Archiv der Kategorie: BUCH

Lesenswerte Bücher

John F. Kennedy – Das geheime Tagebuch: Europa 1937

Lange bevor John F. Kennedy 1961 Präsident der USA wurde, besuchte er als junger Mann gleich dreimal Deutschland. Bei seiner ersten Europa-Reise war er 1937 gemeinsam mit seinem Kumpel Lem Billings im eigens dafür über den Atlantik transportierten eigenen Cabrio unterwegs und führte er Tagebuch. Die sorgfältig editierten nicht immer einfach zu entziffernden Aufzeichnungen von JFK erscheinen in der Reihe Das vergessene Buch des Wiener DVB Verlags, in der auch Dorothy Thompsons Erlebnissbericht I saw Hitler! veröffentlicht wurde.

Im Gegensatz zu seinem hauptsächlich kulturell interessierten Kumpel Billings, beschäftigte sich JFK bereits auf seiner ersten Europareise sehr stark mit der politischen Situation vor Ort. Gerne nahm er einheimische Anhalter in seinem Auto mit und führte mit ihnen angeregte Gespräche. Daraus zog er oftmals recht seltsame Schlussfolgerungen, wie: “Faschismus ist das Richtige für Deutschland und Italien, Kommunismus für Russland und Demokratie für Amerika und England“ oder „Die Städte (am Rhein) sind alle sehr reizend, was zeigt, dass die nordischen Rassen den romanischen gewiss überlegen zu sein scheinen. Die Deutschen sind einfach zu gut – deshalb schließt man sich gerne gegen sie zusammen, um sich zu schützen…“

Die Lektüre des nicht allzu umfangreichen Tagebuchs lohnt sich aber auch, weil es einem sehr lebendigen und direkten Eindruck in die damaligen Verhältnisse bietet. Bemerkenswert ist auch, dass der aus einer sehr wohlhabenden Familie stammende JFK immer wieder gezwungen war, Filialen von American Express aufzusuchen, um seine Barschaften aufzustocken. Dass er und Billings oft in zweifelhaften Absteigen übernachteten, rückt ihren Trip in die Nähe einer Interrail-Reise.

Neben den Aufzeichnungen von JFK ist auch das Tagebuch von Lem Billings enthalten der mit sehr viel mehr Worten die selben Eindrücke wie JFK zu Papier brachte. Hinzu kommen aussagekräftige Fotos von der ersten Reise, so wie ein interessanter Text von Oliver Lubrich, der auch über die beiden weiteren Deutschland-Trips des späteren Präsidenten informiert.

1939 war es JFK bei seiner zweiten Reise durch seine Beziehungen als Botschaftersohn möglich, nicht nur nach Deutschland, sondern auch nach Danzig zu reisen. Damals notierte er sehr hellsichtig: „Sollte sich Deutschland zum Krieg entschließen, wird es versuchen Polen in die Rolle des Aggressors zu drängen und sich dann ans Werk zu machen.“ 1945 schließlich beobachtete der mit dem „Purple Heart“ dekorierte Kriegsheld JFK als Reporter die Potsdamer Konferenz. Alle diese Erlebnisse und Beobachtungen flossen mit ein in seine bemerkenswerte „Ich bin ein Berliner“-Rede.

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Aliens – Die Entstehungsgeschichte

Nach seinem sorgfältig recherchierten und prachtvoll bebilderten Buch über die Entstehungsgeschichte von Ridley Scotts Alien ließ der 2021 verstorbene Jonathan Rinzler ein ähnlich gehaltvolles Buch über die Fortsetzung des Science-Fiction-Klassikers folgen. Der Dreharbeiten von Aliens fanden ebenfalls in britischen Filmstudios statt, doch die Probleme die James Cameron dort hatte waren andere.

Ridley Scott hatte zuvor zwar zahlreiche Werbespots, doch nur einen Spielfilm gedreht, doch als Engländer hatte er kaum Probleme mit der britischen Crew. Ganz anders war es beim US-Regisseur Cameron, der 1985 mit seiner als Produzentin fungierenden Ehefrau Gale Anne Hurd und einem eigenen Team nach England.

