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Auclair: Simon vom Fluss

1973 startete in Tintin eine Serie, die so gar nicht zum kinderfreundlichen Konzept des frankobelgischen Comic-Magazin passen wollte. Geboten wurden dort formelhafte Geschichten in eskapistischen Genre-Serien wie Rick Master, Michel Vaillant oder Dan Cooper.

Auclair: Simon vom Fluss

Simon du Fleuve hingegen spielt in einer dystopischen Zukunft, die bedrohlich nah und glaubhaft wirkt. Zugleich beschwor der Autor und Zeichner Claude Auclair aber auch die Schönheit der Natur. Erst in der zweiten Episode (bzw. Strophe) seiner ersten Simon-Geschichte Die Ballade des Rotschopfs wurde klar, dass sich die Handlung nicht auf einer alles andere als überbevölkerten Erde in grauer Vorzeit abspielte, denn im Hintergrund des ersten Panels sind gewaltige Strommasten zu sehen.

Wie es dazu kam, dass die Menschheit in primitiven Verhältnissen lebt, in der das Recht des Stärkeren gilt, erzählt Auclair als Rückblende in seiner zweiten Story Der Clan der Zentauren. Absolut untypisch für die Veröffentlichung in einem eher konservativen Comic-Magazin, thematisiert Auclair die Proteste der 68er-Bewegung, die gegen den kriegstreibenden Imperialismus der Großmächte demonstrierten.

Zwar kam es nicht zum Atomkrieg, doch Kämpfe um Rohstoffe und Explosionen sozialer Sprengstoffe zerstörten die alte Ordnung. Die Menschen wurden wieder zu Jägern, Sammlern, Bauern, Nomaden, Söldnern oder Clan-Chefs. Simon, den Auclair mit einer 1973 alle andere als üblichen langen blonden Haartracht ausstattete, versucht seinen Platz in dieser unsicheren Umgebung zu finden und die herrschenden Verhältnisse zu verbessern.

Bei uns erschien Auclairs Comic erstmals 1981 im Fachmagazin Comixene unter dem Titel Marc Simon und wurde dort auf dem Cover als “SF-Epos“ und “düstere Utopie“ angepriesen. Zwei Jahre später startete Carlsen die Serie als Simon: Zeuge der Zukunft und veröffentlichte alle neun auch in Frankreich erschienenen Alben.

Auclair: Simon vom Fluss

Doch erst die dreibändige Gesamtausgabe von Cross Cult enthält den kompletten Simon, denn hier ist auch die erste Geschichte Die Ballade des Rotschopfs enthalten. Diese durfte nach dem Abdruck in Tintin aufgrund rechtlicher Probleme nicht als Album veröffentlicht werden. Angeblich handelt es sich um ein Plagiat von Jean Gionos Roman Das Lied der Welt. Doch für Auclair war die Geschichte eine Hommage, die er Giono gewidmet hat.

Auclair: Simon vom Fluss

Wie von Auclair ursprünglich gewünscht, kommt Die Ballade des Rotschopfs nicht farbig wie in Tintin sondern in Schwarzweiß zum Abdruck. Der erste Band der Gesamtausgabe enthält zudem in Farbe noch die beiden Alben Der Clan der Zentauren und Die Sklaven, die zeigen was für Fortschritte der Zeichner Auclair in kurzer Zeit machte.

Auclair: Simon vom Fluss

Hinzu kommt ein 36-seitiges Dossier von Patrick Gaumer, das sehr lebendig die Comic-Welt der frühen 70er-Jahre beschwört, aus der Simon vom Fluß hervorging. Sehr interessant ist auch das Vorwort von Andreas C. Knigge (1001 Comics), dem immer noch sehr deutlich die Begeisterung anzumerken ist, die ihn vor vierzig Jahren als Co-Herausgeber der Comixene dazu brachte, Auclairs Comic in einem Fachmagazin zu veröffentlichen.

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Nick der Weltraumfahrer

Als am 4. Oktober 1957 bekannt wurde, dass es den Russen gelungen war, den Satelliten Sputnik ins All zu senden, löste dies in der westlichen Welt Panik aber auch große Betriebsam aus. Schon wenige Tage später forderte der Verleger Walter Lehning von seinem zuvor mit seinen Helden Sigurd und Tibor eher im Mittelalter oder Dschungel tätigen Comic-Erzähler Hansrudi Wäscher eine Weltraum-Serie.

