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Nabiel Kanan: The Birthday Riots

Max Collins wollte einst die Welt verändern und hielt darüber als Dozent für Politikwissenschaft auch flammende Reden vor seinen begeisterten Studenten. Doch dann wurde er Wahlkampfberater eines ehrgeizigen und populistischen Politikers. Fast unbemerkt entschwinden Max nicht nur seine Ideale, sondern er entfremdet sich auch immer mehr von seiner Tochter Natalie, die angewidert ist über den Hass, der sich bei ihren Mitschülern einem Zigeunerjungen gegenüber ganz offen entlädt. Während Max mit zunehmenden Zweifel an seinem Job kämpft, verlässt Natalie an ihrem fünfzehnten Geburtstag ihr Elternhaus.

Nabiel Kanan: The Birthday Riots

In diese nur an drei Tagen spielende Handlung sind noch zahlreiche Rückblenden eingeflochten, durch die Max und Natalie zu plastischen Charakteren werden. Auf lediglich 64 Seiten erzählt Nabiel Kanan in einem nur auf dem ersten Blick sehr simpel anmutenden Zeichenstil eine ungewöhnlich dichte Geschichte. Die einzige Schwäche von „The Birthday Riots“ ist das etwas plötzliche sich leicht in mystische Gefilde verflüchtigende Ende und ganz bestimmt auch die damit verbundene Enttäuschung darüber diesen faszinierende ausgestalteten Comic-Mikrokosmos verlassen zu müssen.

Nabiel Kanan: The Birthday Riots

Nabiel Kanans „Lost Girl“ wurde in Erlangen als beste deutschsprachige Comic-Publikation ausgezeichnet. Dies freute Johannes Geigl, für dessen Verlag „Lost Comix“ dieses Werk auch zugleich die erste Veröffentlichung darstellte, so sehr, dass er bei der anschließenden After-Show-Party die Gäste seinen Preis, das legendäre Max-und-Moritz-Brot verspeisen ließ. Kanans „The Birthday Riots“ erscheint bei uns ebenfalls als Book on Demand (laut Impressum ist daher „jedes Exemplar also ein Unikat für sich“) und wieder in einem recht kleinen Format. Bei diesem Comic der nicht nur (auch im Storytelling) über mehr Grautöne als „Lost Girl“ verfügt, sondern auch noch deutlich textlastiger ist, strengt es oft etwas an, die mit klitzekleinen Lettern gefüllten Sprechblasen zu lesen. Doch erneut gilt: Wer sich dem aussetzt wird reich belohnt.

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Nabiel Kanan: Lost Girl

Beth dürfte so knapp 15 Jahre alt sein und freut sich nicht sonderlich auf den Urlaub mit ihren Eltern und ihrer kleineren Schwester. Ziel ist eine englische Kleinstadt und hier wurde auf einem Campingplatz ein Wohnwagen angemietet. Auf der Hinfahrt beobachtet Beth ein seltsames Mädchen. Dieses verführt einen Mann und stiehlt ihm dabei die Wagenschlüssel. Auch ansonsten scheint sie noch einige Geheimnisse zu haben. Natürlich ist diese Person sehr viel interessanter als Beths Freundin Caitlin, die allenfalls etwas Shit zu bieten hat.

Nabiel Kanan: Lost Girl

Bemerkenswert an diesem mit dem Will-Eisner-Award gezeichneten Werk ist die für Comics erstaunliche Tatsache, dass Nabiel Kanan („The Birthday Riots„) über weite Strecken ganz ohne Worte auskommt. Er fängt die Blicke zwischen seinen Figuren und die vielen ruhigen Momente ungewöhnlich sensibel in seinen Strichzeichnungen ein. Diese sind so eigenwillig ausgeführt und raffiniert schraffiert, dass der Leser zu keinem Zeitpunkt die Farbe in diesem gelungenen Schwarzweiß-Album vermisst.

Nabiel Kanan: Lost Girl

Einzige Kritikpunkt, der sich jedoch eher an den Verlag richtet, der dies Buch im Books on Demand-Verfahren herausbrachte. Wenn in diesem Comic dann doch einmal Sprechblasen auftauchen, zwingt das kleine Format dieses Albums den Leser dazu, sich mit sehr kleinen Lettern herum zu ärgern. Doch „Lost Girl“ ist diese Mühe allemal wert.

