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Der Goldene Handschuh

Der siebte Roman des eher für seinen skurrilen Humor bekannten Heinz Strunk (Fleisch ist mein Gemüse, Ein Sommer in Niendorf)  ist ein ganz schön unangenehmes (aber uneingeschränkt lesenswertes) Buch. Detailfreudig beschrieb Strunk, wie es in der noch heute in Hamburg auf St. Pauli existierenden Absturzkneipe Der Goldene Handschuh (so auch der Titel des Buchs) zugeht. Da der Roman in den 70er Jahren spielte, zählte auch ein gewisser Fritz Honka zu den Stammgästen.

Der Goldene Handschuh

Honka lernte im Handschuh ältere Frauen kennen, die Probleme mit Alkohol und Geld hatten. Er nahm se mit in seine verwahrloste Wohnung und machte sie sich mit brutalen Methoden gefügig. Vier der Frauen ermordete er und verwahrte Teile ihrer Leichen jahrelang in seiner Wohnung. Während Strunk in seinem 250-seitigen Roman versuchte einen möglichst umfassenden Einblick in die Psyche der sehr unterschiedlichen Besucher des Goldenen Handschuhs zu bieten, konzentriert sich die Verfilmung fast ausschließlich auf Honka.

Der Goldene Handschuh

Mit dem 1973 in Hamburg geborenen Fatih Akin (Aus dem Nichts, Tschick) wurde der optimale Regisseur gefunden, der seinen Film nahezu ausschließlich aus der Täter-Perspektive erzählt. Das ist vor allem in den ersten Minuten ganz schön heftig und Akin zeigt detailgenau das menschenverachtende Vorgehen Honka. Strunks Roman bietet sehr viel mehr Einblick in die Vorgeschichte und Persönlichkeit des Mörders. Trotzdem gelingt dem Hauptdarsteller Jonas Dassler trotz seines horrorfilm-kompatiblen Make-Ups das faszinierende Porträt eines Mannes, der niemals so etwas wie “Normalität“ kennengelernt hat und mit brutaler Gewalt versucht Macht über andere Menschen zu erlangen.

Der Goldene Handschuh

Genau wie Strunk in seinem Roman bietet auch Akin als Kontrast zu dem blutigen Treiben Honkas Einblick in die seltsame Welt des Goldenen Handschuhs, in der Menschen kurz vor dem Totalabsturz noch etwas Halt finden. Großartig ist hier der Regie-Altmeister Hark Bohm (Nordsee ist Nordsee), der als Dornkaat-Max mit hochroten Kopf am Tresen philosophiert (während Heinz Strunk im Hintergrund sitzt) und zusammen mit seinen treffend besetzten Saufkumpanen für etwas Licht in der düsteren Geschichte sorgt. Doch die Sache mit dem Licht ist gerade im Handschuh nicht ganz einfach, denn in der  immer geöffneten Kneipe sind den ganzen Tag über die Vorhänge zugezogen, da dort sehr viel weniger getrunken wird, wenn die Sonne hineinscheint!

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Aus dem Nichts

Katja verliert plötzlich ihren Ehemann Nuri und ihren 8-jährigen Sohn Rocco. Beide sind einem Anschlag auf Nuris Übersetzungsbüro in Hamburg zum Opfer gefallen. Da Nuri kurdische Wurzeln hat und wegen Drogenhandel im Gefängnis war, vermutet die Polizei, dass es sich um einen Racheakt unter “Ausländern“ handelt.

Aus dem Nichts

Doch Katja hat vor dem Laden ihres Manns eine junge blonde Frau gesehen, die dort ein Fahrrad mit viel Gepäck abstellte. Tatsächlich befand sich die Bombe auf dem Fahrrad und die junge Frau wird zusammen mit ihrem Ehemann festgenommen. Beide sind Neonazis und die Beweislage spricht dafür, dass sie die Täter sind. Doch das Ehepaar wird freigesprochen. Die ohnehin am Rande des Nervenzusammenbruchs stehende Katja macht sich dran, selbst für Gerechtigkeit zu sorgen…

Aus dem Nichts

Mit Aus dem Nichts erzählt Fatih Akin (Tschick, Der goldene Handschuh) auch einen Rachethriller im US-Stil, doch zugleich ist die Geschichte fest in der bundesrepublikanischen Wirklichkeit verankert. Der Film verarbeitet die NSU-Attentate und ist sehr sachlich bei der Schilderung der Gerichtsverhandlung, was sicherlich auch dem Co-Drehbuchautor Hark Bohm (Nordsee ist Mordsee) geschuldet ist, der Jura studiert hat.

Aus dem Nichts

In der Hauptrolle brilliert der deutsche Hollywood-Star Diane Kruger (Inglourious Basterds). Als Katja vermittelt sie sehr nachfühlbar, die Fassungslosigkeit angesichts von Tat und Gerichtsurteil. Wie sie schließlich darauf reagiert, das ist ebenso radikal wie konsequent. Akin gelang ein Film, der – sehr viel stärker noch als die gerichtliche Aufarbeitung – dazu beitragen dürfte, dass die Opfer der NSU-Attentate nicht in Vergessenheit geraten.

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Tschick

1978 erzählte Hark Bohm in Nordsee ist Mordsee, wie ein deutscher und ein asiatischer Jugendliche nicht nur davon träumten (wie Udo Lindenberg im Titelsong singt) “ein Segelboot zu klau’n und einfach abzuhau‘n“. Auch in Wolfgang Herrndorfs zwei Millionen mal verkauften Erfolgsroman Tschick gelingt es einem deutschen und einem asiatische Heranwachsenden der alltäglichen Tristesse für eine Weile zu entkommen und dem Leben ein paar spannende Tage abzutrotzen.

Tschick

Am Drehbuch zur Verfilmung  von Tschick war Hark Bohm beteiligt und Udo Lindenberg ist jetzt Richard Claydermann, dessen Superschnulze Ballade pour Adeline die Ausreißer Maik Klingenberg und Andrej „Tschick“ Tschichatschow immer wieder im Kassettenrecorder ihres geklauten Ladas hören.

Tschick
Inszeniert hat das Ganze der vielseitig talentierte Fatih Akin (Gegen die Wand, Der Goldene Handschuh), der erst kurz vor Drehbeginn für David Wnendt (Er ist wieder da) einsprang. Der Film beginnt als recht sensible Sozialstudie eines Jungen, dem es nicht gelingt in seiner Schulklasse “dazuzugehören“.

Tschick

Maiks neuer Mitschüler, der klobige Russlanddeutsche Tschick, versucht dies gar nicht erst. Als die Ferien anfangen, beginnt ein Abenteuer, denn Tschick fährt bei Maik mit einem geklauten Lada vor und beide brechen zu einer Odyssee durch Ostdeutschland auf.

Tschick

Quasi als Update zu Nordsee ist Mordsee gelang Akin und seinem hochmotiviertem Team ein ebenso spannendes wie komisches Road Movie, das dazu einlädt “einfach abzuhau‘n“ und sei es nur für zwei Stunden ins (Heim-)Kino.

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