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Ein Mann wie Dynamit

In meiner Jugend wohnte in unserer Nachbarschaft ein behinderter Junge, dem es seine alleinerziehende Mutter durch die Anschaffung von zwei VHS-Recordern ermöglicht hatte, sich die aus der Videothek entliehenen Filme zu kopieren. Ich besuchte den Jungen regelmäßig, denn er bot mir die Möglichkeit Filme zu sehen, für die ich nicht bereit war Ausleihgebühr zu zahlen.

Nahezu ausschließlich handelte es sich dabei um Filme für die das leider schon lange eingestellte Magazin Splatting Image den Begriff “Action Gülle“ erfunden hatte. Die meisten B-Pictures mit Chuck Norris, Steven Seagal oder Darstellern mit noch weniger Charisma, die ich damals sah, waren zwar fast immer halbwegs unterhaltsam, aber auch schnell wieder vergessen.

Charles Bronson (Die glorreichen Sieben, Spiel mir das Lied vom Tod), der auch noch die dümmsten Rächerfilme durch seine stille Würde veredelte, habe ich hingegen auch gerne durch die blödsinnigsten Filme begleitet. Wirklich gut blieb mir der Bronson-Film Ein Mann wie Dynamit (10 to Midnight) in Erinnerung. Inszeniert wurde der Thriller von dem 1914 in England geborenen J. Lee Thompson, der 1961 mit Die Kanonen von Navarone einen echten Hit landete und Anfang der 70er-Jahre die letzten beiden Planet-der-Affen-Filme drehte.

Zudem inszenierte J. Lee Thompson den Thriller Cape Fear so mitreißend, dass Martin Scorsese ein Remake drehte. Auch Ein Mann wie Dynamit ist äußerst spannend in Szene gesetzt. Bronson spielt Detective Leo Kessler, dem es angesichts einer an jungen Frauen verübten Mordserie schwer fällt, seine stoische Ruhe aufrecht zu erhalten. Das wird nicht besser als eine Freundin seiner Tochter Laurie (Lisa Eilbacher) ermordet wird.

Recht schnell ist mit dem Büroangestellten Warren Stacey (Gene Davis) ein Verdächtiger gefunden, der jedoch so clever agiert, dass Kessler sich gezwungen sieht, zu versuchen Stacey durch gefälschte Beweisstücke in den Knast zu bringen. Das geht jedoch aufgrund moralischer Bedenken von Kesslers neuem Partner Paul McAnn (Andrew Stevens) schief. Stacey wird wieder auf freien Fuss gesetzt und hat Laurie als sein nächstes Opfer ins Visier genommen.

Diese solide Thriller Handlung wurde garniert durch einen glaubhaft in Szene gesetzten Vater-Tochter-Konflikt, sowie eine sich zögerlich entwickelnde Lovestory zwischen Lisa und McAnn, die durchaus zu Herzen geht. Das blutige Finale im Schwesternheim hingegen würde jedem Horrorfilm zur Ehre gereichen und als ein Mann der schließlich rot sieht, hat Charles Bronson diesmal deutlich mehr Argumente zum Abdrücken als in seinem gleichnamigen Filmhit.

Im Laufe der Jahrzehnte habe ich mir Ein Mann wie Dynamit immer wieder angesehen und auch auf DVD zugelegt. Daher freute ich mich sehr darüber, dass bei Wicked Vision ein Mediabook mit einer Blu-ray-Version des Films erschienen ist. In verbesserter Bildqualität gefiel mir der Film besser denn je. Etwas überrascht war ich allerdings vom Bonusmaterial des Mediabooks. In David Renskes Textbeitrag wird Ein Mann wie Dynamit als “Schmierlappen von einem Selbstjustiz-Seminar“ bezeichnet. Auch die ansonsten sehr von mir geschätzten Audiokommentatoren Rolf Giesen und Gerd Naumann ließen kaum ein gutes Haar am Film.    

