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Die Lümmel von der ersten Bank

Hansi Kraus (Musik, Musik – da wackelt die Penne) ist als Pepe Nietnagel (manchmal heißt er auch Notnagel) Schüler des Mommsen-Gymnasiums in Baden-Baden. Er beeindruckt seine Lehrer und Mitschüler weniger durch überdurchschnittliche Leistungen als durch mehr oder weniger originelle Streiche, mit denen er sein Unbehagen am bestehenden Schulsystem, an alten, vertrottelten Lehrern und längst überholten Meinungen manifestieren will. Mit ganzem Eifer widmet er sich der ewig aktuellen Frage: Wie überlebt man Schule und Lehrer auf möglichst unterhaltsame Art…

Man fasst es nicht, dass die zwischen 1968 und 1972 entstandene siebenteilige Die Lümmel von der ersten Bank-Reihe zu den erfolgsreichen bundesdeutschen Nachkriegsfilmen gehört. Pepe Nietnagels Vater Kurt Notnagel wird von ständig wechselnden Darstellern (Georg Thomalla, Willy Millowitsch, Gustav Knuth, Wolfgang Gruner, Fritz Tillmann) gespielt. Pepes Schwester Marion (Uschi Glas oder einmal auch Hannelore Elsner) hingegen, wechselt ihre Freunde so schnell wie ihre knallbunten Blusen.

Das Mommsen-Gymnasiums befindet sich nicht, wie im Kino behauptet nur selten in Baden-Baden, sondern in Hamburg und München. Im erste Lümmel-Film Zur Hölle mit den Paukern! sind – wenn sich über Lehrer veralbert werden, die den 1.000 Jahren zwischen 1933 und 1945 nachtrauern – durchaus zarte antifaschistische Tendenzen auszumachen.

Doch bereits ab Lümmel-Episode II Zum Teufel mit der Penne wird es ganz schön peinlich. Mit dabei sind Peter Alexander und Heintje, die immer wieder völlig ohne Grund und Warnung in Schlagergesang auszubrechen und diese Unart auch noch zwei weiteren Lümmel-Filmen (Hurra, die Schule brennt! + Morgen fällt die Schule aus) praktizieren.

Der letzte Teil Betragen ungenügend! (über)spannt schließlich auch noch den Bogen zur Mutter aller Lümmel-Filme. Wenn Ilja Richter den jungen Oberstudienrat Taft (der ansonsten von Theo Lingen verkörpert wird) in einem Umfeld spielt, das unverkennbar an den Filmklassiker Die Feuerzangenbowle erinnert. Der Genuss von mehr als einem dieser Lümmel-Filmen kann die geistige Gesundheit gefährden, doch als Zeitdokument sind sie hochinteressant und es ist schon lustig was mal als lustig galt.

Extras der DVD- und Blu-ray-Edition mit allen sieben Lümmel-Filmen: Sehr interessantes Interview mit Hansi Kraus (12:41 min), Galerie mit Plakaten aus Aushangfotos (3:24 min), Trailer zu Zur Hölle mit den Paukern , Hurra die Schule brennt! , Wir hau’n die Pauker in die Pfanne!, Morgen fällt die Schule aus, Betragen ungenügend!, sowie ein zwölfseitiges farbiges Booklet.

Wer tiefer in die Lümmel-Materie eintauchen möchte, dem sei auch noch die erste DVD-Edition der Filme von 2007 empfohlen, denn hier gibt es noch weiteres hochinteressantes Bonusmaterial: Dokumentation „Wo stand die Lümmel-Bank?“ von 2003 (14:46 min), Audiokommentar von Hansi Kraus zu „Zur Hölle mit den Paukern“, Interview mit Hansi Kraus (5:37 min), Lümmelsprüche, Trailer zu „Zur Hölle mit den Paukern“, „Hurra, die Schule brennt!“, „Wir hau’n die Pauker in die Pfanne!“, „Morgen fällt die Schule aus“ und „Betragen ungenügend!“

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Der König von St. Pauli

Rudi Kranzow (Hilmar Thate) ist eine Legende auf St. Pauli. Sein Striplokal Blaue Banane hat ihn groß gemacht. Als Rudi viel Geld beim Würfelspiel an seinen Erzrivalen Walter Graf (Hans Korte) verliert, droht ihm der Ruin. Der Graf ist schon lange scharf auf das Lokal, da es direkt an sein Eros-Center grenzt, das er ausbauen will. Wenn Kranzow die Blaue Banane verlieren würde, wären einige Kiez-Bewohner obdachlos. Nachdem versucht wird Rudi zu ermorden, wird und er schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Die einzige Hoffnung ist Rudis Sohn Robert (Oliver Hasenfratz), sein Studium in München unterbricht und versucht die Blaue Banane doch noch zu retten…

“Leben ist das was einem zustößt, während man auf die Erfüllung seiner Hoffnungen und Träume wartet.“ Mit diesem nicht ganz neuen Leitsatz eröffnete Dieter Wedel 1998 seinen Sechsteiler Der König von St. Pauli, den er zur Abwechslung einmal nicht fürs ZDF sondern für SAT.1 drehte. Daher konnte er – thematisch durchaus passend – das Kiez-Milieu etwas freizügiger darstellen. Die Umgebung der Blauen Banane wurde hierfür zwar in den Bavaria-Filmstudios in München errichtet, doch ansonsten kommt die hanseatische Atmosphäre (inklusive der tatsächlich als Drehorte genutzten Herbertstraße) bestens zur Geltung.

Der König von St. Pauli

Die Darsteller, darunter Wedels Stammschauspieler Heinz Hoenig und Hans Korte, sorgen dafür, dass die oft etwas klischeeüberladenden Figuren Profil und Charme haben. Wedel ist dabei durchaus bewusst, dass die von ihm beschriebene überall menschelnde Reeperbahn auch 1998 schon lange nicht mehr zeitgemäß war. Inzwischen ist der Kiez jedoch weniger von albanischen Banden (die Wedel im Epilog kurz erwähnt) bedroht, sondern, genau – wie zuvor schon der Broadway in New York oder der Strip in Las Vegas – von disney-mäßiger klinisch reiner Familienfreundlichkeit. Mittlerweile dürfte es auf der Reeperbahn mehr Fastfood-Läden und Supermärkte als Bordelle und Striplokale geben. Schon daher ist Der König von St. Pauli eine angenehme Zeitreise und die 620 Minuten vergehen wie im Fluge, während der Zuschauer auf die Erfüllung seiner Hoffnungen und Träume wartet.

Der König von St. Pauli

Fernsehjuwelen hat eine optimale Edition von Dieter Wedels Kiez-Monument auf sechs DVDs oder alternativ auf zwei Blu-rays veröffentlicht. Die Scheiben stecken in einem Schuber und ein Booklet ist auch enthalten. Hierin beschäftigt sich Jens Uwe Bauer nicht nur mit der Serie, sondern auch mit den sexuellen Übergriffen, die Dieter Wedel vorgeworfen wurden. Die sechsteilige Serie ist in der 621-minütigen Version enthalten, die SAT.1 1998 ausstrahlte. Zusätzlich gibt es in HD-Qualität auch noch den gekürzten 541-minütigen Director’s Cut, den die ARD ab 2004 zeigte. Hinzu kommt noch ein 26-minütiges Making Of von 1998, sowie ein dreiminütigen Trailer.

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