Nick der Weltraumfahrer

Ein Name für seinen Helden fiel Wäscher sofort ein und er verkürzte Sputnik zu Nick. Bereits im Februar 1958 kam das erste Comic-Heft im streifenförmigen Piccolo-Querformat an die Kioske und Nick der Weltraumfahrer startete ins Abenteuer. Damit es auch wirklich jeder kapiert gab man der ersten Ausgabe von “Nick“ auch noch den von unfrommen Wünschen getragenen Titel “Sputnik explodiert!“.

Nick der Weltraumfahrer

Dazu, dass dieser deutsche Comic-Klassiker eine direkte Reaktion auf den ersten Schritt bei der Eroberung des Weltalls war, passt das nur auf den ersten Blick ungewöhnliche Konzept dieses Buchs. Andreas C. Knigge, der für Hansrudi Wäscher mit seinem Buch Allmächtiger! bereits ein beeindruckendes literarisches Denkmal geschaffen hatte, konzentriert sich in Der Griff nach den Sternen auf den Weltraumfahrer Nick.

Nick der Weltraumfahrer

Dabei fasst Knigge mit sanfter Ironie die Inhalte von Wäschers Streifenheften zusammen, die sich ganz gewiss nicht vor den Geschichten bei Star Trek oder Raumpatrouille Orion verstecken müssen. Er setzt die Geschichten aber auch in Beziehung zum gleichzeitig ablaufenden politischen und raumfahrttechnischen Tagesgeschehen. Recht interessant ist in diesem Zusammenhang auch die arte-Dokumentation Generation Sputnik – Das goldene Zeitalter der Science-Fiction in der Knigge fundiert über Nick, Barbarella oder Valerian und Veronique plaudert.

Nick der Weltraumfahrer

Das Buch Der Griff nach den Sternen endet nicht in den 60er-Jahren als es mit Nick (erstmal) zu Ende ging, sondern beschreibt auch die Wiederauferstehung in Norbert Hethkes Sprechblasen-Imperium und auch wie es Nick wirklich ins All schaffte. Als der deutsche Physiker Prof. Dr. Ulrich Walter 1993 zum Astronauten wurde, nahm er auf einer Nasa-Mission drei eigens hierfür von Wäscher geschaffene Nick-Zeichnungen im leichten Piccolo-Überformat mit in den Weltraum!

Nick der Weltraumfahrer

Auch dieses das schöne Buch hat noch etwas Exklusives von Wäscher an Bord : Zwei zuvor unveröffentlichte Piccolo-Hefte.

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1001 Comics, die Sie lesen sollten, bevor das Leben vorbei ist

Der englische Comicexperte Paul Gravett (Manga – Sechzig Jahre japanische Comics) griff für sein 2011 erschienenes Buch 1001 Comics You Must Read Before You Die: The Ultimate Guide to Comic Books, Graphic Novels and Manga auf die Hilfe von fast 70 Fachleuten aus aller Welt zurück. Andreas C. Knigge konnte seinerzeit nicht an dem voluminösem Werk mitarbeiten, denn er schrieb gerade an der äußerst interessanten Biographie Allmächtiger! Hansrudi Wäscher – Pionier der deutschen Comics. Doch bei der deutschsprachigen Ausgabe hat er sich nicht nur als Übersetzter eingebracht. 1001 Comics, die Sie lesen sollten, bevor das Leben vorbei ist

Andreas C. Knigge hat als Mitbegründer der Fachzeitschrift Comixene und als Cheflektor des Carlsen Verlags viel dazu beigetragen, dass Comics in Deutschland salonfähig wurden. Zu 1001 Comics: die Sie lesen sollten… schrieb er circa 100 neue Einträge und so fanden auch Aktualitäten wie Packeis von Simon Schwartz oder Habibi von Craig Thompson Berücksichtigung.

1001 Comics, die Sie lesen sollten, bevor das Leben vorbei ist

Gravettes sehr sinnvolle chronologische Gliederung blieb jedoch erhalten, dadurch wird das Buch auch zu einer spannenden Zeitreise durch die Geschichte der Comics. Es ist etwas schade, dass nicht zu jedem (aber immerhin zu mehr als jedem zweiten) vorgestellten Comic eine Abbildung vorhanden ist.

1001 Comics, die Sie lesen sollten, bevor das Leben vorbei ist

Dass von gewissen Serie wie Tim und Struppi oder Asterix gleich mehrere Alben aufgenommen wurden, wirkt ein wenig so, als wenn ansonsten nicht die magische Grenze von “1001 Comics“ erreicht worden wäre. Andreas C. Knigge sieht dies nicht so: “Hier stehen im Gegensatz zu Serien Einzelbände im Vordergrund, und das betont den besonderen Charakter von Ausnahmezeichnern wie Barks oder Hergé.“

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Das Buch ist schon deshalb gelungen, weil es zu Diskussionen darüber einlädt, warum manche Comics aufgenommen wurden während andere fehlen. Zugleich gibt es Neueinsteigern eine gute Übersicht über lesenswerte Comics. Weil aber auch weit über den nationalen, frankobelgischen, US-amerikanischen und japanischen Tellerrand geblickt wird, dürften auch Experten allerlei neue Anregungen finden.