Da Terminator, der vorherige Film von Cameron und Hurd noch nicht in den britischen Kinos angelaufen war, wurden der Regisseur und die Produzentin von den Studiotechnikern nicht für voll genommen. Dies wurde nicht besser, als der Workaholic Cameron versuchte, die in Großbritannien üblichen Teepausen zu verbieten, um den engen Drehplan einzuhalten.

Jonathan Rinzler beschreibt in seinem Buch, wie die Lage am Set eskalierte und wie die Kreativkräfte dennoch wieder zusammenfanden. Durch opulente Bebilderung dokumentiert Rinzler auch, wie Cameron parallel zu den Dreharbeiten fast ohne Computerunterstützung beeindruckende Spezialeffekte mit Miniaturmodellen von Raumschiffen und militärischen Gerätschaften in Szene setzte.    

Das Resultat ist ein dynamischer Science-Fiction-Film mit einer Sigourney Weaver, die zwar Waffen hasste, doch als Ripley mit vollem Einsatz den damals im Action-Kino alles andere als üblichen Prototyp einer selbstbewussten und tatkräftigen Frau spielte.

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Dorothy Thompson: Ich traf Hitler!

“Als ich Adolf Hitlers Zimmer betrat, war ich der festen Überzeugung, dem künftigen Diktator von Deutschland zu begegnen. Keine fünfzig Sekunden später war ich mir ziemlich sicher, dass dies nicht der Fall war. So lange dauerte es in etwa, um die verblüffende Bedeutungslosigkeit dieses Mannes zu ermessen, der die Welt in Atem hielt.“

Dies schrieb die Journalistin Dorothy Thompson, nachdem sie im Dezember 1931 versuchte Hitler im Berliner Hotel Kaiserhof zu interviewen. Doch dies gestaltete sich schwierig, “denn man kann mit Hitler kein Gespräch führen. Er redet die ganze Zeit so, als wäre er auf einer Massenveranstaltung, (…) In jeder Frage sucht er nach einem Motiv zu dem er loslegen kann.“

Dennoch verfasste Thompson für den Cosmopolitan einen vielbeachteten Artikel über ihr “Interview“ und verwendete diesen es als Grundlage für ihren Bestseller I saw Hitler!. Der Erfolg ihrer Texte schlug sich auch daran nieder, dass sie im August 1934 als erster amerikanischer Journalist aus Nazideutschland ausgewiesen wurde. Auch darüber schrieb Dorothy Thompson einen Zeitungsartikel. Good-Bye to Germany ist ebenfalls in diesem Buch enthalten.

Genau wie John F. Kennedy – Das geheime Tagebuch: Europa 1937 erscheint auch I saw Hitler! als sorgfältig editierte Ausgabe in der Reihe Das vergessene Buch des Wiener DVB Verlags. Zum Abdruck kommt die als Buch veröffentlichte Version des Textes über die Begegnung mit Hitler, die um eine 80-seitige kommentierte Bildstrecke zum “Aufstieg einer Partei und einen Führer“ ergänzt wurde. Neben einer Wachsfigur von Hitler, gibt es hier auch spitze Dolchringe für den Straßenkampf der SA zu sehen.

All dies relativiert die aus heutiger Sicht blauäugige Formulierung Thompsons, die damals angeblich “keine fünfzig Sekunden“ brauchte, “um die verblüffende Bedeutungslosigkeit“ Hitlers zu erkennen. Sie sah in ihm zwar auf Anhieb “Den Kleinen Mann“, spekulierte aber auch: “Vielleicht liegt darin, und gerade darin, das Geheimnis seines enormen Erfolges.“

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Alien – Die Entstehungsgeschichte

“Wenn man sich das überlegt, ist es schon beeindruckend, Ridley Scott hatte erst einen Spielfilm in seinem Leben gemacht. Er war vor allem bekannt durch seine TV-Werbespots. Ron Cobb hatte nie an einem größeren Film mitgearbeitet. HR Giger hatte überhaupt noch nie einen Film gemacht. Dan O’Bannon hatte erst einen Film hinter sich. Ich selbst keinen einzigen. Und da waren wir und werkelten an einem Film, über den manche Leute sagten, dass er größer als Star Wars werden könnte! Wir waren alle um die dreißig und noch unerfahren. Das war ein verrücktes Gefühl.“

Dies Zitat stammt von Ronald Shusett, in dessen Wohnung Dan O’Bannon Mitte der Siebziger einige Wochen auf dem Sofa schlief, nachdem Alejandro Jodorowskys Pläne über eine Verfilmung von Dune – Der Wüstenplanet grandios gescheitert waren. Shusett und O’Bannon schrieben in dieser Zeit am Drehbuch zu Alien, das bei Walter Hill (Nur 48 Stunden) landete. Dieser fand es – bis auf zwei recht blutige Sequenzen – ziemlich unterirdisch. Trotz zahlloser Kämpfe um Konzept, Design und Budget entstand ein absoluter Filmklassiker.