In seinem Sachbuch Cinema Speculation beschreibt Quentin Tarantino scharfsinnig und autobiografisch das Kino der 70er-Jahre. In einem Kapitel über Dirty Harry äußert er sich abfällig über fast alle Filme, die sich seinerzeit an den Erfolg des Clint-Eastwood-Films von Don Siegel ranhängen wollten. Auch von den offiziellen Dirty-Harry-Fortsetzungen hält Tarantino nichts. Ein Mann wie Dynamit ist für ihn „die einzige namhafte Ausnahme“, denn im Zentrum steht “wie bei Dirty Harry ein an die Realität angelehnter Serienmörder. Der von Gene Davis gespielte Mörder ist ein Stellvertreter für Richard Speck, der Krankenschwesterschülerinnen ermordete, und die äußerst brutale und abscheuliche Reinszenierung dieser Morde ist ziemlich harter Stoff.“

Ähnlich interessante Betrachtungen hätte ich mir auch von den Machern dieses nicht ganz billigen Mediabooks gewünscht. Doch zum Glück gibt es Ein Mann wie Dynamit mittlerweile auch als sehr viel preiswertere Blu-ray ohne Booklet.

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Dirty Harry – Don Siegel und seine Filme

Der 1912 in Chicago geborene Donald Siegel begann seine Filmkarriere im Schneideraum von Warner Brothers und gestaltete hier auch die Montagesequenzen die den Klassiker Casablanca eröffneten. Siegels beiden ersten Kurzfilme, darunter die Dokumentation Hitler Lives?, wurden prompt mit dem Oscar ausgezeichnet. Daraufhin begann eine fruchtbare Periode als Spielfilmregisseur. Der erste Höhepunkt war der Science-Fiction-Klassiker Invasion der Körperfresser (von dem es drei Remakes gibt), während Flaming Star (1960) als bester Elvis-Presley-Film gilt (was allerdings nicht viel bedeutet).

Dirty Harry - Don Siegel und seine Filme

Höhepunkt in Don Siegels Karriere war zweifelsohne seine Zusammenarbeit mit Clint Eastwood. Insgesamt fünf recht unterschiedliche Werke drehte er mit dem durch seine Italo-Western zum Star gewordenen Darsteller. In Coogans großer Bluff (1968) war Eastwood ein Polizist aus Arizona mit Cowboy-Manieren, der nach New York geschickt wird. Im Western Ein Fressen für die Geier bildeten Eastwood und Shirley MacLaine (ursprünglich war Elisabeth Taylor vorgesehen) ein Dream-Team. Eine faszinierende Ausnahme im Werk von Siegel und Eastwood ist das seltsam-schillernde Bürgerkriegs-Südstaaten-Drama Betrogen, während Dirty Harry zu einem gewaltigen kommerziellen Erfolg wurde. An den Fortsetzungen beteiligte sich Siegel jedoch nicht mehr, sondern inszenierte 1979 mit Flucht von Alcatraz noch einen letzten Film mit Eastwood.

Dirty Harry - Don Siegel und seine Filme

Dies von insgesamt 24 Autoren gestaltete Buch ist eine höchst abwechslungsreiche Würdigung des zwar eher unauffälligen aber höchst einflussreichen Regisseurs. Die ersten Kapitel widmen sich dem „vergleichsweise subtilen und facettenreichen“ ersten Dirty Harry-Film und der Nachfolge-Werke, die diese Qualität nur sehr selten ereichten. Auch Siegels Waffenbrüder erfahren hier eine Würdigung. Im Anschluss werden Siegels 39 Filmen auf jeweils zwei Seiten von diversen Autoren auf höchst unterschiedliche Weise interpretiert. Den Abschluss bildet dann eine umfassende Bio- und Filmographie. Nach der Lektüre des Buches wird klar, warum Clint Eastwood zugab, von Don Siegel „das meiste gelernt“ zu haben.