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Allmächtiger! Hansrudi Wäscher – Pionier des deutschen Comics

Am 7.1.2016 verstarb in Freiburg im Alter von 87 Jahren Hansrudi Wäscher, der Pionier der deutschen Comics. 2009 erhielt er auf dem Comicfestival München den PENG!-Preis für sein Lebenswerk.

Allmächtiger! Hansrudi Wäscher – Pionier des deutschen Comics

Hartmut Becker schrieb: „In den Fünfzigerjahren hat er dem Lehning Verlag mit Sigurd, Akim, Nick der Weltraumfahrer, Falk und Tibor Millionenauflagen beschert. Und schuf damit im zerbombten Nachkriegsdeutschland eine erste Jugendkultur. Wäschers Abenteuerhelden sind bis heute unvergessen geblieben und inzwischen sogar als iPhone-App verfügbar.“

Allmächtiger! Hansrudi Wäscher – Pionier des deutschen Comics

Hartmut Becker verlegte 2011 unter dem Titel Allmächtiger! auch das wohl schönste Fachbuch über Wäscher. Eine so dicke und fundierte Schwarte war schon lange fällig! Gefeiert wurde Wäscher zuvor als emsiger Schöpfer von Abenteuercomics wie Sigurd, Tibor und Nick zwar schon eine ganze Weile. Doch dies geschah eher innerhalb einer eingeschworenen Gemeinschaft von Fans, die oftmals wenig Interesse haben an Comics, die nicht von Wäscher gezeichnet wurden. Große Teile der Comicszene hingegen nahmen Wäscher wenn überhaupt nur naserümpfend zur Kenntnis. Erst 2008 erhielt Hansrudi Wäscher auf dem Comic-Salon in Erlangen einen Max-und-Moritz-Preis und musste sich diesen auch noch mit dem (ebenfalls eigenständig mehr als preiswürdigen) DDR-Comic-Pionier Hannes Hegen teilen.

Allmächtiger! Hansrudi Wäscher – Pionier des deutschen Comics
Knigge und Becker © Comicforum.de

Andreas C. Knigge hat als Mitbegründer der Fachzeitschrift Comixene und als Cheflektor des Carlsen Verlages viel dazu beigetragen, dass Comics in Deutschland salonfähig wurden. Im Vorwort zu diesem Buch räumt Knigge ein, nicht ganz unschuldig daran zu sein, dass Wäschers Comics als “Instrumente zur Zementierung bürgerlicher Moral entlarvt und somit als reaktionär einsortiert“ wurden. Doch Knigge hat nicht nur durch das Verfassen dieses Buches Abbitte geleistet, sondern auch durch den Weg dorthin. Zur Vorbereitung hat er “in einem Crashkurs“ (mit Ausnahme der meisten Buffalo Bills und Gespenster Geschichten) sämtliche von Hansrudi Wäscher gezeichneten und geschriebenen Comics gelesen. Dies geschah “fast ausnahmslos zum ersten Mal und mit einem ähnlichen Sog als würde man alle Staffeln von Prison Break hintereinander gucken.“

Allmächtiger! Hansrudi Wäscher – Pionier des deutschen Comics
Das Cover der vergriffenen Hardcover-Ausgabe.

Hinzu kamen noch einige aufschlussreiche Gespräche mit Wäscher und heraus ein bemerkenswertes Stück Comic-Fachliteratur. Der versierte Sachbuchautor Knigge widmet sich nicht nur ausführlich Wäschers Figurenensemble. Er erzählt zugleich auch die Geschichte der Comics im Nachkriegsdeutschland sowie von den Verlegerpersönlichkeiten Walter Lehning und Norbert Hethke, die Wäscher mehr zu verdanken hatten als ihnen zunächst bewusst war. Auch die Bebilderung des großformatigen Buches ist exquisit, wobei es recht praktisch war, dass der Herausgeber zugleich auch der Agent von Hansrudi Wäscher ist.

Allmächtiger! Hansrudi Wäscher – Pionier des deutschen Comics

Nach einigen etwas von der eigenen Begeisterung vernebelten Fan-Publikationen ist es schön, dass endlich ein Werk über Wäscher erscheint, das dessen Lebenswerk und Bedeutung für die deutschsprachigen Comics voll gerecht wird.

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