Ein beeindruckendes Jubiläum feiert Panini mit der Buchreihe 80 Jahre Marvel. Im Monatstakt sind acht Hardcover-Bände erschienen, die sich jeweils auf über 200 Seiten mit den Schwerpunkten beschäftigen, die die einzelnen Jahrzehnte dominierten.
Der Abschlussband trägt den Titel “Das Zeitalter der Legenden“ und präsentiert Marvel-Comics, die zwischen 2011 und 2016 erschienen sind. Zweifelsohne haben die Kinoerfolge des Marvel Cinematic Universe mancher Veröffentlichung reichlich Rückenwind gegeben. So sind die fast komplett in Vergessenheit geratenen Guardians of the Galaxy mittlerweile auch bei uns wieder ein erfolgreicher Comic-Titel. In dem in diesem Band vertretenen Heft von 2013 spielt auch Tony Stark alias Iron Man eine wichtige Rolle.
Ebenfalls wieder gut dabei ist Black Panther und sogar der Oberbösewicht Thanos bekam 2016 eine eigene, anfangs von Jeff Lemire (Essex Country) geschriebene, 18-teilige Heftreihe. Besonders bemerkenswert ist jedoch aktuell bei Marvel die große Anzahl weiblicher Superhelden. Ins Kino hat es ja bereits Captain Marvel geschafft, und Natalie Portman wird wohl demnächst Jane Foster den weiblichen Thor verkörpern.
Doch es wird wohl noch eine Weile dauern bis progressive und abgefahrene Konzepte, wie Kamala Khan, die als muslimische Tochter pakistanischer US-Einwanderer zur Superheldin der Ms. Marvelwird, oder das erstaunlich präsente einst von Steve Ditko geschaffene Squirrel Girl, das Licht der Leinwand erblicken. In einem furiosen Animationsfilm aus dem Hause Sony traten hingegen bereits der Afro-Latino Miles Morales als alternativer Spider-Man und sein weiblicher Gegenpart Spider-Gwen auf. All diese interessanten Helden präsentiert der Abschlussband in aussagekräftigen Comicheften.
Es ist schon erstaunlich, was sich aus dem 1993 entstandenen Zeichentrickfilm Der König der Löwen entwickelt hat. Vier Jahre später erlebte ein auf dem Film basierendes Musical seine Broadway-Premiere. Das faszinierende Konzept dieser u. a. immer noch erfolgreich in Hamburg laufenden Show ist ebenso simpel wie faszinierend. Der Kniff von Julie Taymor (Frida, Across the Universe) war es, so zu tun als ob das Publikum einer durch afrikanische Ureinwohner mit selbstgebastelten Kostümen aufgeführten alten Fabel beiwohnt.
Die Neuverfilmung hingegen beschritt ganz andere Wege als das gerade durch seine fantasievolle Schlichtheit so beeindruckende Musical. Nachdem es dem Iron-Man-Regisseur Jon Favreau 2016 überraschenderweise gelungen war den Disney-Klassiker Das Dschungelbuch in einer funktionierenden und oft faszinierenden Mischung aus Realfilm und Computeranimation neu zu interpretieren, durfte er das Remake von Der König der Löwen komplett digital animieren lassen.
Wie Favreau im Bonusmaterial der Blu-ray zugibt, ist nur ein Sonnenaufgang am Anfang des Filmes “echt“, der Rest wurde zusammengepixelt. Wer die klassischen Zeichentrickfilme mag, wird sich schwertun mit dieser neuen Version, die so aussieht, als wenn sich scheinbar sehr gut dressierte Tiere zu einem perfekt neu eingespielten Soundtrack bewegen. In der Originalfassung sind u. a. die Stimmen von Beyoncé, Seth Rogen und natürlich wieder von “Darth Vader“ James Earl Jones Jones als Löwen-Monarch Mufasa sowie ein neuer Song von Elton John zu hören .
Doch das seltsame Konzept ging auf und der neue König der Löwen hat Die Eiskönigin vom Thron des erfolgreichsten Animationsfilms aller Zeiten gestoßen. Dies bestärkte die Firma Disney darin, anstatt originelle neue Konzepte zu entwickeln, noch stärker darauf zu setzen Realfilm-Versionen der hauseigenen Klassiker zu produzieren. Das mag mancher Zuschauer bedauern, doch der Erfolg von Aladdinmit Will Smith zeigt, dass dieser Weg kommerziell richtig ist, Angelina Jolie als Maleficent und Tim Burtons Dumbohingegen erwecken Hoffnung darauf, dass dabei gelegentlich auch etwas Interessantes entsteht.