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Gran Torino

Er dreht und dreht und dreht. Clint Eastwoods Der fremde Sohn mit Angelina Jolie lief 2008 noch in den Kinos und dichtauf folgte schon Gran Torino. Hier setzte der 78-jährige Allrounder wieder einmal sich selbst in Szene (aber auch ein interessantes Ensemble von Frischlingen). Eastwood gelang ein bewegendes Sozial-Drama, an dem aber auch die Fans von Dirty Harry ihre helle Freude haben dürften.

Gran Torino

Zurückgezogen lebend mit Hund und blitzblanken Auto (Modell “Gran Torino“) droht der Rentner und Koreakriegs-Veteran Walt Kowalski nach dem Tod seiner Frau zu vereinsamen. Doch der sofort einsetzende Hass auf eine asiatische Großfamilie, die ins Nebenhaus zieht, gibt ihm einige Adrenalinstöße. Nach und nach muss Walt jedoch feststellen, dass der familiäre Zusammenhalt seiner Nachbarn bestens funktioniert, während er selbst kaum noch Kontakt zu seinen Kindern hat.

Gran Torino

Der Rentner beobachtet wie der schüchterne Junge Thao immer wieder von einer asiatischen Gang bedroht wird, der er nicht beitreten möchte. Walt besorgt Thao einen Job und steht ihm und seiner Schwester in bedrohlichen Situationen bei. Dies führt jedoch dazu, dass die Situation schließlich ganz böse eskaliert…

Gran Torino

Selten hat ein so gemächlich erzählter Film derart gefesselt. Es kommt absolut glaubhaft rüber, wenn der erzkonservative Walt Kowalski nach und nach (und gelegentlich auch unter Alkoholeinfluss) seine Vorurteile beiseite legt. Statt weiter herumzugrummeln beginnt er damit sich zu interessieren und einzumischen.

Gran Torino

Eastwood ist brillant als starrköpfiger Einzelgänger und den bedrohlichen Waffenfreak kann er ohnehin im Schlaf spielen. Der Ausgang der Geschichte mag pathetisch überhöht sein, ist aber unkonventioneller als erwartet. Eastwood gelang ein fast perfekter Film, nur dass er auch noch im Abspann singt, wäre nicht unbedingt nötig gewesen…

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Wonderball

1983 ermordet ein Scharfschütze in San Francisco in 9 Sekunden 9 Menschen. Inspektor Spadaccini fühlt sich bei der Präzision, mit der hier gearbeitete wurde, an die Ermordung John F. Kennedys erinnert. Tatsächlich gibt es Verbindungen hierzu, doch die Spur führt auch in die Vergangenheit des Polizisten, der gleich zwei Spitznamen hat: “Crazy Cop“ und “Wonderball“, weil er eine Leidenschaft für mit Figuren gefüllte Überraschungs-Eier hat.

Wonderball

Spadaccini könnte aber auch “Dirty Harry“ heißen, denn so wie Colin Wilson (Blueberry, Tex) ihn zeichnet erinnert er an den jungen Clint Eastwood, der 1971 als Inspector Harry Calahan ebenfalls in San Francisco einen wild um sich ballernden Sniper jagte. Auch weitere Klassikern des San-Francisco-Films wie Alfred Hitchcocks Vertigo oder Peter Yates‘ Bullitt werden mehr oder weniger deutlich zitiert.

Wonderball

In erster Linie ist es das klare realistische Artwork des in Neuseeland geborenen Wilson, das für diesen Comic spricht. Die Story kommt aus der Feder der Franzosen Jean-Pierre Pécau und Fred Duval,  mit denen Wilson bereits bei Tag X zusammenarbeitete. Auch bei Wonderball versuchen die Autoren reale Ereignisse, wie die Ermordung von JFK, aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.

Wonderball

Das Szenario ist durchaus spannend, allerlei interessante Charaktere tauchen auf, werden ermordet und auf Seite 56 heißt es dann “wird fortgesetzt“. Mittlerweile liegt Wonderball in Frankreich bei Delcourt komplett vor. Auch bei uns hat Schreiber & Leser alle 5 Alben der Serie als Hardcover-Editionen herausgebracht.

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