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Guy Delisle: Pjöngjang

Als Guy Delisle in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang ankommt um bei einem Trickfilmprojekt mitzuarbeiten, wartet am Flughafen ein Fahrer mit einem Blumenstrauß auf ihn. Guy hat sich zuvor informiert und ihm ist klar, dass das Gebinde nicht für ihn ist. Wie jeder Neuankömmling wird er zunächst erst einmal zu einer riesigen Bronzestatur von Kim Il-Sung, des auch nach seinem Tode nach überall präsenten Landesübervaters, gebracht um dort seinen Blumenstrauß ehrfürchtig niederzulegen.

Guy Delisle: Pjöngjang

Auch die restlichen Monate von Guys Aufenthalt in Nordkorea verlaufen äußerst skurril. Er bekommt einen Dolmetscher und einen Führer zugeteilt, die sich ständig in seiner Nähe aufhalten. Guy absolviert neben seiner nicht eben reibungsfreien Arbeit auch noch ein umfassendes propagandistisches Nebenprogramm. So besucht er u. a. das “Museum der imperialistischen Besatzung“, das Greueltaten von US-Soldaten genüsslich dokumentiert, und eine abgelegene atombombensichere Kultstätte mit eigenem Autobahnzubringer, in der all jene Geschenke ausgestellt sind, die der große Kim Il-Sung und sein jetzt herrschender Sohn Kim Jong-Il aus aller Welt erhalten haben. Doch diese Prunkfassaden können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es einem Großteil der nordkoreanische Bevölkerung an fast allem fehlt was das Leben lebenswert macht, obwohl gewaltige Mengen von Hilfsgütern aus aller Welt angeliefert werden.

Nordkorea

Guy Delisle (Louis fährt Ski) zeichnete zuvor bereits eine ähnliche Comicreportage über das chinesische Shenzhen und danach die Aufzeichnungen aus Birma. Auch in Pjöngjang bringt er seine persönlichen Eindrücke trotz seines äußerst lockeren Zeichenstil – irgendwo zwischen Marjane Satrapis Persepolis und Joe Saccos Palästina – und seines immer wieder aufblitzenden Humors ebenso eindringlich wie direkt an den Leser.

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Guy Delisle: Shenzhen

Mit Shenzhen startete Guy Delisle (Louis fährt Ski) 2000 seine Comicreportagen-Reihe über die Lebensbedingungen in den Ballungsräumen asiatischer Diktaturen. Er beschreibt wie es ihn für drei Monate zur Überwachung einer Trickfilmproduktion in die etwas nördlich von Hongkong gelegene gesichtslose chinesische Metropole Shenzhen verschlagen hat.

Guy Delisle: Shenzhen

Abgesehen von Arbeit und langweiligen Nächten im Hotel hat Delisle eigentlich eher weniger erlebt. Die ihm unterstellten chinesischen Animatoren lernt er – nicht nur bedingt durch die Sprachbarriere – kaum näher kennen und die Stadt schildert er als trostlos. Einzig Ausflüge nach Kanton und Hongkong bieten etwas Abwechslung bzw. westliche Kultur.

Guy Delisle: Shenzhen

Shenzhen ist eine Art Ouvertüre zu Delisles drei Jahre später entstandenen Pjöngjang (bei uns bei ebenfalls bei Reprodukt erschienen), einem deutlich vielschichtigeren und sehr viel souveräner zu Papier gebrachten Bericht über seine Erlebnisse in der nordkoreanischen Hauptstadt. Delisles danach erschienene Comicreportage Aufzeichnungen aus Birma (ebenfalls Reprodukt) hingegen liest sich – da der Autor hier mit Frau und Kind reiste – über weite Strecken eher wie ein heiterer Familienroman. Doch insgesamt zeigen Delisles Comics, dass mit einem lockeren eher karikaturhaften Zeichenstil durchaus ernsthafte Inhalte transportiert werden können.

Süddeutsche Zeitung Bibliothek - Graphic Novels I

Shenzhen erschien 2011 auch in der Reihe Süddeutsche Zeitung Bibliothek – Graphic Novels.