Die Blu-ray enthält neben dem 118-minütigen Hauptfilm (wahlweise mit Audiokommentar von Regisseur Jon Favreau, wie alle Extras wahlweise mit deutschen Untertiteln) noch dieses Bonusmaterial: Intro von Regisseur Jon Favreau (1:14 min); Die Reise von Der König der Löwen (53:25 min); Die Entstehung der unvergesslichen Musikszenen (1031 min); Musikvideos Beyoncé “Spirit“ (4:28 min) und Elton John: “Never Too Late“ (4:08 min); Tierschutzkampagne „Protect The Pride“ (3:02 min); Lieder zum Mitsingen
Die beiden Heldinnen, die Schwestern Anna und Elsa, sind zwar immer noch die kulleräugigen Prinzessinnen, die seit der Premiere von Die Eiskönigin vor 6 Jahren permanent in den Spielwaren-Läden erhältlich waren. Doch das Abenteuer, das sie in der Fortsetzung des – bis zum Start des computeranimierten Remakes von Der König der Löwen – erfolgreichsten Animationsfilms zu bestehen haben, bedient sich nicht nur bei Hans Christian Andersens Märchen Die Schneekönigin, sondern auch bei Disneys hauseigenen Marvel Cinematic Universe.
Wenn etwa die blonde Elsa ihre beträchtlichen Vereisungs-Fähigkeiten im wild tosenden Gewässer wellenbrechend einsetzt, besteht kein Zweifel daran, dass die junge Regentin eine Superheldin ist und problemlos Aufnahme bei den Avengers oder X-Men gefunden hätte. Eine aufregende Sequenz, in der Elsa das als Geist im Wasser lebende unberechenbare Eis-Pferd Nokk zähmt, ist – wie viele Momente im Film – eine tricktechnische Meisterleistung.
Inhaltlich hingegen fehlt der Fortsetzung die sich scheinbar ganz natürlich entwickelnde Erzählstruktur des allenfalls an einem Überschuss an Liedern leidenden Originals. Die diesmal erzählte, auch ökologisch motivierte, Story eines im Norden des Königreichs Arendelle lebenden scheinbar gefährlichen Waldvolks, steht auch noch im Zusammenhang mit der nicht ganz unkomplizierten Familiengeschichte von Anna und Elsa.
Diese tragische Vorgeschichte wird so ernsthaft scheibchenweise enthüllt, dass die Blödeleien des (bei uns wieder von Harpe Kerkeling gesprochenen) Schneemanns Olaf, die Love Story zwischen Anna und dem Eislieferanten Kristoff (entwickelt sich sehr schleppend), sowie die meist etwas abrupt ausbrechenden Musical-Einlagen (fast immer ohne Mitsumm-Faktor) nur bedingt ins schwer zu kapierende Gesamtkonzept passen. Trotzdem, blöd ist das Ganze nicht, nur als Film über die nicht immer einfache Freundschaft zweier unterschiedlich temperierter Schwestern vielleicht doch etwas überambitioniert.
Die Blu-ray enthält neben dem 103-minütigen Hauptfilm noch diese Extras: Pannen vom Dreh bzw. den Tonaufnahmen (2:26 min, wie alle Extras wahlweise mit deutschen Untertiteln), Trivia: Wusstest du schon? (4:27 min), Die Geister in Die Eiskönigin 2 (12:02 min), Ein Soundtrack mit Folgen (3:49 min), Zusätzliche Szenen (17:58 min), Zusätzliche Lieder (11:42 min), Test für Gale (3:01 min + 0:55 min), Song “Into the Unknown“ in 29 Sprachen (3:07 min), Musikvideos “Into the Unknown“ (Dsico Version, 3:16 min) + “Lost in the Woods (Weezer Version, 3:06 min), Direktzugriff zu den Songs.