Der 2021 verstorbene Jonathan Rinzler hat sich als Autor von opulenten Büchern über die Entstehung von Filmen einen Namen gemacht. Da er dabei auch recherchierte, wie sich die Drehbücher im Laufe der Produktionsgeschichte änderten, war er der ideale Autor für den Comic The Star Wars – Die Urfassung. Hier spekuliert er darüber, wie “Episode IV“ ausgesehen hätte, wenn George Lucas 1974 gleich nach dem Ende der Dreharbeiten von American Graffiti grünes Licht zur Realisierung bekommen hätte.

Auch Rinzlers Buch über die Entstehungsgeschichte von Alien enthält zahlreiche Auszüge aus den verschiedenen Drehbuch-Versionen. Zudem durfte der Autor durfte sich einige Stunden mit dem Alien-Regisseur Ridley Scott unterhalten, und dieser stellte ihm seine Storyboards zum Film zur Verfügung. Davon kam einiges im Buch zum Abdruck und es erstaunt, was für ein talentierter Zeichner Ridley Scott ist. Außerdem hatte Rinzler Zugang zu den Tagebüchern des 2014 verstorbenen HR Giger. Diese belegen, wie stark der exzentrische Schweizer Künstler mit der Welt von Hollywood fremdelte. Doch Giger war auch klar, dass es für ihn keine bessere Werbung geben würde, als ein wirklich erschreckendes Kinomonster.

Das Resultat ist ein wuchtiger 330-seitiger Bildband, in dem die etwas kleingedruckten aber äußerst spannenden Texte mindestens so wichtig sind, wie die Fotos und Entwurfszeichnungen.         

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Cinema präsentiert 100 Jahre Walt Disney

In letzter Zeit hat Panini allerlei Filmbücher veröffentlicht, die von “Europas größter Film-Lifestyle-Zeitschrift“ Cinema zusammengestellt wurden. Ich persönlich war sehr positiv von dem in dieser Reihe erschienenen Buch Inside James Bond überrascht, da es auch inhaltlich punkten kann.

Beim ersten Durchblättern von 100 Jahre Walt Disney kam wenig Vorfreude auf. Schon nach wenigen Seiten waren Bilder aus Disneyland, König der Löwen und der Hamburger Musical-Inszenierung von Die Eiskönigin zu sehen. Das weckte ungute Erinnerungen an die von Thomas Gottschalk moderierte Disney-Jubiläumsshow auf RTL, die sich nur am Rande mit der Historie der Company beschäftigte.

Doch das Cinema-Buch wird dem auf dem Cover verkündeten Anspruch gerecht, den “Weg vom Maus-Haus zum Entertainment-Giganten“ zu beschreiben. Allerdings ist es nicht ganz einfach diesen auf 24 Seiten beschriebenen Weg zu folgen. Dieser wird immer wieder von “Facts, Hintergründen und Interviews“ unterbrochen, die offensichtlich völlig willkürlich vom Layouter im Buch platziert wurden.

Der Großteil des Buchs beschäftigt sich jedoch – thematisch durchaus passend – mit den “100 besten Filmen“. Dabei wird der Begriff „Disney“ sehr großzügig ausgelegt und auch Produktionen aus den Bereichen Pixar, Classic Hollywood, Marvel, Star Wars oder 20th Century (Fox) berücksichtigt werden.

