amüsanten Reflexionen über Politik, Wirtschaft oder Geschichte. Reprodukt veröffentlich den kompletten Mann im Pyjama und die Ausgabe enthält auch einige längere Comics, die Roca für die spanischen Sammelbände gezeichnet hat. Die Edition bietet ebenso kurzweilige wie anregende Lektüre, zeigt aber auch, wie sich Paco Roca als Zeichner und Erzähler ständig weiterentwickelt hat.    

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Der König der Vagabunden

Gregor Gog ist ziemlich in Vergessenheit geraten, doch er hat Spuren hinterlassen. Mit Der Kunde gründete und leitete der selbst meist auf der Straße lebende ehemalige Matrose der Kriegsmarine 1927 die erste Obdachlosen-Zeitung Europas. Hierin wurden neben Karikaturen und Cartoons auch Texte von Erich Mühsam, Maxim Gorki und Oskar Maria Graf veröffentlicht.

Der König der Vagabunden

Noch mehr Aufmerksamkeit erregte seinerzeit der 1929 von Gog in Stuttgart veranstaltete Vagabundenkongress. Nachdem der dem Bürgertum ohnehin sehr kritisch gegenüberstehende Gregor Gog Anfang der 30er-Jahre die Sowjetunion bereiste, wurde er zum glühenden Kommunisten. Wie viele Bettler und Vagabunden wurde Gog nach der Machtergreifung von den Nazis inhaftiert. Fast vollständig gelähmt gelang ihm die Flucht zuerst in die Schweiz und dann in die Sowjetunion. 1945 verstarb er unter tragischen Umständen.

Der König der Vagabunden

Der Comic Der König der Vagabunden ist die erste Biografie von Gregor Gog. Der Autor Patrick Spät konzentriert sich auf die Jahre, in denen Gog nach dem Ersten Weltkrieg in einer anarchistischen Kommune lebte, durch Deutschland vagabundierte, das harte Leben auf der Straße in Berlin kennenlernte und seinen Kongress ins Leben rief.

Der König der Vagabunden

Eine wichtige Rolle innerhalb des Comics spielen aber auch zwei Frauen: Gogs Ehefrau, die Kinderbuch-Autorin Anni Geiger, sowie seine zeitweilige Mit-Vagabundin Jo Mihaly, die eine bekannte Tänzerin und Dichterin wurde. Die in Italien geborene Bea Davies hat die Biografie in ausdrucksstarke schwarzweiße Bilder umgesetzt. Ihr und Patrick Spät gelang ein sehr berührender historischer Comic über noch lange nicht überwundene soziale Ungerechtigkeiten.

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