Mit einer kleinen Gruppe bunt zusammengewürfelter Gefolgsmänner bekämpft Prinz Sandokan (Kabir Bedi) die englischen Besatzer im Malaysia des 19. Jahrhunderts. Die Lage spitzt sich zu, nachdem sich der Freiheitskämpfer in Marianna (Carole André), die junge Tochter eines mächtigen englischen Kolonialherren, verliebt hat.
Sandokans Gegenspieler ist Sir James Brooke, der tatsächlich in Asien als “weißer Radja“ Angst und Schrecken verbreitete. Verkörpert wird er vom charismatischen Adolfo Celi (Abenteuer in Rio, Feuerball, Gib dem Affen Zucker), der dem Schurken menschliche Züge verleiht. Ebenfalls großartig ist Philippe Leroy, der als leicht schrulliger aber sehr kampferfahrener portugiesischer Adliger Yanez de Gomera Sandokan zur Seite steht.
Basierend auf Romanen von Emilio Salgari, dem „italienischen Karl May“, drehte Sergio Sollima (ursprünglich war Sergio Leone vorgesehen) diese Serie an Originalschauplätzen in Asien. Als das Resultat 1976 in Italien ausgestrahlt wurde, war Sandokan ein absoluter Straßenfeger und machte den Inder Kabir Bedi (als Sandokan war ursprünglich der Japaner Toshiro Mifune vorgesehen) zum Star, sowie die Titelmelodie von Guido und Maurizio de Angelis zum Hit.
In Deutschland lief zunächst ein auf 82 Minuten gekürzter Zusammenschnitt unter dem Titel Il Tigre im Kino, bevor dann die TV-Serie 1979 ebenfalls sehr erfolgreich in der ARD gezeigt wurde.
Mit fast demselben Team wie bei Sandokan – darunter die Darsteller Kabir Bedi und Carole André, sowie die Komponisten Guido und Maurizio de Angelis – verfilmte 1976 Sergio Sollima in Kolumbien mit Der schwarze Kosar einen weiteren sehr beliebten Roman von Salgari.
Unter dem Titel La tigre è ancora viva: Sandokan alla riscossa! drehte Sergio Sollima eine direkte Fortsetzung, bei der wieder Kabir Bedi, Adolfo Celi und Philippe Leroy dabei waren und die 1977 in die italienischen Kinos kam. Bei uns wurde der Film bisher weder auf der Leinwand gezeigt, noch auf Video oder DVD veröffentlicht.
20 Jahre (!) später entstand unter der Regie von Enzo G. Castellari (The Inglorious Bastards – Ein Haufen verwegener Hunde) die Fortsetzung Die Rückkehr des Sandokan. Hier wird erzählt, wie die junge Lady Dora Parker nach Indien reist, um die Biografie von Sandokan zu schreiben. Ihre Kutsche wird überfallen, doch die Räuber werden von Sandokan vertrieben. Der legendäre Freiheitskämpfer ist jedoch sofort wieder verschwunden, denn er muss seinem Freund Janez (Fabio Testi trat die Nachfolge von Philippe Leroy an) und dessen Frau, der Maharani Surama (Romina Power) helfen. Ihr Cousin Raska, der „schwarze Radja“ will die Maharani vom Thron vertreiben und lässt den britischen Gouverneur umbringen. Sandokan wird beschuldigt, der Mörder zu sein. Dora versucht Sandokan zu helfen…
Kabir Bedi überzeugt auch in der Fortsetzung immer noch als schwertschwingender Idealist und es ist völlig nachvollziehbar, dass die von schönen Deutsch-Inderin Mandala Tayde gespielte Lady Dora von ihm hin und weg ist. Die Besetzung ist wieder hochklassig, so gibt Django Franco Nero einen mysteriösen Schamanen und Mathieu Carriere geht wild augenrollend völlig auf in seiner Rolle als schurkischer Raska.
Die insgesamt sechsstündige Handlung mag manchmal ein paar seltsame Kapriolen schlagen und überrascht nur selten, doch insgesamt ist auch diese Miniserie ein großer Abenteuer-Spaß. 1998 drehte Sergio Sollima mit Kabir Bedi den Zweiteiler Il Figlio di Sandokan (Der Sohn des Sandokan), der aufgrund von Rechtsstreitigkeiten leider nie ausgestrahlt wurde.