Die 100 Filme erhalten auch eine Bewertung, wobei es nicht allzu kritisch zugeht. Bereits Reinhold Reitberger schrieb 1979 in seiner bei Rowohlt erschienenen Bildmonografie zu Walt Disney, dass – nachdem Richard Schickel in The Disney Version am sauberen Studio-Image gerüttelt hatte – sich künftige Autoren, die auf eine ansprechende Bebilderung Wert legen, im Text “drauf angewiesen sind, sich eine gewisse Mäßigung aufzuerlegen.“

Daher hält sich auch dieses Buch zurück und beschreibt (und bebildert) eher die positiven Aspekte und die gelungenen Filme. Bei aller Kritik an der Auswahl der besprochenen Filme – inklusive meiner Verwunderung darüber, dass die erste Version von Arielle, Cinderella, Bambi oder Lilo & Stitch in der Bewertung nur vier von fünf Punkte erhalten haben – möchte ich mich auf diesem Wege noch dafür bedanken, dass auch ein Film Aufnahme in die Top Hundred fand, der mit bisher völlig entgangen war.

2022 erlebte mit Chip und Chap: Die Ritter des Rechts auf Disney+ ein Film seine Premiere, der auf der gleichnamigen Zeichentrickserie mit den bei uns als Ahörnchen und Behörnchen bekannten Nagetieren, die Mitglieder einer tierischen Rettungstruppe sind. In der neuen Filmversion agiert das Duo in unserer realen Welt ist, wobei Chip weiterhin eine Zeichentrickfigur ist, während Chap als 3D-Animation-Auftritt. Das Resultat ist ein ziemlich verrücktes und tricktechnisch spektakuläres Update von Roger Rabbit, wobei  der Hase auch einen Gastauftritt absolviert.    

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Daniel Kehlmann: Lichtspiel

Georg Wilhelm Pabst wurde durch Filme wie Die freudlose Gasse oder Westfront 1918 zum neben Murnau und Fritz Lang bedeutendsten Regisseur des frühen deutschen Kinos. Er verfilmte auch Bertold Brechts Dreigroschenoper und war politisch alles andere als ein Freund der Nationalsozialisten. Da er zur Zeit der Machtergreifung in Frankreich drehte, beschloss er nicht nach Deutschland zurückzukehren. 

Stattdessen inszenierte er den Hollywood-Film A Modern Hero, der jedoch ein finanzieller Reinfall wurde. Da Pabst sicher war, dass er in den USA in absehbarer Zeit keinen weiteren Film drehen würde, kehrte er nach Europa zurück. In Frankreich setzte er seine Arbeit fort, doch als er im September 1939 zusammen mit seiner Ehefrau Trude und seinem Sohn seine kranke Mutter in Österreich besuchte, brach der Zweite Weltkrieg aus. Die Familie saß fest, und die Nazis, die Pabst bereits in Hollywood bedrängt hatten, wieder in Deutschland zu drehen, nutzen die Umstände aus, um den namhaften Regisseur für ihre Zwecke einzuspannen.

Tatsächlich begann Pabst wieder deutsche Filme zu drehen. Doch er versuchte nicht nur zu verhindern, dadurch Nazi-Ideologie zu verbreiten, sondern gab sich große Mühe, Kunstwerke zu produzieren. So platzierte er etwa in dem Biopic Paracelsus eine wild entfesselte Tanzsequenz, die ebenso so drastisch wie faszinierend darstellt, wie die Pest in einer mitteleuropäischen Stadt im 16. Jahrhundert ausbrach.

In seinem Roman Lichtspiel spekuliert Daniel Kehlmann (Die Vermessung der Welt, Ich und Kaminski) darüber, wie und warum Pabst 1944 in Prag mit vollem kreativen Einsatz den heute verscholleneren und auf einem Buch von Alfred Karrasch basierenden Film Der Fall Molander drehte. Als der Regisseur im Roman vom Darsteller Paul Wegener (Der Golem) gefragt wird ob es nicht seltsam ist “mitten im Weltuntergang so einen Film zu drehen“, lässt Kehlmann Pabst antworten: “Die Zeiten sind immer seltsam. Kunst ist immer unpassend. Immer unnötig, wenn sie entsteht. Und später, wenn man zurückblickt, ist sie das Einige, was wichtig war.“

Kehlmann orientiert sich in Lichtspiel an tatsächlichen Ereignissen, biegt sich diese aber auch zurecht. So ist es unwahrscheinlich, dass Trude Pabst zusammen mit der Darstellerin Henny Porten in einem Promi-Lesezirkel ausschließlich die Romane von Alfred Karrasch lass und besprach. Doch diese köstliche Sequenz verdeutlich, was für einen Kitsch der von den Nazis geschätzte Autor geschrieben hat und wie schwierig es ist, ein Buch von Karrasch in einen großartigen Film zu verwandeln.