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Isabel Kreitz: Die Sache mit Sorge – Stalins Spion in Tokio

Dem überzeugten Kommunisten Richard Sorge gelang es in Tokio das Vertrauen des deutschen Botschafters Ott zu gewinnen. Er spionierte im Auftrag Stalins und kam an geheime Informationen heran. So prophezeite er 1941 den deutschen Angriff auf die Sowjetunion, ihm wurde jedoch nicht geglaubt.

Isabel Kreitz: Die Sache mit Sorge - Stalins Spion in Tokio

Doch durch das Weiterleiten der Information, dass Japan nicht plante Russland anzugreifen, bewirkte Sorge, dass die Rote Armee mit stärkeren Verbänden gegen die Deutsche Wehrmacht vorging. Das dadurch zweifelsohne früher eingetretene Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte der 1944 in Tokio wegen Verrats erhängte Sorge nicht mehr.

Isabel Kreitz: Die Sache mit Sorge - Stalins Spion in Tokio

Zahlreiche Bücher wurden über Richard Sorge geschrieben, drei Filme beschäftigten sich mit seinem Leben und die DDR ehrte ihn mit einer Briefmarke. Nach umfassenden Quellenstudium hat sich Isabel Kreitz (Die Entdeckung der Currywurst, Der 35. Mai, Schlechte Laune, Haarmann) der Sache mit Sorge angenommen und erzählt auf über 200 Comicseiten von der schillernden Persönlichkeit. Hauptfigur der Geschichte ist jedoch die Cembalo-Spielerin Eta Harich-Schneider, die vor den Nazis nach Tokio flüchtete. Dort lernte sie Richard Sorge kennen und lieben. Sie litt jedoch auch stark unter dessen Trunksucht und Anfällen von Jähzorn.

Isabel Kreitz: Die Sache mit Sorge - Stalins Spion in Tokio
Isabel Kreitz

Durch einen stark auf Grautöne setzenden sehr detaillierten Zeichenstil vermittelt Isabel Kreitz äußerst glaubhaft die Atmosphäre einer Welt von Menschen, die in der Fremde festhängen und niemanden trauen können. Eine zusätzliche die Geschichte vertiefende Ebene sind kurze Interview-Statements von Zeitzeugen, die die Kapitel im Stile eine TV-Doku einleiten. Abgerundet wird das gelungene Werk noch durch ein Nachwort von Frank Giese, das sich ausführlich mit dem Leben von Richard Sorge beschäftigt.

Die Sache mit Sorge

Die Sache mit Sorge erschien 2013 auch als gebundene Ausgabe in der Reihe Süddeutsche Zeitung Bibliothek – Graphic Novels.

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Isabel Kreitz & Peer Meter: Haarmann

1924 wurde Fritz Haarmann hingerichtet nachdem er des Mordes an über 24 Jungen schuldig gesprochen wurde. Doch Haarmann lebte trotzdem einfach weiter, schon durch das Lied mit dem “kleinen Hackebeilchen“ aber vor allem durch Fritz Langs Filmklassiker M – Eine Stadt sucht einen Mörder sowie durch Götz Georges beängstigendes Psychogram des Massenmörders in Romuald Karmakars Der Totmacher.

Isabel Kreitz & Peer Meter: Haarmann

1990 erschien bei Carlsen von einer vom Texter Peer Meter auf drei Bände angelegten und von Christian Gorny gezeichneter Haarmann-Serie lediglich der erste Teil. Doch nachdem Meter 2010 mit dem von Barbara Yelin gezeichneten Album Gift über die Bremer Giftmörderin Gesche Gottfried ein glanzvolles Comic-Comeback feierte, wurde – warte, warte nur ein Weilchen – auch Haarmann vollendet bzw. in einer Gesamtausgabe komplett neu angegangen. Danach widmete sich Peer Meter in Vasmers Bruder dem Serienmörder Karl Denke.

Isabel Kreitz & Peer Meter: Haarmann

Während Christian Gorny auf karge aber doch irgendwie beeindruckende (wenn auch nicht sonderlich lesefreundliche) Grafik setzte, hat Isabel Kreitz (Die Entdeckung der Currywurst, Der 35. Mai, Die Sache mit Sorge) die Geschichte des Massenmörders in ihrem ausgereiften Zeichenstil mit manchmal fast schon zu detailfreudigen schwarzweißen Bildern in Szene gesetzt.