Noch heute strahlt Kabir Bedi als Sandokan eine unbekümmerte Abenteuerlichkeit aus, die im TV nur sehr selten erreicht wird und an die besten Karl-Kay-Verfilmungen denken lässt. Sehr positiv ist auch die eindeutig antikolonialistische Ausrichtung der Geschichte.
Bei Fernsehjuwelen ist auf Blu-ray eine Box mit restaurierten Versionen von Sandokan – Der Tiger von Malaysia in HD und Die Rückkehr des Sandokan in SD erschienen. Enthalten ist dieses Bonusmaterial: 32-seitiges Booklet mit Text von Dominik Starck, Zweiteilige Featurette mit Sergio Sollima (29:25 min + 29:35 min), Deutscher zu Trailer zu Sandokan – Der Tiger von Malaysia (2:04 min), Vor- und Abspänne der deutschen Versionen (14:05 min), Abspänne der englischen Version (3:55 min), Bildergalerie mit seltenem Werbematerial (17:08 min), Fotogalerie Kinofassung (3:06 min), Fotogalerie Super-8-Cover (0:22 min), 63-minütige Super-8-Version von Sandokan – Der Tiger von Malaysia, Interview mit Matthieu Carriere (22:54 min), Outtakes aus Die Rückkehr des Sandokan (2:04 min), Deutscher Trailer zu Die Rückkehr des Sandokan (1:50 min)
Als Francis Ford Coppola 1992 mit Starbesetzung eine Verfilmung von Bram Stokers Klassiker Dracula in Szene setzte, war Mike Mignola als Illustrator und Storyboard-Artist an Bord. Ein Jahr bevor er mit Hellboydurchstartete, adaptierte Mignola den Kinofilm als Comic, der visuell ähnlich aufregend ausfiel wie Coppolas Film.
Die sich nah am Drehbuch orientierenden Texte stammen von Marvel-Legende Roy Thomas, der zuvor bereits das Skript zur von Howard Chaykin gezeichneten Comic-Version des ersten Star-Wars-Film schrieb.
Mignolas Comic erschien beim Trading-Cards-Anbieter Topps zunächst als vierteilige Heftserie und dann gebündelt als Tradepaperback, das in Deutschland 1993 bei Feest veröffentlicht wurde.
Daher erschien 2018 in den USA bei IDW eine schöne großformatige Neuausgabe, die Panini in einer geringfügig kleineren gebundenen Version veröffentlicht. Die Farben von Mark Chiarello sind in dieser Veröffentlichung noch knalliger als in der Erstauflage. Im Anhang sind Mignolas Bleistift-Zeichnungen von einige der Comic-Seiten zu sehen, die zeigen, wie groß der Beitrag vom Tuscher John Nyberg an diesem immer noch schwer beeindruckenden Gesamtkunstwerk war.
Nachdem Panini zuvor bereits im selben übergroßen Hardcover-Format mit Reiche Ernte das durchaus beeindruckende Comic-Comeback von Chris Scheuer präsentierte, folgt jetzt der nächste Klopper. In Land of Giants tobt sich Timo Wuerz (Black Metal, XCTLula & Yankee, Aaron und Baruch) in oft doppelseitigen plastischen Gemälden aus einer postapokalyptischen Welt so richtig aus.
Auf dem Cover des Albums wird das dreiköpfige Team Jan Cronauer, Mark Wachholz und Krystof Zlatnik als Autoren benannt. Mit Mathis Landwehr (Lasko – Die Faust Gottes) in der Hauptrolle hat das Trio bereits 2012 unter dem Label Roundhouse einen 12-minütigen Pilotfilm zu Land of Giants (nicht zu verwechseln mit Irvin Allens 60er-Jahre-TV-Serie Land of the Giants) per Crowdfunding produziert und online gestellt.
Die Geschichte spielt in einer einst hoch technisierten Welt, die von riesigen Wesen durch gewaltige Stürme zurück in die Steinzeit getrieben wurde. Einzige Hoffnung ist Crunch, der trotz starker Gehbehinderung zum Kampf gegen die Giganten antritt. Geplant ist eine TV-Serie und um diese wahrscheinlicher werden zu lassen, wurde Timo Wuerz angeheuert, der leider nicht am Video beteiligt war.