Eine ebenfalls sehr originelle – aber auch die Handlung vorantreibende – Idee ist es, im Kapitel über die Premiere von Paracelsus, den fiktiven zynischen britischen Schriftsteller Rupert Wooster als Hauptfigur einzusetzen und sich über die Großartigkeit des Films wundern zu lassen. Genau wie der real existierende Literat P. G. Wodehouse wurde auch Kehlmanns Wooster von den Nazis in seiner Villa in Frankreich verhaftet und dazu gezwungen im Radio Propaganda-Beiträge aufzusagen. Diese nutzte er jedoch dazu, sich über seine Situation und seine Peiniger lustig zu machen.   

Daniel Kehlmann gelang ein erstaunlich vielschichtiges Buch, das auch durch den beständigen Wechsel der Erzählperspektive fasziniert. Zugleich ist Lichtspiel ein spannender Trip durch die deutsche Filmgeschichte.

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Loriot: Er lebe hoch!

Als am 22. August 2011 Vicco von Bülow alias Loriot verstarb, wird wohl kaum jemand “Ach, ach was“ gedacht haben, sondern es eher bedauert haben, dass hier jemand von uns gegangen ist, der immer wieder bewiesen hat, dass es fernab vom Herrenwitz so etwas wie deutschen Humor gibt. Doch zum Glück hat Loriot uns sehr viel hinterlassen: Zum Beispiel die zwei Herren in der Badewanne, das schief hängende Bild, die Nudel an der Nase, den Lotto-King Erwin Kindemann, Opa Hoppenstedt, ein Klavier, ein Klavier sowie Wum und Wendelin.

59 CartoonistInnen und AutorInnen feiern in diesem Buch den 100. Geburtstag von Loriot. Das Cover stammt von Rudi Hurzlmeier, der dazu anmerkt: “Dieses Bild hat Loriot offenbar recht gut gefallen – sein Verleger schenkte ihm das Original zum 70ten und er schrieb mir danach, dass er es sich vor dem Spiegel gehängt hat.“

Das quadratische Buch enthält auf 100 Seiten neben amüsanten Texten von Otto Waalkes, Harpe Kerkeling und Thomas Gsella, einige teilweise sehr originelle Varianten von Loriots Klassikern. Katharina Greve lässt schickt den Papst unter dem Motto “Pappa Ante Portas“ zum Krämer: “Mein Name ist Ratzinger und ich kaufe hier ein.“

André Sedlaczek vermute manchmal, dass Olaf Scholz von Loriot gesprochen wird. Bei Uli Doring erklärt ein Kunstpfeifer, dass er “schon auf die Krönung der Queen, auf die Unno und den Weltklimagipfel gepfiffen hat.

Was besonders stark bei diesen Cartoons auffällt, ist, dass es kaum einem der beteiligten Kreativen gelingt Loriots Figuren “richtig“ zu zeichnen (und das liegt nicht nur daran, dass viele Beteiligte versuchen einen eigenen Stil zu pflegen).

Dadurch wird klar, dass Loriot nicht nur als der Verfasser von unvergesslichen Gags oder als grandios wandlungsfähiger Schauspieler, sondern auch als Zeichner eine Ausnahmebegabung war.

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James Bond: Doppelt oder nichts

Cross Cult hat in vierzehn sehr schön aufgemachten Büchern alle Romane und Kurzgeschichten, die Ian Fleming von 1953 bis zu seinem Todesjahr 1964 schrieb, in der Reihenfolge ihrer Entstehung veröffentlicht. Anschließend folgten – beginnend mit Colonel Sun (1968) von Robert Markham – ebenfalls chronologisch geordnet jene 007-Romane, die nicht aus der Feder von Fleming stammen.

Parallel dazu erschienen bei Cross Cult auch als deutsche Erstveröffentlichung von frisch erschienenen James-Bond-Abenteuern. Den Anfang machte mit Trigger Mortis – Der Finger Gottes, Ewig und ein Tag sowie Mit der Absicht zu Töten eine angenehm nostalgisch angehauchte 007-Trilogie von Anthony Horowitz, die zwischen 1953 und 1964 spielt, also in jenen Jahren in denen Flemings Romane entstanden sind.