Isabel Kreitz & Peer Meter: Haarmann
Isabel Kreitz

Ähnlich wie schon bei Gift lässt Peer Meter den Leser zwar auch über die Morde schaudern, aber noch mehr darüber, wie wenig die offiziellen Stellen unternommen hatten, um die Untaten zu verhindern. Im Falle Haarmann verfügte der auch als Spitzel für das Diebstahlskommisariat Hannover arbeitende Mörder gar über einen Polizeiausweis. Wenn die verzweifelt nach ihren verschollenen Söhnen suchenden Eltern von der Polizei wie Bittsteller von oben herab behandelt werden, verbreitet sich dabei fast ebenso viel Grusel wie bei der Vorstellung das Haarmann die örtlichen Gaststätten höchstwahrscheinlich mit Menschenfleisch beliefert hat.

Isabel Kreitz & Peer Meter: Haarmann

Sehr nah an historischen Tatsachen orientiert gelang Meter und Kreitz ein beängstigend faszinierender Blick in menschliche Abgründe.

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Cyril Pedrosa: Auto-Bio

In stimmungsvollen Schwarzweiß-Bildern erzählte Cyril Pedrosa (Ring Circus) sein düster-bedrohliches Fantasy-Epos Drei Schatten, das 2008 auf dem Comicfestival in Angouleme als Bestes Album prämiert wurde. Doch der auch als Disney-Animator tätig gewordene Zeichner kann aber auch ganz anders, was er mit Auto-Bio beweist.

Cyril Pedrosa: Auto-Bio

In einem ebenso lockeren wie eigenständigen Funny-Stil macht sich Pedrosa auf höchst amüsante Weise darüber lustig, dass es nicht immer einfach ist ein politisch-korrektes-ökologisch-linkes Leben zu führenden. Da das Werk den Titel Auto-Bio trägt, wird der Versuch halbwegs unegoistisch und umweltschonend durchs Leben zu kommen nicht denunziert (aber auch nicht heroisiert).

Cyril Pedrosa: Auto-Bio

Im Zentrum des Geschehens steht der alltägliche Kampf eines ökologisch orientierten Familienvaters, der eine heimliche Schwäche für Cocktail-Würstchen aus der Dose hat. Ständigen Schwankungen unterworfen ist auch das Verhältnis der Hauptfigur zu den Deutschen. Zunächst sind diese schießwütige Fußball-Boches, dann sanftmütige Grüne und “eine Nation mit blühender Kultur“, was jedoch wieder in Frage gestellt wird nachdem der Sohn die Musik von Tokio Hotel entdeckt hat.


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Alex Robinson: Ausgetrickst

Der schon fast vergessene Rockstar Ray, der Sportautogramm-Verkäufer Nick, die ihren Vater suchende Phoebe, der kurz vor dem Durchdrehen stehende Musik-Freak Steve, die etwas füllige Kellnerin Caprice und die Büroaushilfe Lilly haben scheinbar nichts gemeinsam. Doch spätestens wenn Alex Robinson nach über 300 Seiten diese sechs Charaktere zusammenführt, kann der Leser kaum noch erwarten wie die Erzählung ausgeht.

Alex Robinson: Ausgetrickst

Der erste Eindruck von “Ausgetrickst“ war angesichts von Robinsons routinierten aber auf den ersten Blick etwas fade wirkenden Zeichnungen: “Naja, packen wir es mal beiseite und lesen es später.“ Doch nach einer freundlichen Nachfrage der freundlichen Jungs von der Edition 52 (Danke, Uwe!) nahm ich das (ge)wichtige Buch dann doch wieder in die Hand und konnte es so schnell nicht wieder weglegen.