Der auf 80 Seiten souverän von Wuerz in Szene gesetzte Prolog ist sehr viel beeindruckender (und mystischer) als das sorgfältig inszenierte aber knapp budgetierte Filmchen. Der Comic könnte dazu beitragen, dass Bewegung in die Sache kommt. Wenn dabei “nur“ eine Comic-Serie auf dem Niveau des Eröffnungsbandes herauskommt, wäre das schon eine ganze Menge.
Dünn waren sie ja nur höchst selten die Bücher von Stephen King, doch mit Die Arena erreicht der Autor wieder den Umfang seines epischen Werkes The Stand, das zunächst mit moderaten 800 Seiten aufkam, später aber noch einmal um 400 nicht wirklich schlechte Seiten verlängert wurde. Diesen Umfang erreicht Die Arena auch.
Um dem Leser die Übersicht zu erleichtern gibt es auf den ersten Seiten des Buches eine Aufzählung der wichtigsten (aber nicht aller) Figuren sowie einen Lageplan des kleinen Städtchens Chester´s Mill, das sich natürlich mitten in Maine und somit in der Nähe von dem King Leser bekannter Ortschaft wie Castle Rock (Vorsicht sehr bissiger Hund!) oder Tarker Mills (Vorsicht Werwölfe!) befindet.
Gleich zu Beginn des Buches wird Chester´s Mill exakt entlang der Stadtgrenze von einer unsichtbaren aber unüberwindbaren Kuppel überzogen, die die 2.000 Bewohner der Kleinstadt von der Außenwelt ausgrenzt. Hauptfigur ist Dale “Barbie“ Barbara, der nach einer Schlägerei eigentlich den Ort verlassen wollte, doch durch die Kuppel ist dies nicht möglich. Da Barbera einst Elitesoldat war, wird er vom kaum verschlüsselt als Obama zu erkennenden US-Präsidenten zum Stadtkommandanten ernannt. Doch dies beeindruckt den skrupellosen Gebrauchtwagenhändler “Big Jim“ Rennie, der in der Stadt die Fäden zieht nur recht wenig, und seinen mordgierigen Sohn Junior, der vorschnell zum Hilfspolizisten ernannt wurde, erst recht nicht…
Bereits 1976 – also noch vor Shining – begann Stephen King mit der ersten Version von Die Arena gab aber auf, nachdem er 75 danach verschollene Seiten zu Papier brachte. Doch was King jetzt vorlegt, gehört zu seinen ausgereiftesten Werken, ja ist fast eine Art Comeback seiner irgendwo zwischen zunehmender literarischer Reife verschollen gegangenen Hochspannungs-Instinkte. Das Buch diente auch als Vorlage für eine Serie, die es auf drei Staffeln brachte und auch bei uns unter dem Originaltitel des Romans Under the Dome gezeigt wurde
Nachdem ihn ein Fan bei einer Signieraktion fragte, ob er vielleicht eine Ahnung hätte, was aus dem kleinen Jungen aus Shininggeworden sei, entwickelte Stephen King die Idee zu einem neuen Buch. Doctor Sleep erzählt von Danny Torrance, der als Erwachsener genau wie sein Vater Jack zu einem verantwortungslosen Alkoholiker geworden ist, planlos durch die USA zieht und gelegentlich als Krankenpfleger arbeitet. In einem Örtchen in New Hampshire wird er jedoch sesshaft und dank der Anonymen Alkoholiker auch trocken. Er lernt dort ein kleines Mädchen namens Abra kennen, das in einem noch sehr viel größeren Maße als er übersinnlich begabt ist und dadurch ins Visier einer uralten Sekte gerät.
Diese Gruppe, die sich der “Wahre Knoten“ nennt, in Wohnmobilen in den USA herumfährt und Kinder mit besonderen Fähigkeiten tötet um sich an deren “Lebenselixieren“ zu berauschen, gehört nicht gerade zu Kings originellsten Schöpfungen. Die ziemlich breit ausgewalzten Szenen mit dieser leicht albernen Sekte und ihrer nervigen Anführerin “Rose the Hat“ – besonderes Merkmal ist ein schief aufgesetzter Zylinder – erleichtern nicht gerade den Einstieg in das mit 700 Seiten mal wieder nicht eben dünne Buch. Spannender als diese Fantasy-Gespinste ist die Geschichte von Danny Torrance, der wieder Fuß fasst, Freunde findet und sich als liebevoller Sterbe-Begleiter in einem Hospiz den Spitznamen Doctor Sleep redlich verdient hat.
