Pardon

Unter dem durchaus passenden Titel Teuflische Jahre wird noch bis zum 19. März im Caricatura Museum Frankfurt der 60. Geburtstag des Satiremagazins Pardon gefeiert. Wer es nicht in die Ausstellung schafft, enthält durch einen sehr schön zusammengestellten Katalog ebenfalls einen äußerst lebendigen Einblick in den Auf- und Abstieg der Monatsschrift, die zeitweilig mit einer Auflage von über 300.000 Exemplaren ein Millionenpublikum zum Lachen aber auch ins Grübeln brachte.

Die Pardon-Ausstellung erfreut durch eine erstaunlich hohe Anzahl von großartigen Originalzeichnungen. Kuratoren waren der ehemalige stellvertretende Pardon-Chefredakteur Gerhard Kromschröder und der Grafiker Till Kaposty-Bliss, der die Ausstellung auch durch Sperrmüllfunde bereichert hat. Die Vielzahl der wohlüberlegt angeordneten Exponate lassen darüber staunen, wer alles – von Volker Ernsting über Kurt Halbritter, Brösel, Volker Reiche, Tom Bunk, Gerhard Seyfried, Bernd Pfarr, Peter Butschkow, Tetsche bis hin zu Erich Rauschenbach für das Satiremagazin tätig war.

Im September 1962 erschien die erste Ausgabe von Pardon. Enthaltenwaren Texte von Hans Magnus Enzensberger, Ephraim Kishon und Erich Kästner, der wortgewaltig davon erzählt, wie schwierig es war, im harmoniesüchtigen Nachkriegsdeutschland eine satirische Zeitschrift zu etablieren und Pardon viel Erfolg wünschte. Das Cover der Ausgabe wurde bereits für eine nicht für den Verkauf bestimmte Nullnummer verwendet. Es stammt von Loriot und zeigt dessen berühmtes Knollennasenmännchen, das – versteckt in einem prächtigen Blumenstrauß – dem Betrachter eine Bombe mit brennender Lunte entgegen hält. Dieses Bild ist genau wie Loriots Entwürfe zum Cover der Pardon-Ausgabe vom März 1977 im Caricatura Museum als Original zu sehen.

Das Cover der Nullnummer stammt von Loriot und zeigt dessen berühmtes Knollennasenmännchen, das versteckt in einem prächtigen Blumenstrauß dem Betrachter eine Bombe mit brennender Lunte entgegenhält. Pardon zeigte den Mächtigen im Lande immer wieder kunstvoll den Stinkefinger. Franz Josef Strauß, den 1972 ein Pardon-Titelbild lächelnd neben der eine Bombe haltenden Ulrike Meinhof zeigt, hatte das Satiremagazin achtzehnmal erfolglos verklagte.  

Pardon-Cover von Horst B. Baerenz

Doch leider fühlte sich Herausgeber Nikel nicht nur für Satire, sondern auch für Literatur, Philosophie und – schlimmer noch! – für Bewusstseinserweiterung zuständig. Spätestens als 1977 ein Cover einen schwebenden Mann im Lotussitz vor blauem Himmel zeigte und einen “unsatirischen Bericht zum Thema “Kein Witz: Ich kann fliegen!“ hatten viele Mitarbeiter die New-Agen-Faxen dick.

Für Peter Knorr war Pardon “aus den lichten Höhen rational aufklärerischer Satire in die Schleimgruben esoterischer Weltsicht“ geraten. Daher hatten sich im Laufe der Jahre viele PARDON-Mitarbeiter, wie die Urgesteine der Neuen Frankfurter Schule Robert Gernhardt, F. W. Bernstein und F. K. Waechter, oder Clodwig Poth verabschiedet und nach einer Alternative gesucht. Im November 1979 tauchte dann erstmals das “endgültige Satiremagazin“ Titanic auf.

Ein knappes Jahr später legte Nikel sein Amt als Chefredakteur nieder und Henning Venske übernahm den Posten. Der auch aus der Sesamstraße bekannte Kabarettist konnte noch kurz punkten, indem er die seinerzeit omnipräsente Werbekampagne eines Kräuterlikör-Fabrikanten mit dem von einem zehnjährigen Jungen aufgesagten Slogan “Ich trinke Jägermeister, weil mein Dealer zurzeit im Knast sitzt“ veralberte.

Vor Gericht wurde Pardon auf Schadenersatz verklagt und musste eine Gegendarstellung der Schnapsfirma veröffentlichen. Dies geschah dann in einer Ausgabe, auf deren Cover ein Säugling an der Mutterbrust zu sehen ist und der zugehörige Text lautet “Ich trinke Jägermeister, weil meine Mami voll davon ist.“ Als Pardon in Berufung ging, zog Jägermeister den Schwanz ein und alle Forderungen zurück. Danach hielt das Satiremagazin noch bis Juli 1982 durch, wurde dann eingestellt und zwei Wiederbelebungsversuche scheiterten.

Der schöne Katalog zur Ausstellung präsentiert neben den Covern sehr interessante Texte von Pardon-Veteranen wie Herbert Feuerstein, Otto Waalkes, Alice Schwarzer, Hannes Wader oder Günter Wallraff. Leider ist genau wie in der Ausstellung nur wenig über Pardons bahnbrechendes Patenkind, das Comicmagazin Slapstick, doch sonst ist alles prima.   

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