Alex Robinson: Ausgetrickst

In kurzen Kapiteln stellt Robinson zunächst die sechs Hauptfiguren vor und zugleich beginnt auch schon der Countdown. Auf Kapitel 50 folgt Kapitel 49 und es ist klar, dass am Ende der Geschichte etwas Außergewöhnliches geschehen wird (was dann auch tatsächlich eintritt). Doch auch der Weg dahin ist voller Überraschungen. Robinson lässt Ray auf Lilly treffen, macht Phoebe zur Kollegin von Caprice, diese wiederum mit Nick flirten während sich im verwirrten Hirn von Steve etwas verdammt Gefährliches zusammenbraut. Alex Robinson mag vielleicht nur ein durchschnittlich begabter Zeichner sein, als Erzähler ist er jedoch Weltklasse.


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Guy Delisle: Aufzeichnungen aus Birma

Neben eher lustigen Alben wie “Louis fährt Ski“ oder “Louis am Strand“ ist der im kanadischen Quebec geborene Guy Delisle vor allem für seine Comicreportgen bekannt. Er verarbeitete bereits seine Erlebnisse im chinesischen „Boomtown“ Shenzhen und in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang zu Comicreportagen, wobei es ihm gelang mit simplen Strich komplizierte Verhältnisse darzustellen.

Guy Delisle: Aufzeichnungen aus Birma“Aufzeichnungen aus Birma“ entstand während Delisles Frau in jenem mittlerweile offiziell als Myanmar benannten Land für die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen arbeitete. Während sich “John Rambo“ dort kürzlich im Kino ziemlich gewalttätig aufführte, absolvierte Delisle dort als Hausmann und Aufsichtsperson für das Söhnchen Louis eher eine Art “Damenprogramm“. Mit der Intensität seiner Eindrücke aus Pjöngjang – Delisle arbeitet in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang unter Aufsicht der Staatsmacht an einem Trickfilmprojekt – können die oft etwas beliebig wirkenden Impressionen aus Birma – mit Besuchen in Comicläden oder Treffen von Zeichnern – nur selten mithalten.

Guy Delisle: Aufzeichnungen aus Birma

Doch interessant wird es wenn fast schon beiläufig geschildert wird, wie die herrschende Militärjunta urplötzlich die Hauptstadt verlagert oder wenn Delisle nach einem erschreckend naiven Text Illustrationen für eine ihm etwas peinliche Broschüre für HIV-infizierte Kinder anfertigt (“Ich falle tot um, wenn jemand mit dem Buch bei einer Signierstunde auftaucht“) und später erfährt, dass Hilfsorganisationen damit täglich arbeiten. Hier zeigt sich einmal mehr wie gut mit lockerem Strich ernste Themen zu Papier gebracht werden können.

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David B.: Auf dunklen Wegen

Italien, um 1920. Der Soldat Lauriano und die Sängerin Mina lernen sich unter recht seltsamen Umständen kennen. In den Wirren der Kämpfe um die von D’Annunzio besetzte Stadt Fiume ist Mina Teil der Beute, die Lauriano und seine Kameraden bei einer Plünderung machen. Die beiden können sich gerade noch über die Dächer der Stadt retten, als das Haus von Freischärlern gestürmt wird. Kein Wunder, dass sie sich unter diesen Umständen ganz einfach ineinander verlieben müssen. Doch in dieser wild umkämpften Stadt voller seltsamer Existenzen ist Liebe ein Walzer in die Dunkelheit…

David B.: Auf dunklen Wegen

David B. („Die heilige Krankheit“ bei Edition Moderne) wurde in seiner Heimat Frankreich mehrfach mit wichtigen Preisen ausgezeichnet. Völlig zu Recht, wie auch sein neuestes Meisterwerk „Auf dunklen Wegen“ eindrucksvoll beweist. Der Künstler schert sich wie gehabt wenig um Konventionen. Sein avantgardistischer Strich ist von einer beeindruckenden visuellen Kraft, und dabei doch stets von einer leisen Melancholie geprägt. David B. führt den Leser von relativ ruhigen Sequenzen unvermutet auf einen surrealen Parforceritt und wieder zurück, ohne dass es je zu einem Stilbruch käme .

David B.: Auf dunklen Wegen

Auch die Story wechselt zwischen den dramatischen politischen Hintergründen und der zartbitteren Liebesgeschichte von Lauriano und Mina, die verstörend ist, aber auch ungemein berührend. Die exzellente Farbgebung kommt auf dem matten Papier hervorragend zur Geltung. Ein Geheimtipp für Leser, die das Besondere suchen.

Stefan Meduna


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