Wenn es dann zum großen Finale kommt, dürften dem Leser Danny Torrance und seine Freunde so stark ans Herz gewachsen sein, dass die Frage nach dem weiteren Verlauf ihres Schicksals absolute Hochspannung verbreitet. Insgesamt ist Doctor Sleep sehr viel mehr als eine Fortsetzung zu Shining, wenn auch kein Meisterstück wie etwa Kings letztes Epos Der Anschlag.
Trotz guter Besetzung mit Ewan McGregor und Rebecca Ferguson scheitert 2019 eine Verfilmung von Doctor Sleep daran, dass hier auch versucht wurde Stanley Kubricks Shining fortzusetzen.
Erst 1997, also fast drei Jahrzehnte nach seinem Erscheinen in den USA, kam dieses Buch auch endlich in Deutschland heraus. Der renommierte Filmkritiker Richard Schickel (Steven Spielberg: Seine Filme, sein Leben) setzte sich darin mit der immer noch zunehmenden Disneysierung auseinander, was darin resultierte, dass ihm verboten wurde als Bebilderung auf Filmfotos aus Disney-Filmen zurückzugreifen.
Schickel kam schon 1968, also kurz nach dem Tode des Firmengründers, zur Erkenntnis, dass die „Disney-Maschine (…) jedem Menschen, der in Amerika heranwächst, gleichsam einen Mickey-Maus-Hut aufsetzt. Unter kapitalistischen Vorzeichen betrachtet ist sie ein wahres Wunderwerk, in kultureller Hinsicht hingegen im Wesentlichen ein Grauen.“
Doch Schickels Buch ist keine wutschnaubende Abrechnung oder gar eine schmuddelige Biographie wie Marc Eliots Walt Disney – Genie im Zwielicht. Schickel setzt sich in Form einer Biographie differenziert mit den Werken Walt Disneys auseinander. Er lobt deren Vorzüge und sorgfältige Machart, zeigt aber auch immer wieder auf, dass bei Disney technisch zwar ständig die neusten Möglichkeiten genutzt wurden, hiermit aber meist inhaltlich und formal nur auf die Erkenntnisse und Ästhetik von vorgestern zurückgegriffen wurde. Ein immer noch höchst aktuelles Buch, das den Blick auf die sich kaum ändernden Mechanismen der populären Kultur schärft.
Eine bestens besetzte Liebesgeschichte von und mit Emma Thompson, im Hintergrund die Musik von George Michael und das weihnachtlich geschmückte London, was kann da schief gehen? Die Frage ist eher, was war da schief gegangen. Warum ist hier keine clevere romantische Komödie im Stile von Tatsächlich… Liebe oder Notting Hillentstanden?
Liegt es vielleicht an der Geschichte? Die vielseitig talentierte Emilia Clarke (Game of Thrones, Ein ganzes halbes Jahr, Terminator: Genisys, Solo: A Star Wars Story) versucht vergeblich eine ziemlich chaotische junge Frau namens Kate mit Migrationshintergrund und Beziehungsproblemen als zauberhaftes Wesen darzustellen.
Daher wird gar nicht so richtig mitgefiebert bei Kates seltsam verlaufender Love Story mit dem schwer zu greifenden Tom (Henry Golding). Das ist allerdings nicht weiter schlimm, denn die Sache geht ohnehin ganz schön blödsinnig aus. Da nutzt auch die schwungvoll in Szene gesetzte Weihnachtsfeier in der kirchlichen Suppenküche am Ende des Films nichts mehr.
Auch in Sachen nette Nebendarsteller –ansonsten ein Plus des britischen Kinos – ist Fehlanzeige zu vermelden. Ex-Karate-Lady Michelle Yeoh (Tiger and Dragon, Der Morgen stirbt nie) wird als sich seltsam benehmende Besitzerin von einen Laden für geschmacklosen Weihnachtskitsch verheizt.
Fast schon wieder versöhnlich stimmt, dass Emma Thompson nicht nur ein blödsinniges Drehbuch verfasst hat, sondern als Kates schreckliche Mutter, die mit schrecklichem osteuropäischem Akzent spricht, die undankbarste Rolle selbst übernommen hat.