Auch die Britin Kim Sherwood arbeitet an einer Trilogie, die in der Welt der Doppelnull-Agenten spielt. Doch – Oh Schreck! – , auf dem Cover ist zu lesen: “James Bond ist verschwunden“, gerade jetzt wo der an Elon Musk erinnernde Milliardär Sir Bertram Paradise mit Hightech den Klimawandel rückgängig machen will. Doch ist er wirklich ein Wohltäter der mit Wetterwaffen unseren Planeten retten will?

Sherwoods erster Double-O-Roman spielt in unserer Gegenwart, bzw. in einer nahen Zukunft, die vielleicht ohne James Bond auskommen muss. Im Zentrum des Buches stehen mit Johanna Harwood, Joseph Dryden und Sid Bashir, die divers besetzten und interessant charakterisierten Agenten 003, 004 und 009. Im MI6 hat sich einiges geändert. Ein Duo von Computernerds hat Q beerbt und Miss Moneypenny nimmt jetzt weitestgehend die Tätigkeiten vom M wahr.

Mit Zustimmung der Rechteinhaber durfte Kim Sherwood die Geheimdienst-Welt von Ian Flemings aktualisieren. Gleichgeblieben sind jedoch die präzise beschriebenen Schauplätze, wie diesmal etwa der Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan, die überraschenden Wendungen und die mitreißend zu Papier gebrachte Action. Es bleibt spannend, wie es Anfang 2024 im nächsten Double-O-Roman A Spy Like Me weitergeht. Wenn bis dahin noch kein Nachfolger von Daniel Craig gefunden wurde, könnte ja nach Sherwoods Vorlage erst einmal ein Double-O-Film ohne James Bond entstehen.

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Stephen King: Holly

“Ich kann mich einfach nicht von Holly verabschieden. In Mr. Mercedes sollte sie eigentlich nur eine Nebenrolle spielen, aber irgendwie hat sie das Buch übernommen und mein Herz gestohlen.“

Als Stephen King 2014 Holly Gibney erstmals in Mr. Mercedes auftreten ließ, war sie noch keine clevere Privatermittlerin, sondern eine Frau im mittleren Alter, die laut King unter einer “Zwangsstörung mit einem riesigen Minderwertigkeitskomplex“ leidet. Dies wird von ihrer Mutter ausgenutzt, die versucht zu verhindern, dass Holly ein selbstbestimmtes Leben führt.

Erst das Vertrauen, das Bill Hodges ihr gegenüber aufbringt, lässt sie so viel Selbstvertrauen entwickeln, dass sie ihre vermeintliche Schwäche als Gabe sieht und gemeinsam mit dem pensionierten Polizisten die Agentur Finders Keepers gründet. Mit Finderlohn und Mind Control schrieb King zwei weitere Romane, in denen Holly an der Seite von Bill Hodges ermittelt und auch in seinen Buch The Outsider spielte die nur scheinbar unscheinbare Ermittlerin eine wichtige Rolle. Danach stand Holly in Kings Novellen-Sammlung Blutige Nachrichten im Zentrum der Titelgeschichte.

In den Serien Mr. Mercedes und The Outsider wurde sie von Justine Lupe und von Cynthia Erivo verkörpert. Die Krönung von Hollys “literarischer Karriere“ ist jetzt ein nach ihr benannter Roman. Hier erhält Holly Gibney von einer besorgten Mutter den Auftrag nach deren verschwundenen 25-jährigen Tochter Bonnie zu suchen. Schon recht bald muss sie feststellen, dass dies kein Einzelfall ist und in jenem Städtchen in Ohio, in denen bereits die Mike-Hodges-Romane spielten, schreckliche Dinge geschehen.

Im letzten Jahrzehnt wurden in der Nähe des Bell College of Arts and Science bereits einige Menschen zum letzten Mal gesehen. Da dies nur alle zwei Jahre geschah, keine Leichen gefunden wurden und es sich sowohl um Männer, Frauen als auch um Kinder handelte, sah die Polizei keine Zusammenhänge. Dies änderte sich auch nicht nachdem Bonnie verschwunden, denn Mitte 2021 steckte die Welt mitten in der Corona-Krise und viele Beamten waren erkrankt.

