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The Katzenjammer Kids – Der älteste Comic der Welt

In dichter Folge veröffentlichte Alexander Braun in den letzten beiden Jahren mit ANIME fantastisch, Will Eisner – Graphic Novel Godfather und Horror im Comic gleich drei ebenso großartig bebilderte wie sorgfältig recherchierte Bücher. Diese waren zugleich auch die Kataloge zu von ihm kuratierten Ausstellungen, die im Dortmunder schauraum comic + cartoon und weiteren Locations gezeigt wurden.

Kaum waren die 450 Seiten von Horror im Comic durchgelesen, da folgte auch schon Brauns neustes Epos. Im Zentrum dieses Buchs steht Rudolph Dirks, der mit seinen Eltern und Geschwistern aus Norddeutschland in die USA auswanderte und dort mit The Katzenjammer Kids ab 1897 den laut Braun “ältesten Comic der Welt“ zeichnete.

Braun hat sein Buch diesmal nicht alleine verfasst, sondern gemeinsam mit dem Comiczeichner Tim Eckhorst (Pure Fruit), der aus derselben Gegend in Schleswig-Holstein wie Familie Dirks stammt. Eckhorst, der sich in seinen Comics immer wieder mit den Dirks‘ beschäftigt und gemeinsam mit der Regisseurin Martina Fluck 2019 den Dokumentarfilm Katzenjammer Kauderwelsch gedreht.

In ihrem Buch machen Braun und Eckhorst keinen Hehl daraus, dass sie die zweifelsohne von Wilhelm Buschs Max und Moritz inspirierten auf farbigen Sonntagsseite dargebotenen Lausbubenstreiche von Hans und Fritz nicht zu den beeindrucktesten Beiträgen zur Comicgeschichte zählen. Basierend auf intensiven Faktenstudium kommen sie zur Schlussfolgerung, dass es dem auch als Maler tätigen Rudolph Dirks an Ehrgeiz mangelte und dieser sich sehr schnell mit dem bereits erreichten Standard zufrieden gab.

Sehr viel ambitioniertere Comickünstler waren etwa Rudolphs jüngerer Bruder Gus, der mit Latest News from Bugville beeindruckte und 1902 Selbstmord beging, oder auch Harold Kerr, der ab 1914 die Katzenjammer Kids zeichnete, während Dirks die selbe Serie in einer anderen Zeitung unter dem Titel The Captain and the Kids weiterführte. Rudolph Dirks fungiert bei diesem Buch als roter Faden, der es erlaubt auch andere Zeichner wie James Swinnerton, Frederick Burr Opper oder Gus Mager und ihre Comics vorzustellen.

Wie üblich in den Büchern von Braun ist auch diesmal sehr viel über die Historie zu erfahren, so ist die Leserin oder der Leser anhand der großartigen Bebilderung mit Fotos, Landkarten und Webeanzeigen von Reedereien fast schon direkt dabei, wenn die Familie Dirks zusammen mit anderen Auswanderern den Atlantik überquert. Doch diesmal geht Braun (oder Eckhorst) noch einen Schritt weiter und verlässt den halbwegs sicheren Boden des sorgfältig recherchierten Sachbuchs.

Ein Kapitel über Gus Dirks tendiert besonders stark in Richtung Roman. So lautet hier der erste Satz: “Vor zwei Tagen habe ich mir ein Loch in den Kopf geschossen.“ Genau in diesen Kopf hinein, haben sich Braun und Eckhorst begeben. Mit einem frei erfundenen Text aus dem Jenseits laden sie dazu ein, auch beim Ehebruch dabei zu sein, den Gus mit Rose, der Ehefrau seines Bruder Rudolf, begangen hatte: “Die rote Sonne klebte am Himmel wie eine Oblate. Wir liebten uns an diesem Abend noch zwei weitere Male.“

Dieses etwas seltsame Stilmittel (der Tagespiegel schreibt recht passend von „semifiktionalen Passagen“) wird jedoch nicht überstrapaziert und hat mich inmitten der anregenden Lektüre eher erstaunt als gestört. Insgesamt sind diese spekulativen Passagen sogar so gut und mitreißend geschrieben, dass ich einen Roman von Braun (oder Eckhorst) garantiert lesen würde.  

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Katzenjammer Kauderwelsch

Rudolph Dirks dürfte Comic-Freunden als Schöpfer von The Katzenjammer Kids ein Begriff sein. Seine von Wilhelm Buschs Max und Moritz inspirierte Serie, die er nach einem Rechtsstreit unter dem Titel The Captain and the Kids weiterzeichnete, erschien von 1897 bis 2006 und ist somit der Comic-Strip mit der längsten Laufzeit.

Katzenjammer Kauderwelsch

Weniger bekannt ist Dirks drei Jahre jüngerer Bruder Gustav alias Gus, der ein nicht minder erfolgreicher Comic-Zeichner war. Gus erzählte in seiner Serie Latest News from Bugville liebenswerte Geschichten mit vermenschlichten Insekten.

Katzenjammer Kauderwelsch

Da Gus nach einer Affäre mit Rudolphs Frau Millie 1902 im Alter von 21 Jahren Selbstmord beging, sind seine beeindruckenden Leistungen als Comic-Pionier in Vergessenheit geraten.

Katzenjammer Kauderwelsch
Rudolph und Gus Dirks, gezeichnet von Tim Eckhorst

Um die zu ändern, hat die Regisseurin Martina Fluck 2019 gemeinsam mit dem Comiczeichner Tim Eckhorst (Pure Fruit) den Dokumentarfilm Katzenjammer Kauderwelsch gedreht. Eckhorst, der sich in Büchern und Zeichnungen immer wieder mit den Dirks‘ beschäftigt hat, stammt aus der selben Gegend in Schleswig-Holstein wie die im vorletzten Jahrhundert in Heide geborenen Brüder.

Katzenjammer Kauderwelsch

Martina Fluck zeigt in Katzenjammer Kauderwelsch, wie sich Tim Eckhorst auf Spurensuche in die USA begibt. Einer der Höhepunkte ist ein Besuch beim Comic-Veteran Hy Eisman (Popeye), der ab 1986 der letzte Zeichner der Katzenjammer Kids war und auch einiges über die Geschichte der Serie zu erzählen hat.  Weitere interessante Fakten über die Familie Dirks ergaben sich durch Eckhorsts Besuch bei sehr auskunftsfreudigen Nachfahren in der Künstlerkolonie Ogunquit.

Katzenjammer Kauderwelsch ist auf DVD im Ch. A. Bachmann Verlag erschienen. Mitgeliefert wird ein 64-seitiges sehr schön zusammengestelltes Hardcover-Begleitbuch, das von Tim Eckhorst illustriert wurde und eine optimale Ergänzung  zum Film ist.

Zusammen mit Alexander Braun (Will Eisner – Graphic Novel Godfather, Horror im Comic) gelang Tim Eckhorst mit The Katzenjammer Kids – Der älteste Comic der Welt ein ebenso großartig bebildertes wie sorgfältig recherchiertes Sachbuch-Epos mit literarischen Ambitionen.

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Deutsche Comicforschung 2019

Auch der 15. Band der seit 2005 alljährlich erscheinenden Reihe Deutsche Comicforschung enthält in gewohnter Qualität wieder elf Artikel über höchst unterschiedliche Aspekte der hiesigen Comic-Historie. Mit Ausnahme von Helmut Kronthalers Kunst-Comics im Schatten der Pop Art stammen alle Berichte aus der Feder von Eckart Sackmann (wobei einmal Hinrich Schröder als Co-Autor genannt wird).

Deutsche Comicforschung 2019

Dem auch als Herausgeber fungierenden Sackmann scheinen zwei Themen besonders wichtig zu sein. In faktenreich recherchierten und interessant bebilderten Artikeln versucht er zwei weit verbreitete Thesen zur deutschen Comicgeschichte zu wiederlegen. Seiner Meinung nach wurde der Einfluss Wilhelm Buschs auf die Entwicklung der Comics in den USA maßlos überschätzt und speziell Rudolph Dirks‘ The Katzenjammer Kids haben wenig Gemeinsamkeiten mit Buschs 30 Jahre zuvor erschienenen Lausbubengeschichten über Max und Moritz.

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Noch ausführlicher beschäftigt sich Sackmann mit der Behauptung, dass es an der Ideologie der Nationalsozialisten lag, dass sich in den Dreißiger Jahren keine Comic-Kultur in Deutschland entwickelt hat. Auf knapp 40 Seiten präsentiert Sackmann sehr viele Bild-Beispiele von Comics (die teilweise auch über Sprechblasen verfügten), die trotz der angeblichen nationalsozialistischen Comic-Feindlichkeit in Deutschland erschienen sind. So wurden in den Dreißiger Jahren Hal Fosters Prinz Eisenherz unter dem Titel Prinz Waldemar und auch Disney-Comics veröffentlicht. Es entsteht der Eindruck, dass die Comics seinerzeit eher mit dem Desinteresse der Leser, als mit Zensurmaßnahmen zu kämpfen hatten.

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Sehr lesenswert sind auch die restlichen Berichte, die etwa das 1472 entstandene Zittauer Fastentuch als Ur-Ahne deutscher Comics deuten, da hierauf die Passion Christi als Bildgeschichte erzählt wird. Ebenfalls wie ein Blick in die Comic-Steinzeit wirkt ein Bericht über die aus heutiger Sicht primitiv anmutenden Arbeitsmethoden, mit denen Michael Goetze Ende der 90er Jahren den ersten deutschen Computer-Comic  Das Robot Imperium mit Schere und Klebstoff realisierte.

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Das Buch präsentiert auch eine interessante Theorie, wie die deutsche Disney-Übersetzerin auf die Idee gekommen sein könnte, der Heimatstadt der Familie Duck den Namen Entenhausen zu geben.  Einmal mehr gelang Eckart Sackmann eine spannende und aufschlussreiche Zeitreise durch ein halbes Jahrtausend deutscher Comicgeschichte.

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