Kings Spannungsaufbau ist meisterlich. Der Roman beginnt 2012 und erzählt vom ersten Opfer, dann geht es im Juli 2022 weiter und Holly beginnt ihre Ermittlungen. Ihre Geschichte wird immer wieder von Rückblenden unterbrochen, die das perverse Ausmaß der grausamen Morde nach und nach verdeutlichen. Als das Buch im letzten Drittel auf einer einzigen Zeitebene spielt, hängt die Story gelegentlich etwas durch. Doch es ist weiterhin faszinierend dabei zu sein, wenn Holly ermittelt und zugleich versucht einige Geister aus ihrer Vergangenheit zu vertreiben.

Es würde den Rahmen dieser Rezension sprengen, wenn auch noch ausgeführt wird, wie großartig King es gelingt die Corona-Krise und den gleichzeitig in den USA wütenden Donald Trump mit der Haupthandlung zu verknüpfen. Dies gilt auch für das weitere Schicksal der mit Holly befreundeten Geschwister Barbara und Jerome Robinson, die allen Fans der Bill-Hodges-Romane ans Herz gewachsen sein dürften.

Fazit: Bevor Stephen King in Zukunft irgendetwas mit Revolvermännern und schwarzen Türmen schreibt, sollte er lieber mal wieder bei Holly vorbeischauen.

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Stephen King: Der Werwolf von Tarker Mills

Stephen King ist als Verfasser von Vorworten mindestens ebenso großartig wie als Romanautor. Auf den ersten Seiten dieses Buchs beschreibt er äußerst amüsant, warum Cycle of the Werewolf 1979 als Kalender mit Bildern des Comiczeichners Bernie Wrighton (Swamp Thing, The Stand) konzipiert wurde.

Daher sind die ersten sechs in den Monaten Januar bis Juni spielenden Kapitel recht kurz geraten. King beschreibt darin, wie es im Bereich des fiktiven Städtchen bei Vollmond zu brutalen Morden kommt und die Polizei vermutet, dass es sich um einen Serienmörder handelt.

Cover der US-Erstausgabe von 1983

King hoffte zunächst die Geschichte in zwölf Tagen fertigzustellen, da lediglich fünfhundert Worte pro Kapitel vorgesehen waren. Doch ihn kamen immer andere Aufträge dazwischen und so richtig in Fahrt kam er erst, als er damit anfing zu erzählen, wie die Stadtverwaltung von Tarker’s Mills wegen der Morde das Feuerwerk zum Unabhängigkeitstag verboten hatte.

Der im Rollstuhl sitzende 10-jährige Marty Coslaw wollte am 4. Juli dennoch einige Raketen abfeuern und den Werwolf (mit einem Feuerwerkskörper) traf. Die Geschichte des kleinen Marty, der sich so sehr auf den Unabhängigkeitstag gefreut hatte, brachte King dazu in Kapitel 7 weit mehr als fünfhundert Worte zu schreiben.

Dadurch wurde aus dem Kalender (auch dank der Illustrationen von Wrightson) ein knapp 130-seitiges Buch, das 1983 erschien. Bei uns kam es zwei Jahre später unter dem Titel Das Jahr des Werwolfs heraus. Zu dieser Zeit kam mit Silver Bullet auch eine Verfilmung des Buchs in die Kinos, dessen Drehbuch von King stammt.

Cover der deutschen Erstausgabe von 1985

Aktuell hat sich der Splitter Verlags der Geschichte noch einmal angenommen. Dort ist auch eine gebundene Neuausgabe der von Bernie Wrighton gezeichneten Comicadation des von Stephen King geschriebenen Films Creepshow erschienen.

Auch Der Werwolf von Tarker Mills erscheint im Überformat und das Buch ist jetzt doppelt so groß wie die alte Ausgabe von Bastei Lünne. Dies bekommt den Illustrationen von Wrightson sehr gut. Dieser hat zu jedem der zwölf Kapitel eine farbige Illustration, eine schwarzweiße Landschaftsillustration im Holzschnittstil und eine aussagekräftige Vignette beigesteuert. Die ebenfalls recht gruselige Werwolfspranke auf dem Cover hingegen stammt von Splitter-Boss Dirk Schulz.    

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